Immortals after Dark 01 - Unsterbliche Sehnsucht
vielleicht zu viel für ihn gewesen? Aber er war doch selbst Kriegsherr, Grundgütiger! »Wenn du mich für unwürdig hältst, muss du wissen, dass ich nur sehr wenige der Taten bereue, die ich während meines langen Lebens begangen habe.«
Das schien ihn noch wütender zu machen. »Ach, nein? Und was ist mit Spiel ihm Liebe vor und tu so, als würdest du aufgeben?«
»Wroth, das war doch … «
»Schweig!« Er küsste sie rau, barsch, obwohl sie sich gegen ihn wehrte, ehe er sie schließlich losließ. »Mir ist klar geworden, dass du kein Herz hast.« Sein Blick wirkte gequält, sein ganzer Körper angespannt. »Aber was wäre, wenn ich dir einfach den Befehl gäbe, gütiger zu sein, und dich dann alle Männer vergessen ließe, die vor mir waren? Wenn ich dich all das vergessen ließe, auch deine grausamen Schwestern, die ohne Reue morden?«
Sie keuchte auf, ihre Augen füllten sich mit Tränen, aber aufgrund seines Befehls konnte sie nicht sprechen. Ihre Hände verkrampften sich. Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie sich mehr danach gesehnt, einen Schrei auszustoßen, und doch öffneten sich ihre Lippen nur vor Entsetzen, als er sagte: »Ich glaube, ich werde dir einfach befehlen, mich so schrecklich so begehren, dass du an nichts anderes und auch an keinen anderen Mann mehr denk…«
Eine Stimme aus dem Erdgeschoss unterbrach ihn: »General Wroth, Eure Anwesenheit auf Oblak ist sofort erforderlich.«
» Was ?«, brüllte er. Sie fühlte seinen Blick auf sich, als sie zu ihrem Fenstersitz stolperte und ihr die Tränen kamen. Dort kauerte sie sich zusammen und lehnte die Stirn gegen die Scheibe.
»Euer Bruder wurde schwer verletzt.«
Er zeigte mit dem Finger auf sie. »Bleib hier«, wies er sie knapp an und verschwand. Sie hörte ihn unten rumoren, wo er ihre Freiheit wieder wegschloss, und dann war er fort. Bleib hier? In diesem Zimmer oder im Herrenhaus? Die Nachricht hatte ihn dermaßen erschüttert, dass er den Befehl nicht näher ausgeführt hatte.
Und so gelang es ihr schließlich, taumelnd, immer wieder strauchelnd und an der Wand Halt suchend, bis in sein Arbeitszimmer vorzudringen, auch wenn sie das fast ihre gesamte Energie kostete. Sie zog den Schrank beiseite, hinter dem sich der Safe befand. Als sie nach dem Schloss griff, wich ihre Hand zur Seite aus, als ob sie von einer unsichtbaren Kraft weggeschoben würde. Sie biss sich auf die Lippe und versuchte es noch einmal. Mit aller Kraft mühte sie sich ab, um wenigstens kurz das Metall zu streifen.
Sie hatte den Befehl erhalten, den Safe nicht anzurühren. So wie er ihr bald befehlen würde, zu vergessen, wer sie war und dass sie eine Familie hatte. Bei jedem Schluchzer, der sich ihr entrang, fuhr ein Blitz hernieder. Er hatte kurz davor gestanden, es zu tun.
Dann war es also wahr. Man konnte Vampiren nicht trauen. Er schien vor Wut ganz von Sinnen zu sein. Warum hatte sie bloß gegen alles gehandelt, was man ihr je beigebracht hatte, um bei ihm sein zu können?
Die Jahre lasteten schwer auf ihr, und sie war von dem Verlangen überwältigt worden, sich an jemanden anzulehnen, nur für ein Weilchen, einen Partner zu haben, der ihr den Rücken freihielt und sie in den Arm nahm, wenn sie es nötig hatte. Wahrscheinlich hatte sie sich nur selbst überredet, ihn zu akzeptieren, weil er Stärke gezeigt hatte und sie so schwach geworden war. Aber damit war es nun vorbei.
Es gab Mittel und Wege, seine Befehle zu umgehen: flexibles Denken, kreative Begründungen. Während ihr die Tränen aus den Augen strömten und die Blitze nur so vom Himmel herabhagelten, begann sie die Wand zu attackieren, den Stein, der den Safe beherbergte.
Er wollte sie benutzen? Wie ein Spielzeug. Eine hirnlose Sklavin. Änderungen ?
Spielzeug, Köder, Hure … Nur weil du gefickt werden wolltest . Er hatte sie verhöhnt.
Zwei Jahrtausende lang dachten sie alle, man könnte sie benutzen. Immer wieder.
Sie würde den Safe mit ihren Zähnen herausreißen, wenn es sein musste.
»Du solltest mal den andern Kerl sehen«, krächzte Murdoch von seinem Krankenbett aus, als Wroth in seinem Zimmer erschien.
Wroth erschauerte, als er das zerfleischte Gesicht und die zerbrochenen Glieder seines Bruders sah, obwohl er wusste, dass ihm nichts den Tod bringen konnte außer eine Enthauptung oder das Sonnenlicht. Er schüttelte sich. »Was ist dir denn zugestoßen?«, fragte er mit heiserer Stimme.
»Ich wollte dich gerade dasselbe fragen. Mein Gott, Nikolai, du siehst ja schlimmer aus
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