Imperator
Großvater hat zweifellos noch in einem solchen Haus gewohnt, Advokat«, ermahnte sie Karus.
Brigonius entspannte sich mit einer bewussten Anstrengung. Karus nickte, was als Entschuldigung durchging, und der Moment war vorbei.
Lepidina beobachtete das alles mit großäugigem Entzücken. Zweifellos wusste sie, dass die Männer – wäre es zu einer Prügelei gekommen – sich im Grunde ihretwegen geschlagen hätten.
»Und noch etwas«, sagte Brigonius, entschlossen, die Initiative zu behalten. »Wo bereitest du deine Speisen zu?«
Jetzt lachte Lepidina. »Niemand bereitet seine Speisen mehr selbst zu, du Dummerchen!«
»Nicht?«
»Du musst noch viel lernen.« Sie nahm seine Hand und zog ihn zur Tür. »Kommt mit. Ich habe Hunger. Schauen wir uns die Stadt an.«
»Ohne mich«, sagte Severa. »Ich bin müde und könnte ein Nickerchen brauchen. Geht ihr beiden nur los und schaut euch um.«
»Ach, dann gehen wir doch zu dritt!«, sagte Karus rasch.
Er und Brigonius funkelten sich an. Die Frauen beobachteten sie, Lepidina mit unverhohlener Freude, Severa voller Berechnung.
VI
Lepidina führte die beiden Männer die Treppe hinunter zum Tresen der Gaststube unter Karus’ Wohnung. Nachdem sie unterwegs so still gewesen war, schien sie nun, wo sie sich in einer Stadt befanden, in ihrem Element zu sein.
»Lassen wir meiner Mutter ruhig Zeit für ihr ›Nickerchen‹«, sagte sie in bedeutungsschwangerem Ton.
Karus runzelte die Stirn. »Was willst du damit sagen?«
»Ach, komm schon, Karus! Du weißt doch, was für eine Spielerin sie ist. Ehe eine Stunde um ist, wird sie hinausschlüpfen, um einen Buchmacher aufzusuchen und über die Aussichten beim nächsten Wagenrennen zu diskutieren. Sie denkt, ich wüsste das nicht. Aber ich sage nichts, solange sie gewinnt … Brigonius, willst du wissen, wie wir essen? Oh, ich habe kein Geld. Karus …«
Mit einem gekünstelten Seufzer förderte er ein paar Münzen für sie zutage, und sie drehte sich zum Tresen um.
Brigonius und Karus standen steif nebeneinander. Dann wandten sie sich gleichzeitig einander zu.
»Hör zu, Karus …«
»Brigonius, ich wollte nicht …«
Sie brachen ab und lachten, und Karus fing noch einmal von vorn an. »Es sieht so aus, als würden wir vielleicht auf Jahre hinaus zusammenarbeiten, wenn alles gut geht. Also sollten wir uns nicht von einem prachtvollen, aber dummen Mädchen wie zwei brünstige Hengste vorführen lassen. Ich meine, das soll nicht heißen, dass ich nicht … wenn sie wollte … um die Wahrheit zu sagen, ich glaube, ich ziehe die Mutter vor, nachdem ich sie nun kennengelernt habe … ihr stolzer Busen, und ihr Gang …« Er verhaspelte sich und hielt inne. »Ist sie nicht wundervoll?«
»Wir sollten Liebe und Arbeit auseinanderhalten«, sagte Brigonius mit fester Stimme.
»Wir können es zumindest versuchen«, murmelte Karus.
Lepidina kam mit einer Hand voll Speisen zurück. »Hier«, sagte sie und gab Brigonius etwas ab. »Siehst du? Man muss sein Essen nicht selbst zubereiten, man kauft es!«
Das Essen erwies sich als ein Stück Brot mit einer Füllung aus Schweinehack. Das Fleisch war gut durchgebraten und mit Zwiebeln gewürzt. Brigonius nahm einen Bissen. »Wäre vielleicht besser, wenn es Rindfleisch wäre.«
»Oh, die Römer mögen Rind nicht besonders«, sagte Karus mit vollem Mund. »Lamm auch nicht. Barbarenfraß, sagen sie.«
»Die Soldaten in Vindolanda essen jede Menge davon.«
»Die kommen wahrscheinlich selber aus den Provinzen.«
Brigonius hatte seine Mahlzeit bereits beendet. »Ist das alles?«
»Ich besorge dir später noch mehr. Kommt, gehen wir zum Forum und machen wir einen kleinen Einkaufsbummel.« Lepidina nahm seine Hand – dann geflissentlich auch Karus’ Hand –, und sie machten sich auf den Weg.
Die Straßen waren gepflastert, und zu beiden Seiten verlief ein Rinnstein; Brigonius stellte fest, dass die Erbauer gute Arbeit geleistet hatten. Neben den Menschen bevölkerten Tiere die Straßen – Hühner, Schweine und viele Hunde. Dies war immer noch eine Stadt für Bauern. Fast alle Häuser bestanden aus Flechtwerk und Lehm, so wie Karus’ Wohnung, aber ein oder zwei der imposanteren Gebäude waren aus Stein errichtet. Die meisten waren einstöckige Privathäuser, manche jedoch zur Straße hin geöffnet, wie Karus’ Gaststube, sodass man in Werkstätten hineinschauen konnte, in denen Keramik geformt, Eisen bearbeitet, Glas gegossen und Tuch gewoben wurde.
Einige der
Weitere Kostenlose Bücher