Imperator 04 - Die Götter des Krieges
»Das Volk wird Euch in Stücke reißen.«
Julius sah in die dunklen Augen des Mannes. »Seid Ihr eigentlich ein Eunuch, Porphiris? Das frage ich mich schon die ganze Zeit.«
Porphiris rang verzweifelt die Hände. »Was? Habt Ihr nicht gehört, was ich gerade gesagt habe?«
»Ich habe Euch gehört, genauso wie ich im Lauf meines Lebens die Drohungen von einem Dutzend anderer Könige vernommen habe. Was bedeutet mir da eine mehr?«
Porphiris starrte ihn fassungslos an. »König Ptolemäus ist ein Gott, Konsul. Wenn er Euren Tod wünscht, kann Euch nichts auf der Welt davor bewahren.«
Julius schien seine Worte zu überdenken. »Ich werde darüber nachdenken. Aber nun bringt mich zurück zu meinen Männern, in diesen schönen Palast, den uns Euer Gott zugewiesen hat. Das Räucherwerk da drin ist zu stark für mich.«
Porphiris verbarg seine Verwirrung mit einer Verbeugung.
»Sehr wohl, Konsul«, sagte er und ging ihm nach draußen voran.
Als die Nacht hereinbrach, schritt Julius grübelnd auf dem Marmorboden seiner Unterkunft hin und her. Der Palast, den man ihm zugeteilt hatte, war größer und geräumiger als alle die Gebäude, die er je in Rom besessen hatte. Und der Raum, in dem er gegessen hatte, war nur einer unter vielen Dutzenden, die ihm zur Verfügung standen. Für seine Bequemlichkeit hatte Porphiris ihm Sklaven beschafft, die er jedoch bei seiner Rückkehr vom Königshof alle weggeschickt hatte. Er zog die Gesellschaft seiner Zehnten der von Spionen und möglichen gedungenen Mördern entschieden vor.
Vor einem geöffneten Fenster blieb er stehen, schaute hinaus auf den Hafen von Alexandria und kühlte seine Empörung in der sanften Brise. Außer der ewigen Flamme des Pharos sah er tausende von Lichtern in Wohnungen, Geschäften und Lagerhäusern. Auf den Kais herrschte trotz der Dunkelheit immer noch eifrige Betriebsamkeit um Schiffe und Fracht. Wäre er anderer Stimmung gewesen, hätte er an diesem Panorama sicherlich seine Freude gehabt; stattdessen packte Julius den steinernen Fenstersims, für dessen Handwerkskunst er momentan kein Auge hatte, fester. Anfangs hatten ihn die reichen Verzierungen der Stadt in Entzücken versetzt. Auch sein Quartier machte da keine Ausnahme. Die Wände waren ringsum mit blauen Kacheln verkleidet und mit Blattgoldornamenten verziert. All das hatte sehr schnell seinen Reiz verloren. Vielleicht lag es daran, dass er so lange im Feld gewesen war, oder weil seine Wurzeln in einem deutlich schlichteren Rom lagen, doch inzwischen ging Julius nicht mehr wie auf Zehenspitzen umher, als könnten seine Schritte die zerbrechlichen Statuen links und rechts zerspringen lassen. Es war ihm egal, ob sie durch seine Schritte zu Staub zerfielen oder nicht.
»Es fehlte nicht viel, und sie hätten mich weggeschickt, Octavian!«, sagte er wütend und ballte hinter dem Rücken die Fäuste. »Du kannst dir die Arroganz dieser Höflinge unter ihrer Schminke und ihrem Öl nicht vorstellen! Eine hübsche Schar bunter Vögel, die alle zusammen nicht so viel Verstand besitzen, wie in einen einzigen anständigen römischen Kopf passt.«
»Was hat ihr König über Pompeius gesagt?«, fragte Octavian.
Er hatte auf einer gepolsterten Bank Platz genommen, die aus einem einzigen Granitblock gehauen zu sein schien. Auch er hatte die ägyptische Gastfreundschaft zu spüren bekommen. Halb nackte Wachen hatten seine Männer davon abgehalten, die Stadt zu erkunden, nur Domitius war ihnen für eine Stunde entkommen. Wie ein unartiges Kind war er kurz darauf von den Wachen zurückgebracht worden, die missbilligend den Kopf schüttelten.
»Bei dem wenigen, was der König zu mir gesagt hat, hätte er genauso gut schweigen können«, knurrte Julius empört. »Nach den paar Worten, die er von sich gegeben hat, kann er nicht viel älter sein als ein Knabe. Nicht einmal seine berühmte Königin habe ich zu Gesicht bekommen. Eine Beleidigung nach der anderen! Seine Höflinge haben die wahre Macht in der Stadt, und sie haben uns abgefertigt wie lästige Kaufleute! Das ist unerträglich! Wenn ich daran denke, dass dies Alexanders Stadt ist und ich sie mir ansehen könnte! Allein in der großen Bibliothek könnte ich Tage verbringen, und dann wäre ich vielleicht weiter ins Landesinnere gezogen, um den Nil zu sehen. Rom hätte schon noch ein Weilchen auf meine Rückkehr gewartet.«
»Du hast bekommen, weswegen du hergekommen bist, Julius. Den Kopf des Pompeius und seinen Ring …«
»Ja, ich habe die
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