Imperator 04 - Die Götter des Krieges
Ehrfurcht. Jetzt sah man in den näher rückenden Reihen die Banner flattern und die bronzenen Adler in der untergehenden Sonne glänzen. Wären sie nicht Feinde gewesen, hätte der Anblick etwas Erhebendes für ihn gehabt. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie so viele Krieger Roms auf einmal gesehen. Er war tief berührt. Das Heer der Helvetier war zwar weit größer gewesen, doch das hier waren Legionäre mit derselben Geschichte, denselben Rüstungen und demselben Blut in den Adern. Sie würden gegen ihre eigenen Brüder kämpfen müssen, und wenn der Kampf erst einmal beendet war, könnte jahrelange Verbitterung zurückbleiben. Seine Zehnte würde niemals Römern vergeben, die sich gegen sie erhoben hatten.
»Mit denen können wir es aufnehmen«, sagte Julius plötzlich. Octavian starrte zu ihm empor und sah ein Lächeln um seine Mundwinkel spielen. »Sie haben miterlebt, wie Pompeius in Dyrrhachium gedemütigt wurde, und sie haben gesehen, dass er die Gelegenheit, die er und Labienus hatten, ausgeschlagen hat. Für so einen Mann werden sie nicht sterben wollen, Octavian, und das wird sie schwächen.«
Er sah dem heranrückenden Heer entgegen und wusste, dass er sich bald zurückziehen musste, wenn er nicht in die Reichweite ihrer Späher geraten wollte.
»Kommt nur her zu mir«, sagte er so leise, dass Octavian es kaum hören konnte. Als die ersten ihrer Reiter sie erblickten, stießen sie in ihre blechernen Hörner. Die beiden konnten das Signal deutlich hören.
»Wir sollten losreiten«, sagte Octavian.
Julius rührte sich nicht, und Octavian sah zu, wie die Späher ihre Pferde zum Galopp antrieben und sich ihrer Position näherten.
»Herr, wir müssen hier weg!«
»Sie sind in der Überzahl, Octavian«, sagte Julius. »Wir werden uns schon strecken müssen, nur um ihrer Frontlinie zu begegnen, aber genau deswegen sind wir ja hergekommen. Das ist der Grund, warum wir den Rubikon überschritten haben. Wir können nirgendwohin, General. Finde mir die geeignete Stellung, und wir werden sie vernichten .«
Zu Octavians Erleichterung ließ Julius sich endlich in den Sattel sinken und nahm die Zügel auf. Auch Octavian sprang auf seinen Wallach, und sie galoppierten vor den Spähern davon, ritten mit den langen Schatten unter ihnen um die Wette. Ein paar von Pompeius’ Reitern blieben ihnen noch eine weitere Meile auf den Fersen, bevor sie schließlich abdrehten, und klagend verklangen die Hörner hinter den beiden Männern.
Als der Befehl zum Anhalten die Luft zerriss, zerrte Brutus heftig an den Zügeln. Weiter vorne sah er immer noch Julius’ Legionen marschieren, und jede Meile, die sie jetzt verloren, würden sie am nächsten Tag aufholen müssen. Ein seltsamer Gedanke, wie gut er diese Männer dort kannte. Jahrelang hatte er Seite an Seite mit ihnen gekämpft, und er konnte sich die Stimmen von Freunden und Kameraden vorstellen, während sie sich zu Schlachtreihen aufstellten. Ein Teil von ihm sehnte sich nach dieser Vertrautheit, aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Irgendwo unter diesen Männern war Julius, und Brutus würde dafür sorgen, dass er tot war, wenn der Krieg zu Ende war. Er sehnte die Konfrontation herbei, und während er den grimmigen Blick über die Hügel schweifen ließ, machten seine Männer einen großen Bogen um ihn herum.
Bis die Gräben ausgehoben und die Lagerwälle hochgezogen waren, war die Dunkelheit hereingebrochen, und die ersten Lampen wurden angezündet. Pompeius hatte die Errichtung eines einzigen Lagers angeordnet, das seine ganze Armee umschloss. Es war eine Stadt mitten in der Wildnis, und hinter den sicheren Mauern schliffen die griechischen Legionen noch ein letztes Mal ihre Schwerter, saßen wortlos um die Lagerfeuer und aßen. Viele von ihnen verfassten ihren letzten Willen, und diejenigen, die schreiben konnten, verdienten sich ein paar zusätzliche Münzen damit, dass sie die Verfügungen ihrer Kameraden niederschrieben. Brutus lauschte ihnen bedrückt, denn man hörte niemanden lachen oder scherzen. Sie waren dem Feind zahlenmäßig weit überlegen, und eigentlich hätten sie lärmen und laut prahlen müssen. Doch niemand im Lager sang, und die gedrückte Stimmung war beklemmend.
Brutus ging hinüber zu Seneca, der schweigend in die Flammen eines Lagerfeuers starrte und langsam auf seinem letzten Stück gebratener Wurst herumkaute. Bei seinem Näherkommen rückten die Männer, die sich um das warme Feuer versammelt hatten, zur Seite. Brutus ließ sich
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