Imperator 04 - Die Götter des Krieges
Julius sah zu, wie sie sich mit rennenden und schreienden Männern füllten. Bei dem Gedanken an ihre Panik musste er grinsen. Wenn er erst einmal den Fuß an Land gesetzt hatte, würde er ihnen zeigen, dass Rom immer noch Generäle hervorbrachte.
Brutus erhob sich von der harten Schlafmatte in seiner Unterkunft und begann mit den Übungen, mit denen er jeden neuen Morgen begrüßte. Renius hatte ihm die grundlegenden Abläufe beigebracht, doch Cabera hatte sie noch weiter verbessert, sodass er jetzt genauso viele Übungen für die Gelenkigkeit wie für den reinen Krafterhalt machte. Nach einer halben Stunde war sein ganzer Körper schweißnass, und die Sonne war über dem fernen Dyrrhachium aufgegangen. Brutus griff zu seinem Schwert und begann mit den Geschicklichkeitsübungen, die er vor Jahrzehnten zusammen mit Julius gelernt hatte. Die zunächst einfachen Schläge steigerten sich zu immer komplizierteren Formen, die beinahe schon wie ein Tanz wirkten. Diese Morgengymnastik war ihm schon so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass er nicht mehr darüber nachdenken musste, und so nutzte er die Zeit, um über seine Stellung in Pompeius’ Streitkräften nachzusinnen.
Nachdem er seine Wachen zum ersten Mal abgeschüttelt hatte, war das Spiel mit Labienus um einiges gefährlicher geworden. Der griechische General misstraute ihm immer noch, und Brutus wusste, dass er ihn ständig heimlich überwachen ließ. Er glaubte zwar, seinen Bewachern mit einiger Anstrengung entschlüpfen zu können, aber das würde Labienus’ Misstrauen nur noch weiter steigern. Stattdessen hatte er den Mann verwirrt, indem er sich ausdrücklich beklagt und einen seiner Bewacher direkt vor ihn hingezerrt hatte.
Brutus hatte es großen Spaß gemacht, so entrüstet zu tun, wie es jeder andere treu ergebene General tatsächlich gewesen wäre. Labienus war gezwungen gewesen, sich zu entschuldigen und zu behaupten, dass hier ein Irrtum vorläge. Am nächsten Tag waren die Spione, die Brutus beobachtet hatten, durch neue Gesichter ersetzt worden.
Brutus lächelte vor sich hin und machte einen Ausfall, der mit einem für fünf Herzschläge ausgestreckten Gladius endete. Julia wieder zu sehen war eine bittersüße Herausforderung, wenn er aber jetzt abermals verschwand, würde das nur eine weitere Jagd nach ihm auslösen. Es war wesentlich geschickter, den Unschuldigen zu spielen. Seit ihrem ersten Treffen im Garten hatte er sich noch zwei weitere Male Zeit für Julia gestohlen und dann schadenfroh Senecas Männer aufgefordert, seine Bewacher zu verhaften, aber es änderte nichts. Brutus wusste, dass Labienus ihm erst dann vollends vertrauen würde, wenn er auf dem Schlachtfeld gegen Julius kämpfte und seine Loyalität damit über alle Zweifel erhaben war.
Leichtfüßig drehte sich Brutus in einen Sprung hinein, den er vor Jahren von einem Stamm gelernt hatte, der mit Bronzewaffen kämpfte. Renius hätte jede Bewegung abgelehnt, bei der man den Kontakt zum Boden verlor, doch der Sprung war spektakulär und verbarg einen Moment lang die Bewegung des Schwertes, was ihm schon zweimal das Leben gerettet hatte. Als Brutus wieder auf dem Boden aufkam, drückte er die bloßen Füße gegen den Holzboden und spürte seine eigene Stärke. Er war der beste Schwertkämpfer in ganz Rom gewesen, und dann ein General in Gallien. Dass Labienus seine Ergebenheit bezweifelte und ihm nachschnüffeln ließ, war eine Beleidigung, die er ihm eines Tages heimzahlen würde. Nicht ein Einziger unter Pompeius’ Männern würde jemals erfassen, was es ihn gekostet hatte, Julius zu verraten. Er wusste, dass sie seinen Beiträgen in taktischen Diskussionen immer sehr misstrauisch gegenüberstanden, was er zum Teil sogar nachvollziehen konnte, aber es ärgerte ihn trotzdem.
Als er schließlich wieder stillstand und sein Schwert in die erste Position der Legionäre hob, dachte er an die Ironie seiner neuen Rolle. Er hatte immer nur unter Julius gekämpft und fand Pompeius im direkten Vergleich nicht halb so kompetent. Der Mann war zwar ein ordentlicher General, doch er besaß einfach nicht den Einfallsreichtum, den Julius in jeder noch so brenzligen Situation zum Einsatz brachte. Auch wenn es seinen Stolz verletzte, musste er doch manchmal zugeben, dass er von Julius mehr gelernt hatte, als Pompeius ihm je hätte beibringen können.
Die Stille der Nacht zerriss, als die Soldaten um ihn herum erwachten und aufstanden, um sich zu waschen und sich anzukleiden. Die
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