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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Wenn das zutraf  – wenn er sie entschlüsseln, sich ihrer Botschaft bedienen und dem Kaiser vermitteln konnte, dass sie
der Wahrheit entsprach, redete sich Thalius mit einer Art atemloser Vorfreude ein –, würde er der Menschheit vielleicht wirklich einen großen Dienst erweisen.
    Als er allmählich wieder zu Kräften kam – Tarcho war mit dem Jungen immer noch nicht zurück –, befiel Thalius eine gewisse Unruhe. Er stellte seinen Becher ab und schlenderte unter Volisios’ nervösen Blicken in dem Raum umher.
    Es war ein Arbeitsraum voller Papiere. Ein Stapel von Advokatenbriefen war mit einem Quarzbrocken mit goldenen Einschlüssen beschwert, einem hübschen Stein, der – zweifellos auf Kosten von großem menschlichem Leid – aus der Erde geholt worden war. Es gab nur wenig Persönliches außer einem kleinen lararium , einem Hausschrein mit Ritualgegenständen für Götter, die Thalius nicht kannte. Inmitten dieses heidnischen Sammelsuriums befand sich jedoch auch ein primitives christliches Fischsymbol, eine Brosche aus einem Stück Bronzedraht. Solche religiösen Vermischungen waren allgemein üblich. Obwohl der Kaiser das Christentum förderte, war es nicht obligatorisch, das Heidentum also auch kein Verbrechen, und Roms fröhlicher Pantheismus konnte sich Jesus vorläufig als einen weiteren Gott einverleiben.
    Der interessanteste Gegenstand in dem Raum war ein gerahmter Satz Münzen. Sie waren während der Herrschaft von Carausias geprägt worden; einige zeigten das stolze Profil des Usurpators neben den rechtmäßigen kontinentalen Kaisern, die er zu seinen »Brüdern« erklärt hatte, andere stellten ihn als Erfüllung
vergilscher Prophezeiungen eines Retters von Rom dar.
    Volisios betrachtete ihn immer noch nervös.
    »Aha«, sagte Thalius, »du hast also Carausias unterstützt?«
    »Keineswegs«, sagte Volisios hastig. »Ich sammle nur die Münzen. Sie sind jetzt schon selten und ziemlich wertvoll. Denk nur – die Münzen eines britannischen Kaisers! Das ist alles, Thalius – nur eine Münzsammlung.«
    Thalius hatte noch nie gern um den heißen Brei herumgeredet. »Keine Angst, Mann. Ich bin kein Regierungsspitzel. Obwohl ich nicht daran zweifle, dass du eine Menge trüber Geheimnisse hast – einen Münzenschatz? Ein paar Söhne, die du versteckt hast, um sie dem Frondienst zu entziehen?«
    Volisios zuckte die Achseln. »Versucht nicht jeder, mit ein paar Kleinigkeiten davonzukommen? Die Steuern sind heutzutage einfach unerträglich. Und die Korruption ist doch sowieso allumfassend.«
    »Da hast du recht«, gab Thalius widerwillig zu. »Zu viele sind bestechlich. Der Kaiser kommt nach Britannien, um eine Streitmacht für seinen Krieg gegen Licinius aufzustellen.« Licinius regierte die Osthälfte des geteilten Reiches. »Aber ich hoffe, dass er während seines Aufenthalts etwas unternimmt, um mit solchen Problemen aufzuräumen.«
    »Und diese elenden Steuern zu senken«, ergänzte Volisios.
    »Oh, dazu dürfte wohl nicht einmal der Kaiser imstande
sein«, sagte Thalius trocken und wandte sich wieder den Münzbildern des gescheiterten Usurpators zu.
    Thalius erinnerte sich gut an Carausias’ Herrschaft; bei dessen Machtergreifung war er in den Zwanzigern gewesen. Der Mann hatte die britannische Flotte befehligt, der es oblag, sächsische Piraten abzufangen, die aus Nordgermanien über das Meer kamen. Wie sich herausstellte, ließ er die Räuber zunächst passieren und raubte sie dann seinerseits aus, wenn sie nach Hause zurückzukehren versuchten. Als die Provinzregierung nicht ganz zu Unrecht Einwände gegen diese Politik erhoben hatte, hatte Carausias seine Truppen zur Rebellion geführt. Ein Jahrzehnt lang hatte er (und später sein Nachfolger, der wiederum ihm den Thron geraubt hatte) die kontinentale Tetrarchie ferngehalten und als Kaiser in Britannien geherrscht.
    Das war alles sehr aufregend, und der charismatische und fantasievolle Carausias war durchaus beliebt gewesen. Sein Inselreich war ein britannisches Imperium, das von einer Seestreitmacht aufrechterhalten wurde, mit einem eigenen »Rom« in Gestalt von Londinium, und der einigermaßen faszinierte Thalius hatte sich gefragt, ob dies ein Vorgeschmack auf die Zukunft sein mochte.
    Aber die nüchterne Wahrheit war, dass der Wechsel in der Hierarchie an der Spitze der Gesellschaft für den damals noch jungen Thalius, der gerade seine eigenen Bürden als Mitglied der Kurie von Camulodunum auf sich genommen hatte, keinerlei

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