Imperator 02 - König der Sklaven
mich los! Hilfe!«, schrie er.
Der ältere Junge schlug ihn hart auf die Nase, die sofort zu bluten anfing.
»Halt bloß den Schnabel, du. Ich schulde dir sowieso noch eine Tracht Prügel für die, die ich gekriegt habe, weil ich dich das letzte Mal nicht rechtzeitig erwischt habe.« Der kräftige Arm umklammerte Octavians Hals und drückte ihm die Kehle zu, während er ihn rückwärts in eine enge Gasse zog. Er versuchte sich zu befreien, aber es war hoffnungslos, und die vorüberziehende Menge schaute nicht einmal in seine Richtung.
Der Schlachterlehrling war nicht allein. Die anderen drei Jungen besaßen ebenfalls den kräftigen, langgliedrigen Körperbau von Kindern, die an harte körperliche Arbeit gewöhnt waren. Sie trugen die mit Blut befleckten Schürzen von ihrer Arbeit auf dem Markt, und Octavian geriet in Panik. Er wurde fast ohnmächtig vor Entsetzen, als er ihre grausamen Gesichter sah. Kaum waren sie um eine Ecke der Gasse gebogen, schlugen die Jungen johlend auf ihn ein. Hier wurde der Lärm des Marktes von den hohen Mietshäusern verschluckt, die so weit über ihnen aufragten, dass sie sich oben fast berührten und für eine unnatürliche Dunkelheit sorgten.
Der Schlachterjunge warf Octavian in den schmierigen Dreck, der knöcheltief in der Gasse stand, eine Mischung aus Abfällen und menschlichen Ausscheidungen, die seit Jahren aus den schmalen Fenstern über ihnen heruntergekippt wurden. Octavian robbte zur Seite, um ihnen zu entkommen, aber einer von ihnen stieß ihn mit einem kräftigen Tritt wieder an seinen Platz zurück. Der kleine Körper wurde durch die Luft geschleudert und ächzte bei dem Aufprall laut. Als sich die beiden anderen Jungen dem ersten anschlossen und brutal nach jedem Körperteil traten, das sie treffen konnten, schrie Octavian vor Schmerz und Angst laut auf.
Nach ungefähr einer Minute hörten die Jungen auf. Sie stützten die Hände auf die Knie und keuchten vor Anstrengung. Octavian war kaum noch bei Bewusstsein und hatte sich zu einer kleinen, erbärmlichen Kugel zusammengerollt, die kaum noch von dem Dreck, in dem sie lag, zu unterscheiden war.
Der Schlachterjunge verzog den Mund zu einem hämischen Grinsen, hob die Faust und lachte roh, als Octavian vor ihm zurückzuckte.
»Das geschieht dir recht, du kleiner Thuriner Drecksack. Jetzt wirst du es dir zweimal überlegen, ehe du meinem Herrn wieder etwas stiehlst, oder?« Er landete einen sorgfältig gezielten Tritt in Octavians Gesicht und grölte vor Freude, als dessen Kopf zurückgeschleudert wurde. Mit offenen Augen lag Octavian bewusstlos da, das Gesicht zur Hälfte im Dreck versunken. Schmutziges Wasser drang ihm zwischen die Lippen, und trotz seiner Ohnmacht begann er schwach zu husten und zu würgen. Die Finger, die ihn abtasteten, spürte er nicht, nahm auch nicht den erfreuten Ausruf wahr, als die älteren Jungen den Silberring in seinem schützenden Beutel fanden.
Der Schlachterjunge pfiff leise, als er den Ring anprobierte. Der Stein war ein einfaches, halbrundes Stück schwerer Jade, das von winzigen silbernen Klauen festgehalten wurde.
»Wem hast du den wohl geklaut?«, sagte er und blickte auf die daliegende Gestalt hinab. Jeder versetzte dem Jungen im Namen des Ringbesitzers noch einen Tritt, ehe sie zum Markt zurückliefen, vollauf zufrieden mit ihrem unverhofften Glück.
Octavian erwachte erst Stunden später. Er setzte sich langsam auf, und als er ausprobierte, ob ihn seine Füße trugen, musste er sich minutenlang übergeben. Er fühlte sich schwach, und die Schmerzen waren so stark, dass es eine Weile dauerte, bis er sich wieder bewegen konnte, wobei er sich vornüber beugte und lange Fäden dunklen Blutes auf den Boden spuckte. Als sein Kopf langsam wieder klar wurde, suchte er zuerst in der Tasche, dann überall auf dem Boden um ihn herum nach dem Ring. Schließlich musste er sich eingestehen, dass er ihn verloren hatte, und frische Tränen rannen durch den Dreck und das verkrustete Blut in seinem Gesicht. Er stolperte zurück auf die Hauptstraße und verbarg die Augen vor dem schmerzenden Sonnenlicht. Immer noch weinend und auf wackligen Beinen machte er sich voller Verzweiflung auf den Rückweg zu Tabbics Werkstatt.
Tabbic stampfte mit dem Fuß auf den hölzernen Boden des Ladens. Die Wut stand ihm in jeder Falte seines finsteren Gesichts geschrieben.
»Zur Hölle, dafür bringe ich den Lümmel um. Er hätte schon vor Ewigkeiten wieder zurück sein müssen.«
»Das sagst du jetzt
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