Imperator 04 - Die Götter des Krieges
Bergfestungen begonnen worden, die sich meilenweit um Dyrrhachium herum ausdehnten. Vielleicht vermittelten sie dem alten Mann das Gefühl von Sicherheit, doch Brutus hatte die Idee von Anfang an verächtlich abgetan. Diese Bauwerke bewiesen, dass Pompeius Julius als Heerführer viel zu sehr respektierte, und Verteidigungslinien aufzubauen, noch bevor der Feind überhaupt angekommen war, motivierte die Soldaten nicht gerade. Das Schlimmste daran war jedoch, dass es den Männern ihren Kampfesmut nahm, wenn sie wussten, dass es sichere Rückzugsmöglichkeiten gab.
»Hoffen wir lieber, dass es dazu gar nicht erst kommt, Labienus«, sagte Brutus viel höflicher, als es seine Absicht gewesen war. »Wenn Cäsar kommt, können wir seine Armee vielleicht zerschlagen, ohne uns vor ihr zu verstecken.«
Bei der in diesen Worten enthaltenen Anspielung wurde Labienus’ Blick hart. Er wusste nicht genau, ob er sie als Beleidigung auffassen sollte oder nicht, zuckte dann aber nur die Schultern. »Wie du meinst«, sagte er nur.
Er gab seiner Leibwache ein Zeichen, aus der Zenturie auszuscheren und ihn zurück zur Stadt zu eskortieren. Der Rest der Männer stand teilnahmslos am Flussufer und zitterte im eisigen Wind.
Brutus war froh, Labienus’ merkwürdiges Spiel nicht länger mitspielen zu müssen, und salutierte knapp. Als der Mann seine Geste erwiderte, entging Brutus nicht, dass auch er erleichtert war.
»Richte Pompeius aus, dass ich seinen Befehlen folgen werde und ihm für die Männer danke«, sagte Brutus zum Abschied.
Labienus nickte nur und bestieg wieder sein Pferd. Die Blicke der beiden Männer blieben kurz aneinander haften, so als hoffte Labienus, Ehrlosigkeit allein durch seinen durchdringenden Blick entlarven zu können. Schließlich wendete er sein Pferd und ritt steif aufgerichtet zurück zur Stadt.
Als die Galeeren an den Docks anlegten, krachten die stachelbesetzten Corvusbrücken sofort herunter, und Julius’ Legionen gingen an Land. Die Galeeren im Hafen waren eingekeilt, ehe sie entkommen konnten, und viele der Seeleute sprangen direkt von den Decks herunter auf griechischen Boden. Julius’ Soldaten strömten ans Ufer, töteten die Besatzungen routiniert und gnadenlos und drangen weiter in die Stadt vor.
Oricum war komplett blockiert, als die Männer sich ihren Weg zum Hinterland bahnten. Die Hafenstadt war mit tausend Legionären bemannt, die als Erste in ihren Privatunterkünften überwältigt wurden. Einige schafften es noch, mit grünem Holz Signalfeuer zu entzünden, und dicke Rauchwolken stiegen in die Höhe, um das Land zu warnen. Julius erlaubte seinen Männern nicht, Gnade zu zeigen, bis sie ihre Position gefestigt hatten, und jene ersten tausend Soldaten wurden in den Straßen von Oricum niedergemacht.
Die drei Galeeren, die ihre Flotte gesichtet hatten, hatten gar nicht erst versucht zu landen und stattdessen Kurs nach Norden genommen, um die Invasion zu melden. Julius wusste, dass er diesen Überraschungsangriff bestmöglich nutzen musste. Hätte er noch mehr Männer gehabt, die darauf warteten, hierher überzusetzen, hätte er jetzt eine sichere Stellung rings um den Hafen ausgebaut. Aber so wie die Dinge lagen, hatte er seine ganze Streitmacht auf einmal ins Spiel geworfen und sie auf einmal an die Küste gebracht. Er musste beweglich bleiben, und jede noch so kleine Verzögerung beim Ausladen des schweren Geräts nagte an seinen Nerven. Von der Seeseite her war er im Moment sicher, denn hinter ihm konnte keine andere Flotte landen, weil seine Galeeren die Hafeneinfahrt versperrten. Nachdem die letzten Ballistae und Skorpionbögen an Land gehievt worden waren, ließ er die Schiffe versenken und blockierte so den Hafen dauerhaft.
Noch bevor die Sonne am Mittag ihren Höchststand erreicht hatte, waren die Veteranen für den Abmarsch ins Hinterland bereit. Überall stiegen Rauchsäulen in den Himmel über der Hafenstadt, unter dem sie perfekt in Reih und Glied aufgestellt den Befehl abwarteten. Stolzerfüllt betrachtete Julius sie und senkte den Arm als Zeichen für die Hörner, zum Abmarsch zu blasen.
Die Straßen waren karstigen Feldern gewichen, als sie in der Ferne die erste von Pompeius’ Legionen in Schlachtordnung aufgestellt ausmachten. Die gallischen Veteranen brüllten herausfordernd. In ihren Gesichtern war nicht das geringste Zaudern zu erkennen. Wer hätte im Voraus ahnen können, wie sie reagieren würden, wenn sie einer feindlichen römischen Armee gegenüberstanden?
Weitere Kostenlose Bücher