Imperator 04 - Die Götter des Krieges
musste, wenn er nicht riskieren wollte, zusammen mit ihm abzustürzen. Andererseits war eine so verlassene Gegend sicher genug, um endlich die Rüstung auszuziehen. Die köstlich kühle Brise trocknete den Schweiß im Nu, während er den letzten Hang hinaufschritt und auf die kleine Stadt hinuntersah.
Dort unten lag die Galeere am Ende eines schmalen Landungsstegs, der genauso baufällig aussah wie der ganze Ort. In Gedanken dankte Brutus allen Göttern, die ihm gerade in den Sinn kamen, und klopfte aufgeregt den Hals seines Pferdes, bevor er einen tiefen Schluck aus dem Wasserschlauch nahm. Das Land schien die Feuchtigkeit geradezu aus ihm herauszusaugen, und die Sonne brannte unbarmherzig auf ihn herab, doch das machte ihm nichts aus. Mit einem Jubelschrei schwang er sich wieder in den Sattel und trabte den Hügel hinunter. Pompeius würde seinen Wert schon erkennen, dachte er bei sich. An alle Legionen würde er Briefe entsenden lassen, die den Feldherr Galliens erwähnten, der sich für die Ehre und den Senat und gegen Cäsar entschieden hatte. Sie wussten nichts über seine Vergangenheit, außer dem, was er ihnen freiwillig erzählte, und er würde sehr darauf achten, ja nicht anzugeben oder seine alten Fehler preiszugeben. Es würde ein völlig neuer Anfang werden, ein ganz neues Leben. Und früher oder später würde er gegen seinen ältesten Freund in den Krieg ziehen. Bei diesem Gedanken schien sich die Sonne zu verdunkeln, doch er wischte ihn rasch beiseite. Er hatte seine Wahl getroffen.
Als Seneca mit seinen beiden Kohorten eintraf, ging die Sonne gerade unter. Das Treiben an Bord der Galeere wurde hektischer, als Soldaten und Mannschaft sich zum Ablegen bereitmachten. Seneca war erleichtert gewesen, als er Brutus auf dem hölzernen Pier stehen und mit einem Offizier reden sah, und erst in diesem Augenblick wurde ihm bewusst, wie sehr er auf diesen Mann gebaut hatte.
Er ließ die Kohorten anhalten und war sich der prüfenden Blicke der Galeerenbesatzung, die Seile aufrollte und die letzten Frischwasserfässer an Bord und in den Laderaum hievte, schmerzlich bewusst. Dieses Mal salutierte er, so perfekt er nur konnte, und die beiden Männer wandten sich ihm zu.
»Melde mich zur Stelle, Herr«, sagte Seneca pflichtschuldig.
Brutus nickte ihm kurz zu. Er sah wütend aus, und ein Blick auf den Galeerenkapitän verriet Seneca, dass er gerade in ein Streitgespräch geplatzt war.
»Kapitän Gaditicus, das hier ist Livinius Seneca, mein stellvertretender Offizier«, stellte Brutus ihn förmlich vor.
Der Kapitän machte sich nicht einmal die Mühe, ihm ins Gesicht zu sehen, und trotz der Freude über seinen neuen Titel spürte Seneca sofort eine starke Abneigung gegen den Mann in sich aufsteigen.
»Du hast hier keinen Interessenkonflikt, Kapitän«, fuhr Brutus fort. »Du bist unterwegs nach Ostia, um Männer wie diese hier an Bord zu nehmen. Also was macht es schon, wenn du von hier aus nach Griechenland übersetzt?«
Der Kapitän kratzte sich nachdenklich am Kinn. Seneca sah, dass der Mann unrasiert war und einen erschöpften Eindruck machte.
»Mir war nicht klar, dass Cäsar nach Rom zurückgekehrt ist. Ich sollte auf Befehle aus der Stadt warten, bevor …«
»Der Senat und Pompeius haben dir den Befehl gegeben, zu ihnen zu stoßen«, unterbrach ihn Brutus. »Ich sollte dich wirklich nicht an deine Pflichten erinnern müssen. Pompeius hat diese Männer hier nach Ostia geschickt, und wir wären jetzt schon bei ihm, wenn wir nicht gezwungen gewesen wären, quer durch das ganze Land zu marschieren. Pompeius wird nicht sehr erfreut sein, wenn du meine Ankunft noch weiter hinauszögerst.«
Der Kapitän starrte ihn unverwandt an.
»Prahle nicht mit deinen Beziehungen, General. Ich diene Rom seit dreißig Jahren, und ich kannte Cäsar schon, als er noch ein ganz junger Offizier war. Auch ich habe Freunde, auf die ich mich berufen kann.«
»Nun, ich kann mich nicht erinnern, dass er je deinen Namen erwähnt hätte, als ich zusammen mit ihm in Gallien gedient habe«, schnappte Brutus zurück.
Gaditicus blinzelte. Offensichtlich hatte er in diesem speziellen Punkt den Kürzeren gezogen. »Ich hätte es gleich an der Rüstung erkennen sollen«, sagte er dann gedehnt und musterte Brutus mit neuen Augen. »Und du willst wirklich für Pompeius kämpfen?«
»Ich tue meine Pflicht, also tu du die deine«, sagte Brutus, der offensichtlich immer gereizter und ungeduldiger wurde. Er hatte genug von den
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