Imperator 02 - König der Sklaven
überwältigt von dem Gefühl, dass diese Frau schon so viel mehr gesehen und erlebt hatte als er.
»Was meinst du – soll ich einen Posten bei einer Legion annehmen?«, fragte er.
Sie lächelte über seinen Themenwechsel.
»Das wäre wohl der richtige Schritt. Es hat ja wenig Sinn, wenn man mir Gefallen schuldet und ich sie nie einfordere, oder? Du könntest deine ganze Laufbahn als Zenturio verbringen, übergangen von blinden Vorgesetzten, und deine Tage auf einem kleinen Bauernhof in einer kaum befriedeten neuen Provinz fristen, wo du jede Nacht neben deinem Schwert schlafen musst. Nimm, was ich dir geben kann. Es ist mir eine Freude, dass ich dir helfen kann, nachdem du so lange aus meinem Leben verschwunden warst. Verstehst du mich? Das bin ich dir schuldig, und ich begleiche meine Schulden immer.«
»Woran hattest du gedacht?«, fragte er.
»Aha! Habe ich endlich dein Interesse geweckt? Schön. Es würde mir ganz und gar nicht gefallen, wenn es meinem Sohn an Ehrgeiz mangelte. Mal sehen. Du bist kaum neunzehn Jahre alt, also kommen religiöse Posten für die nächsten Jahre noch nicht in Betracht. Es müsste etwas Militärisches sein. Pompeius wird seine Freunde so abstimmen lassen, wie ich es wünsche. Er ist ein alter Weggefährte. Auch Crassus ist mir noch ein paar Gefallen schuldig. Cinna würde den Ausschlag geben. Er ist … eher ein gegenwärtiger Freund.«
Brutus stotterte vor Erstaunen.
»Cinna? Cornelias Vater? Ich dachte, der ist ein alter Mann.«
Servilia lachte leise; es klang tief und sinnlich. »Manchmal ist er das, manchmal auch nicht.«
Brutus wurde dunkelrot vor Scham. Wie sollte er nur Cornelias Blick begegnen, wenn er sie das nächste Mal traf?
Servilia achtete nicht auf seine Verwirrung und fuhr lächelnd fort.
»Mit ihrer Unterstützung könntest du den Befehl über tausend Mann in jeder der vier Legionen bekommen, die derzeit zur Debatte stehen. Was hältst du davon?«
Brutus wäre fast gestolpert. Was sie ihm anbot, war mehr als erstaunlich, aber ihm war klar, dass er aufhören musste, von allem überrascht zu sein, was er über Servilia erfuhr. Sie war auf vielerlei Art eine sehr ungewöhnliche Frau, erst recht als Mutter. Ihm kam ein Gedanke, und er blieb stehen. Sie drehte sich um und blickte ihn mit fragend erhobenen Augenbrauen an.
»Was ist mit Marius’ alter Legion?«
Servilia zog die Stirn kraus. »Die Primigenia gibt es nicht mehr. Selbst wenn man den Namen wieder einführen würde, kann es nicht mehr als eine Hand voll Überlebende geben. Benutze doch mal deinen Kopf, Brutus. Jeder Freund Sullas würde deinen Namen erfahren. Mit viel Glück würdest du ein Jahr überleben.«
Brutus zögerte. Er musste die Frage stellen, sonst würde er immer wieder darüber nachgrübeln, warum er die Chance nicht ergriffen hatte.
»Aber wäre es möglich? Wenn ich das Risiko eingehen würde, könnten die Männer, die du erwähnt hast, anordnen, dass die Legion neu gebildet wird?«
Servilia zuckte die Achseln, und ein weiterer Passant starrte sie einen Augenblick lang gebannt an. Brutus legte die Hand auf den Griff seines Gladius’, und der Mann ging weiter.
»Ja, wenn ich sie darum bitten würde … Aber die Primigenia ist in Ungnade gefallen. Marius wurde zum Staatsfeind erklärt. Wer soll schon unter diesem Namen kämpfen wollen? Nein, das ist unmöglich.«
»Ich möchte sie haben. Nur den Namen und das Recht, Männer zu sammeln und auszubilden. Es gibt nichts, was ich mir sehnlicher wünschte.«
Servilia sah ihm tief in die Augen. »Bist du dir sicher?«
»Können Crassus, Cinna und Pompeius das erreichen?«, fragte er mit fester Stimme.
Servilia lächelte und musste wieder einmal staunen, wie es diesem jungen Mann gelang, ihre Gefühle innerhalb kürzester Zeit zwischen Wut, Belustigung und Stolz wechseln zu lassen. Sie konnte ihm nichts abschlagen.
»Das würde jeden Gefallen erfordern, den ich einklagen kann. Aber diese Männer sind es mir schuldig. Für meinen eigenen Sohn würden sie mir die Primigenia nicht verweigern.«
Brutus warf die Arme um sie, und lachend erwiderte sie seine Umarmung, während er sie vor Glück von den Füßen riss.
»Um eine Legion von den Toten auferstehen zu lassen, musst du Unmengen an Kapital zusammenbringen«, sagte sie, als er sie wieder absetzte. »Ich stelle dich dem Crassus vor. Ich kenne keinen reicheren Mann, und ich glaube auch nicht, dass es irgendwo einen reicheren Mann gibt, aber er ist kein Narr. Du musst ihm
Weitere Kostenlose Bücher