Immortals After Dark 12 - Lothaire
bogenförmige Rundung ihres Mundes. Sie war so zerbrechlich. Sie zu berühren käme der Berührung eines Spinnennetzes gleich. Es wäre unmöglich, sie zu nehmen. Dafür musste sie stärker sein.
Die Vorstellung, wie er selbst in einem Anfall von Blutzorn darauf versessen wäre, sich tief in ihr zu ergießen …
Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Wenn er sie in diesem Zustand zu nehmen versuchte, könnte er sie glatt entzweireißen und ihre Knochen zu Staub zermahlen.
Sie rieb sich den Nacken unter dieser Mähne glänzenden Haars, dann schob sie sich verlegen eine Strähne hinters Ohr. Ob die Sterbliche tatsächlich spüren konnte, dass er sie beobachtete? Einige Menschen besaßen eine Art sechsten Sinn. Nur wenige vertrauten ihm.
Ein Vampir beobachtet dich wie seine Beute. Kannst du es fühlen, Elizabeth?
Sie sah sich mit zusammengekniffenen Augen um.
Kannst du mich fühlen …?
Nach einem Moment wurde aus ihrer misstrauischen Miene eine entschlossene. Mit zielstrebigen Schritten kehrte sie in das erste Schlafzimmer zurück. Dort angekommen, zog sie den Nachttisch von der Wand fort und ging in die Knie.
Was macht sie denn da?
, fragte er sich, den Blick auf ihren runden Po und die strammen Schenkel gerichtet – bis er hörte, wie sie die Tapete abriss. Er translozierte sich bis auf wenige Zentimeter an sie heran, um besser sehen zu können, was sie dort trieb.
Sie suchte nach einer Telefonleitung. Ohne Telefon? Warum?
Diese Suche war sinnlos. Es gab in der ganzen Wohnung keinen Telefonanschluss. Er hatte sie alle entfernen und die Löcher verputzen lassen.
Im dritten Schlafzimmer kam sie wohl zu demselben Schluss, da sie sich schließlich auf die Fersen zurücksinken ließ und sich die Haare aus dem Gesicht blies. »Was für’n Arschloch.«
Jetzt wird sie das Gesicht in ihren Händen vergraben und losheulen, während ich ungerührt zuschaue.
Stattdessen schlug sie sich mit einer Hand auf den Schenkel, erhob sich und marschierte in die Küche. Dort holte sie sich ein Buttermesser und ein Hackmesser, kehrte zur Fernsehkonsole zurück und zerrte das schwere Ding von der Wand fort. Dann sank sie erneut auf die Knie, ihre neuen Werkzeuge bereit.
Er hob die Brauen, als immer wieder Bauteile hinter der Konsole hervorflogen: kleine Schrauben, eine Kabelplatte, Drahtstücke …
Der Kabelkasten verschwand von seinem Bord, als diese merkwürdige Sterbliche mit einem Ruck daran zog.
Wieder translozierte er sich näher heran, um besser zusehen zu können. Er stellte fest, dass sie auf dem Bauch lag und an dem Kasten herumfummelte.
»Komm schon, komm schon.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Nachrichtentaste.«
Sie versuchte, eine Nachricht durch das Kabel zu versenden! Nein, Lothaire war nicht oft überrascht, aber ihr gelang es immer wieder.
Elizabeth hatte sich als einfallsreicher erwiesen, als er angenommen hatte. Und diese Überraschung war gar keine unangenehme.
Gerade als er sie aufhalten wollte, murmelte sie: »Nein, nein. Scheißmotorola!« Sie setzte sich auf, lehnte sich gegen die Wand, die Knie an die Brust gezogen.
Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Jetzt wird sie losheulen, während ich mich daran ergötze, genau das vorhergesehen zu haben.
Doch so plötzlich, wie ihre Traurigkeit aufgetaucht war, verschwand sie auch wieder. Sie schlug mit der Faust auf den Boden. Dann begann sie damit, alles wieder in Ordnung zu bringen, zumindest oberflächlich, und versteckte die Teile, die sie entfernt hatte.
Wieder hatte sie diese entschlossene Miene, als sie in ihr Zimmer zurückkehrte. Was sie wohl als Nächstes tun würde?
Sie starrte auf das Schloss zum benachbarten Zimmer.
Nein. Auf keinen Fall …
Obwohl die Morgendämmerung nahte, konnte Ellie Lothaire nicht in seinem Zimmer hören. Und sie wollte dort hinein.
Sie probierte die Türklinke aus. Das Schloss war ein einfaches Zylinderschloss, das nicht allzu schwer aufzubrechen war.
Aber was, wenn er zurückkehrte? Sie erinnerte sich nur zu gut daran, wie er sie am Nachmittag quer durchs ganze Zimmer geschleudert und seine Augen rot aufgeleuchtet hatten.
Sie eilte ins Bad, um sich das nötige Werkzeug zu holen. In einem Kosmetiketui fand sie eine Pinzette. Sie zog sie weit auseinander, wie eine Wünschelrute, und verbog dann das eine Ende über dem Waschtisch, bis es in einem Neunzig-Grad-Winkel abstand. Perfekt für einen Spanner. Eine geöffnete Haarklammer würde den Rest erledigen.
Zurück bei der Tür führte sie ihren
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