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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Jetzt war Eburacum der Stützpunkt des nördlichen Militärkommandanten, des Herzogs der Britannier.
    Aber Thalius mochte den Ort nicht. »Mit seiner Hochnäsigkeit, seiner Arroganz und seiner monumentalen Militärarchitektur ist er der Stein gewordene Hochmut der absoluten Monarchie der Zukunft«, sagte er. Audax glaubte, dass nicht einmal Tarcho wusste, wovon er sprach.
    Auf der Weiterfahrt nach Norden durchquerten sie erneut hügeliges Land. Der Himmel war weit und voller gewaltiger Wolken. Irgendwie fand Audax diese wildere, zerklüftetere Landschaft weniger einschüchternd als die Hügel des Südens mit ihren vielen Gehöften. Thalius erklärte ihm sanft, dass dieses Land Brigantien war, Audax’ Heimat. Aber seit Generationen hatte keiner von Audax’ Vorfahren mehr seine Heimat gesehen.
    Tarcho kam immer mehr aus sich heraus. Er zeigte auf Kastelle, Lager und Wachtürme; sie gehörten zu einem »tief gestaffelten Verteidigungssystem«, wie er sagte, das südlich der Linie des Walls weit ins Land hineinreichte. Und auf den Hügelkuppen und in den Tälern sah man überall ausgedehnte Waldgebiete. Das waren eigens angepflanzte Wirtschaftswälder, die den Wall mit Holz für die Bäder und Öfen versorgten. Der Wall schützte das Land zwar vor den Wilden im Norden,
aber dafür musste das Land den Wall auch ernähren. Audax betrachtete im Stillen den Wall als riesige, gefräßige Bestie, die einem furchtsam geduckten Land das Blut aussaugte.
    Schließlich gelangten sie zu einem Ort namens Banna, wo es ein Kastell gab.
    Bevor die Straße das Kastell erreichte, schlängelte sie sich durch ein Stück Ackerland, das dem Kastell gehörte – Tarcho nannte es die »Soldatenwiese« –, und die Gruppe überquerte einen Graben, der von Unkraut und stinkendem Müll verstopft war.
    Dann kamen sie durch so etwas wie eine Stadt, die sich außerhalb der Mauern des Kastells östlich und westlich der Straße erstreckte, einen lärmigen, übel riechenden, übervölkerten Ort. Die Straßen ähnelten eher Schafsfährten als Römerstraßen. Einige Gebäude waren sehr gepflegt und hatten einen quadratischen Grundriss, aber die anderen waren nichts als Bruchbuden. Viele waren zur Straße hin offen, und Audax spähte in Werkstätten, in denen Metall bearbeitet wurde, oder in Läden, in denen sich Fleischstücke stapelten. Er sah Soldaten mit Militärgürteln und Rüstungsteilen, wie sie Tarcho trug, aber auch jede Menge Frauen, und überall liefen Kinder herum, die den Pferden in die Quere kamen. Audax gefiel es hier besser als in Camulodunum. Es schien ein fröhlicher Ort zu sein. Aber Tarcho führte ihn rasch an den Tavernen der Soldaten, den Spielhöllen und Bordellen vorbei.
    Endlich erreichten sie eine Steinmauer. Dies war das Kastell. Die Gebäude der schäbigen Stadt draußen
brandeten wie eine Welle gegen die Mauer an. Am Tor des Kastells mussten sie einen Obolus entrichten, und die Kutsche wurde nach Waffen durchsucht.
    Im Innern des Kastells stieg Audax ein überwältigender Gestank von Blut, Rauch und Urin in die Nase. Tarcho erklärte ihm, so sei das immer; die Soldaten benutzten ihren eigenen Urin, um Leder für ihre Rüstungen und ihr Gurtzeug zu beizen. Während Aurelia und Cornelius sich parfümierte Stofffetzen vor die Nase hielten, sog Tarcho die stinkende Luft in vollen Zügen durch seine großen, schwarzen, von Rotz verkrusteten Nüstern ein. »Heimat! Das Schönste, was es gibt.«
    Die Gebäude aus Stein, Lehmziegeln und Holz waren etwas ordentlicher als draußen, die schmalen Kopfsteinpflasterstraßen zwischen ihnen gerader. Aber man sah, dass die Gebäude alt und häufig ausgebessert worden waren. Audax dachte, zwei große, zweistöckige Gebäude mit leuchtenden Ziegeldächern müssten Paläste sein. Tarcho erklärte jedoch, es seien Speicher, in denen die Soldaten genug Getreide lagerten, um sich wochenlang ernähren zu können, falls die Barbaren doch einmal angriffen. Im Kastell waren noch mehr Soldaten, darunter ein paar, die auf ihren Posten auf den Mauern herumlümmelten. Tarcho sagte, die Besatzung habe ursprünglich aus einer tausend Mann starken Daker-Kohorte namens »Hadrians Leute« bestanden. Heutzutage würden die meisten Soldaten allerdings vor Ort rekrutiert, seien also Britannier und keine Daker.

    Aurelia hatte sich den Mantel über den Arm gelegt, damit er nicht über den schlammigen Boden schleifte. Sie schaute sich verächtlich in dem schäbigen Kastell um. »Das also ist aus den mächtigen

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