Imperator 03 - Das Feld der Schwerter
hebst im Trainingshof die Hand gegen mich, um mich zu töten. Das ist schwer zu verzeihen.«
»Was?«, erwiderte Brutus entsetzt. »Ich habe doch gar nicht …«
»Ich weiß es, Brutus.«
Betroffen sank Brutus in sich zusammen. Ohne zu antworten zog er sich schließlich einen Hocker heran, und auch Julius setzte sich wieder.
»Willst du, dass ich mich jetzt fortwährend entschuldige? Ich war rasend vor Zorn und glaubte, du benutzt sie nur wie … Es war ein Fehler und es tut mir Leid. Aber was willst du noch von mir?«
»Ich will wissen, dass ich dir wieder vertrauen kann. Ich will, dass all das hier vergessen ist«, erwiderte Julius.
Brutus stand auf. »Du kannst mir vertrauen, und das weißt du auch. Ich habe die Primigenia für dich aufgegeben. Also lass es gut sein.«
Sie sahen einander an, und langsam stahl sich ein Grinsen in Julius’ Gesicht.
»Hast du gesehen, wie ich deinen Schlag pariert habe? Ich wünschte, Renius hätte das gesehen.«
» Ja , du warst wirklich gut«, sagte Brutus mit einem sarkastischen Unterton. »Bist du jetzt zufrieden?«
»Ich glaube, ich hätte gewinnen können«, sagte Julius schelmisch lächelnd.
Brutus blinzelte ihn an. »Jetzt gehst du zu weit.«
Die Spannung zwischen ihnen war mit einem Mal verflogen und schien nur noch eine ferne, unangenehme Erinnerung.
»Ich will die Legion zurück nach Rom führen«, platzte Julius erleichtert heraus, weil er seine Pläne endlich wieder mit seinem Freund teilen konnte. Insgeheim fragte er sich, ob Brutus die Wochen nach ihrem Kampf wohl ebenso geschmerzt hatten wie ihn.
»Das wissen wir doch alle schon längst. Die Männer tratschen wie ein Haufen alter Weiber. Willst du Pompeius herausfordern?« Brutus sprach in einem so beiläufigen Ton, als hinge nicht das Leben Tausender von dieser Antwort ab.
»Nein. Mit Crassus zusammen regiert er eigentlich ganz gut. Ich will mich bei den Wahlen als Kandidat für einen Konsulposten aufstellen lassen.« Gespannt sah er Brutus an und versuchte, eine Reaktion aus seinem Gesicht abzulesen.
»Glaubst du wirklich, du kannst die Wahl gewinnen?«, fragte Brutus langsam und nachdenklich. »Dir bleiben nur noch ein paar Monate, und die Menschen haben nun mal ein sehr schlechtes Gedächtnis.«
»Ich bin Marius’ letzter lebender Blutsverwandter, und daran werde ich sie erinnern«, sagte Julius, und Brutus spürte die alte Begeisterung von früher in sich aufsteigen. Er dachte darüber nach, wie sehr sich sein Freund in den letzten Monaten wieder zu seinem Vorteil verändert hatte. Es erschien ihm fast wie eine Wiedergeburt des Julius’, den er von früher kannte. Die bösartigen Wutausbrüche waren endgültig verschwunden, und seine Mutter hatte dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Selbst seine süße, kleine Angelina sah ehrfürchtig zu Servilia auf, und so langsam konnte er auch verstehen, warum.
»Die Sonne geht bald auf. Du solltest noch ein wenig schlafen«, sagte er.
»Noch nicht. Es gibt immer noch viel zu tun, bis wir Rom wiedersehen.«
»Dann leiste ich dir Gesellschaft, wenn es dir recht ist«, sagte Brutus und unterdrückte ein Gähnen.
Julius lächelte ihn an. »Natürlich ist mir das recht. Ich brauche jemanden, der schreibt, während ich diktiere.«
6
Renius stand im ausgetrockneten Flussbett und sah zu der Brücke hinauf. Überall wimmelte es von Römern und Einheimischen, die auf dem hölzernen Skelett herumkletterten. Es schwankte und knarrte, wenn sie über die Bohlen gingen. Vom trocknen Flussbett bis zu den Brückensteinen der Straße waren es zweihundert Fuß. Wenn die Brücke einmal fertig war, würde man den weiter flussaufwärts angelegten Damm wieder einreißen. Das Wasser würde die massiven Sockel der Brückenpfeiler einschließen und die behauenen Eckpfeiler auch dann noch umspülen, wenn die Erbauer der Brücke schon längst zu Staub zerfallen waren. Schon allein im Schatten dieser gewaltigen Konstruktion zu stehen war ein seltsames Gefühl für den alten Gladiator. Wenn das Wasser zurückkehrte, würde nie wieder jemand an dieser Stelle stehen können.
Insgeheim stolz auf diesen Moment, schüttelte er nachdenklich den Kopf und lauschte den Befehlen und Rufen, mit denen die Seilwindenmannschaft einen weiteren Steinquader für den Brückenbogen hochzuhieven begann. Unter der Brücke hörte man das Echo der Männer, und Renius sah, dass sie seinen Stolz und seine Befriedigung teilten. Diese Brücke hier würde niemals einstürzen, darüber waren
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