Imperator 03 - Das Feld der Schwerter
hatte, sein Zeichen nicht sehen konnten. Schuldbewusst blickte er sich um und langte noch einmal in den weichen Stoff seines Gewandes. In diesem Augenblick sah er, dass Julius ihn anlächelte; sein belustigter Blick schien jeden Gedanken in seinem Kopf zu lesen. Suetonius erstarrte mitten in der Bewegung und spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht stieg.
Octavian lag im hohen Gras, sein Pferd, dessen Brust sich in langen, langsamen Atemzügen hob und senkte, neben sich. Sie hatten ihre Tiere monatelang darauf trainiert, in dieser unnatürlichen Lage zu verharren, jetzt brauchten die Extraordinarii ihnen nur noch eine Hand auf das weiche Maul zu legen, damit sie still liegen blieben. Sie beobachteten, wie die Raptores den Janiculum hinuntergestolpert und -gesprungen kamen, und Octavian grinste. Julius hatte Recht damit gehabt, dass womöglich jemand versuchen würde, die Fahne einzuholen, falls die Wahl anders verlief als erwartet. Obwohl es ein einfacher Plan war, hätte er verheerende Auswirkungen gehabt. Die Bürger Roms wären in die Stadt zurückgeströmt, und das bisherige Wahlergebnis wäre für ungültig erklärt worden. Dann wäre bis zum nächsten Termin vielleicht ein weiterer Monat vergangen, eine lange Zeit, in der sich so manches ändern konnte.
Octavian wartete, bis die Flüchtenden ganz nahe heran waren. Dann stieß er einen leisen Pfiff aus und schwang sein Bein über den Sattel, als sein Pferd aufstand. Der Rest sprang mit ihm zusammen auf und saß im Sattel, ehe die Pferde ganz aufrecht standen.
Den fliehenden Dieben erschien es, als wüchse ein voll bewaffneter Trupp Kavallerie vor ihnen aus dem Boden. Die sieben Männer gerieten vollkommen in Panik und warfen sich entweder flach auf den Boden oder rissen die Hände in die Luft, um sich auf der Stelle zu ergeben. Octavian zog sein Schwert und blickte sie an. Ihr Anführer betrachtete ihn schicksalsergeben, drehte den Kopf zur Seite und spuckte ins tiefe Gras.
»Na kommt schon! Bringt es hinter euch«, sagte er.
Trotz seines augenscheinlichen Fatalismus beobachtete der Dieb die Positionen der Reiter ganz genau und entspannte sich erst, als ihm jeder Ausweg versperrt war. Er hatte gehört, dass ein Mensch über eine kurze Distanz schneller laufen konnte als ein Pferd, aber wenn er die glänzenden Rösser der Extraordinarii so betrachtete, erschien ihm das eher unwahrscheinlich.
Als sie den Männern die Schwerter abgenommen hatten, löste Octavian seinen Helm vom Sattel und setzte ihn auf. Der Federbusch wehte sanfte im Wind, machte den Reiter noch größer und verlieh ihm einen Furcht einflößenden Anblick. Der Teil seines Solds, den der Helm gekostet hatte, war eine gute Investition gewesen. Die Raptores blickten ihn jetzt alle an und warteten erbittert auf den Befehl, auf den hin die Reiter kurzen Prozess mit ihnen machen würden.
»Ich schätze, euren Herrn kann man wohl kaum vor Gericht stellen«, sagte Octavian.
Der Anführer spuckte wieder aus. »Wir kennen keinen Herrn, Soldat, außer vielleicht das Silber«, sagte er, und als er spürte, dass etwas in der Luft lag, nahm sein Gesicht blitzschnell einen gerissenen Ausdruck an.
»Es wäre doch schade, wenn er ohne eine ordentliche Tracht Prügel davonkommen würde, oder?«, fragte Octavian naiv.
Die Raptores nickten. Selbst der Langsamste unter ihnen hatte inzwischen verstanden, dass der Befehl, sie zu töten, nicht erfolgen würde.
»Ich kann ihn wiederfinden, wenn du uns laufen lässt«, sagte der Anführer, wagte aber noch nicht vollends zu hoffen. Für einen Mann, der in der Stadt aufgewachsen war, hatten die Pferde etwas Beängstigendes. Er hatte eigentlich nie gewusst, wie groß diese Tiere waren, und zuckte zusammen, als eines hinter ihm schnaubte.
Octavian warf einen kleinen Beutel in die Luft, den der Anführer auffing und sofort in der Hand wog. Dann ließ er ihn in seiner Tunika verschwinden.
»Ich erwarte gründliche Arbeit«, sagte Octavian und ließ sein Pferd ein paar Schritte zurücktreten, damit die Männer passieren konnten. Einige von ihnen machten Anstalten, vor den Reitern zu salutieren, als sie sich ihren Weg zwischen ihnen hindurchbahnten und den Rückweg in die Stadt antraten. Keiner von ihnen wagte es, sich umzublicken.
Noch bevor die letzten Zenturien gewählt hatten, wusste Julius, dass er und Bibulus die Sitze als Konsuln für das nächste Jahr gewonnen hatten. Die Senatoren, die sie beide umschwärmten, erinnerten ihn an Bienen, und er musste grinsen,
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