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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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römischen Legionen geworden!«
    »Hier waren nie Legionäre postiert, Herrin«, erklärte Tarcho. »Genau genommen gibt es heute gar keine Legionen mehr.«
    Sie erschauderte. »Bei Jupiter, ich wünschte, ich wäre nie hierhergekommen. Wenn das alles ist, was zwischen mir und den barbarischen Horden des Hochlands steht, werde ich nie wieder ruhig schlafen.«
    Thalius, Aurelia und Cornelius wurden zum Quartier des Kastell-Kommandanten geführt, einem imposanten alten Steingebäude. Tarcho brachte Audax zu einem viel kleineren Haus aus Lehmziegeln und Stroh in einem Wohnblock. Das Haus gehörte einem Soldaten, einem alten Freund von Tarchos Familie, und es war keine Kaserne wie in früheren Zeiten, sondern ein richtiges Heim. Tarchos Freund wohnte hier mit seiner Frau, zwei jungen Söhnen und einem ganzen Rudel eifriger Hunde. Audax wusste nicht, was er von dem lärmigen Durcheinander halten sollte, und die Hunde, mit denen man die Sklaven im Bergwerk unter Kontrolle gehalten hatte, flößten ihm Angst ein. Aber Tarcho sprach ein paar leise Worte mit der Frau des Soldaten, und sie machte großes Aufhebens um Audax und gab ihm Brot und Fleisch zu essen, und Tarcho zeigte ihm das dakische Krummschwert ihres Gemahls, eine falx , und er fühlte sich allmählich besser.

    In dieser Nacht schlief Audax gut. Er lag auf einer kleinen Bettstatt in einer Ecke des Raumes, den er und Tarcho sich mit den Söhnen des Soldaten teilten, und fühlte sich sicher, umschlossen von den Mauern des Hauses, danach auch von den Mauern des Kastells, alles bewacht von Soldaten wie Tarcho. Thalius hätte vermutlich gesagt, es sei ein behagliches Stück Endlichkeit, herausgeschnitten aus einer unendlichen und beunruhigenden Welt.
    Er wurde im Dunkeln von einer großen Hand geweckt, die ihn sanft an der Schulter rüttelte. Ohne nachzudenken erschlaffte er, weil er sich wieder im Bergwerk wähnte. Wenn man sich gegen die Lustmolche wehrte, wurde alles noch schlimmer. Aber er befand sich noch immer in Banna, und es war Tarcho.
    »Komm. Zieh dich an. Ich muss dir was zeigen.«
    Außerhalb des Hauses war das Kastell ein Schattenpfuhl. Die Stille wurde nur vom Husten eines Soldaten unterbrochen, der irgendwo auf den Mauern Wachdienst schob. Der Himmel war von einem dunklen Blaugrau, ein Vorbote der Dämmerung, und der Tau auf dem Kopfsteinpflaster reflektierte das Licht.
    Tarcho führte Audax zu einem Wachturm an der Mauer und zeigte ihm eine Leiter. »Sei vorsichtig«, flüsterte er. Aber Audax war es gewohnt, in pechschwarzer Finsternis Leitern hinauf- und hinunterzuklettern, und der Aufstieg bereitete ihm weniger Mühe als Tarcho.
    Sie gelangten auf die schmale Plattform auf der Turmspitze. Außer ihnen war niemand da. Hier oben
war die Luft taufrisch, und der allgegenwärtige Uringestank wurde vom grünen Geruch des wachsenden Grases vertrieben.
    Audax ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Das Kastell stand am Rand eines Steilhangs, und als er nach Süden schaute, fiel das Land vor ihm zu einem tief eingeschnittenen Tal ab, in dem ein Fluss gurgelte. Ein feuchtwarmer Gestank stieg empor; das Badehaus des Kastells war dort unten am Wasser errichtet worden.
    Und als er nach Osten und Westen blickte, sah Audax endlich den Wall selbst. Er schloss sich nahtlos an die Kastellmauer an und erstreckte sich in großen, geraden Segmenten über das Land. Wo das zunehmende Licht im Osten auf die Südwand der Mauer fiel, glänzte der helle Stein. Bauten und Kastelle sprenkelten den Wall auf ganzer Länge, und Audax sah den Rauch von Feuerstellen emporsteigen, als wäre er ein einziges gigantisches Haus.
    Der Wall sei jahrhundertealt, erklärte Tarcho stolz. »Mein Ururur-und-so-weiter-Großvater hat zu denen gehört, die ihn erbaut haben. Er hieß Tullio. Ich kenne seinen Namen, weil er auf Steinen geschrieben steht, die man in die Mauer eingesetzt hat. Er kam aus Germanien, und seine Söhne und Enkel haben seither am Wall gedient. Und hier ist er nun, der Wall, unzählige Male geflickt, aber auch acht, neun, zehn Generationen später erfüllt er immer noch seinen Zweck, selbst wenn die Namen seiner Erbauer größtenteils vergessen sind. Was für Männer müssen das damals gewesen
sein, dass ihre Vision auch heute noch unser Zeitalter prägt! Was für Helden! Und einer von ihnen war mein Großvater.«
    Audax konnte sich einfach nicht vorstellen, dass dieses Ding, dieser Wall von Menschen erbaut worden war. Ebenso gut hätte man ihm erzählen können,

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