Imperator 02 - König der Sklaven
der mit so vielen Soldaten unterwegs war.
Brutus spürte, wie die alte Erwartung seinen Magen zusammenkrampfte. Das Kind in ihm wünschte sich, er hätte Renius nicht in den Kasernen in der Stadt zurückgelassen, aber das war nur eine vorübergehende Schwäche. In dem Augenblick, als er seinen Gladius zog, kehrte sein Selbstvertrauen zurück, und seine Männer reagierten; ihre Anspannung machte einem knappen Lächeln Platz. Sie konnten alle den Marschschritt der Soldaten hören, die immer näher auf das Gut zukamen, aber ihnen war keinerlei Angst anzusehen.
Eine kleine Gestalt stürzte aus dem Stall und kam schlitternd dicht vor Brutus’ Füßen zum Stehen.
»Du bleibst hier!«, kam Brutus barsch der Bitte zuvor. Er wusste nur sehr wenig über den Gassenjungen, den Tubruk aufgenommen hatte, und im Augenblick hatte er keine Geduld für Streitereien. Octavian öffnete den Mund, und Brutus, den der Anblick eines glänzenden Dolchs in der Hand des Jungen wütend machte, fauchte ihm einen Befehl ins Gesicht.
»Hau ab! Sofort!«
Octavian erstarrte mit weit aufgerissenen Augen, machte dann auf dem Absatz kehrt und schlich ohne ein weiteres Wort davon. Brutus beachtete ihn nicht weiter und blinzelte stattdessen zu Tubruk hinauf, um zu erfahren, ob sich draußen etwas Neues tat. Hier zu warten, ohne selbst etwas sehen zu können, war nervenaufreibend, aber Brutus sah ein, dass man Soldaten, die der Senat schickte, nicht mit dem gezogenen Schwert empfangen konnte. Das würde in jedem Fall Blutvergießen nach sich ziehen, auch wenn das ursprüngliche Anliegen etwas ganz Harmloses gewesen sein mochte.
Oben auf der Mauer kniff Tubruk die Augen zusammen, während die Armee mit gleichmäßigem Schritt näher kam. Er atmete tief aus, als die Anspannung, von den unten Stehenden unbemerkt, aus ihm wich.
»Marcus Brutus«, rief er hinunter, »deine Männer sollen das Tor öffnen und ihnen entgegengehen!«
Brutus blickte fragend zu ihm hinauf. »Bist du sicher? Wenn sie feindliche Absichten haben, können wir uns hinter den Mauern besser verteidigen.«
»Mach das Tor auf«, antwortete Tubruk leise. Auf seinem Gesicht lag ein eigenartiger Ausdruck.
Brutus zuckte die Achseln und gab den Männern der Primigenia, die im Vorwärtsschreiten ihre Schwerter zogen, den Befehl. Sein Herz hämmerte, und er spürte die wilde Freude, die aus seiner Gewissheit kam. Es gab niemanden auf der Welt, der ihn mit dem Schwert schlagen konnte, nicht seit jenem Tag mit Renius vor vielen Jahren, in ebendiesem Hof.
»In Ordnung, du alter Teufel, aber wenn ich dabei umkomme, werde ich auf dich warten, wenn deine Zeit gekommen ist!«
Julius sah die bewaffneten Männer aus dem Tor herauskommen und erstarrte. Was war geschehen?
»Waffen bereithalten!«, befahl er, und die fröhlichen Mienen seiner Männer verschwanden augenblicklich. Was als siegreiche Heimkehr begonnen hatte, wurde plötzlich von Gefahr überschattet. Cabera fuhr bei dem Befehl zusammen und betrachtete die unbekannte Streitmacht mit zusammengekniffenen Augen. Er wollte schon die Hand nach Julius ausstrecken und ihn auf etwas aufmerksam machen, dann jedoch überlegte er es sich anders und grinste still vor sich hin. Dabei hob er seinen Dolch und fuchtelte wild damit herum. Er amüsierte sich köstlich, doch die Soldaten um ihn herum teilten seine Stimmung keineswegs. Nach den langen, harten Monaten des Herumziehens und Tötens hatten sie einen Empfang für Helden erwartet. Mit grimmigen Blicken zogen sie ihre Schwerter ein weiteres Mal.
»Linienformation!«, befahl Julius kochend vor Wut. Wenn sein Heim erobert worden war, würde er sie vernichten und nichts am Leben lassen. Sein Herz schmerzte vor Sorge um seine Mutter und Tubruk.
Mit geübtem Blick schätzte er den Gegner ab, der sich vor den Mauern formierte. Es waren nicht mehr als zwanzig, obwohl sich noch mehr Männer im Hof verbergen konnten. Legionäre. Sie bewegten sich sicher, aber seine Wölfe waren besser als alle anderen Soldaten, und sie waren in der Überzahl. Er verdrängte alle Gedanken an seine Familie und machte sich bereit, den Befehl zum Angriff zu geben.
»Großer Mars! Sie wollen angreifen!«, rief Brutus, als er sah, wie die Kolonne eine Angriffsformation bildete. Als er die Übermacht der anderen sah, war er in Versuchung, seine Männer wieder hinter die Mauern zu beordern, aber die Zeit würde nicht reichen, um das Tor zu schließen, und der Feind würde sie beim Rückzug niedermetzeln.
»Sichere das Tor,
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