Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
seiner Freundin sprach, deren Existenz er mir bisher verschwiegen hatte – und seltsamerweise hatte dieser Gedanke mir einen kleinen Stich versetzt (ich war wohl emotional nicht so ganz auf der Höhe, weil die Sache mit Colin und Anna so aus dem Ruder lief). Dann hatte sich allerdings herausgestellt, dass diese ‚Freundin‘ nichts anderes als ein kleiner Hund war, den er vor ungefähr drei Monaten von einer verstorbenen Tante geerbt hatte. Ganz dunkel konnte ich mich daran erinnern, dass auch Anna mir davon berichtet hatte.
Tagsüber, wenn Ben in der Uni war oder arbeitete, kümmerte sich Bens und Annas Mutter um den kleinen Racker. Diese war aber am heutigen Nachmittag zu einem Kaffeekränzchen bei einer Freundin eingeladen worden, was hieß, das Snowball (ja so hieß das arme Tier leider) allein geblieben war. Und soweit ich Ben verstanden hatte, war das eine mittelschwere Katastrophe – nicht nur für den Hund, sondern auch für Bens Nachbarn, denn die Kleine konnte einen Krach machen, der selbst gestandene Männer in den Wahnsinn trieb.
Also waren Ben und ich nach unserem London-Marathon zunächst zu ihm nach Hause gefahren (ich hatte keusch unten vor dem Haus gewartet), hatten die entzückende Snowball abgeholt, die mich sogleich überfreudig mit Gekläffe, Schwanzgewedel und fröhlichen Hopsern bis hoch auf Kniehöhe begrüßt hatte, waren danach zu meinem Apartment gefahren, um dort meine Shoppingtüten abzustellen, und dann erst weiter zum Pub gelaufen.
Snowball wedelte nun wieder mit ihrem buschigen Schwanz und blinzelte mich unter ihrem weißen Pony hindurch mit ihren braunen Knopfaugen an, sich das Mäulchen auffällig oft beleckend.
„Oooh, du Süße“, entwischte es mir sofort, in diesem zuckersüßen Ton, der einen irgendwie immer befiel, wenn man es mit Tieren und kleinen Kindern zu tun hatte. Ich streichelte ihr Köpfchen und kraulte sie hinter den Ohren, was sie nur noch aufdringlicher werden ließ.
„Mach das nicht“, riet mir Ben lächelnd. „Sie denkt nur, dass sie was von dir bekommt, und springt dir nachher noch…“
Schwupps, schon saß der Hund auf meinem Schoß und versuchte mir das Gesicht abzulecken.
„Snowy! Aus! Pfui!“ hörte ich Ben schimpfen, während ich selbst lachend versuchte, den Hund wieder sanft von meinem Schoß herunter zu bekommen. Mit vereinten Kräften gelang es uns schließlich. Es war erstaunlich, wie viel Widerstand ein so kleines Tierchen leisten konnte.
„Tut mir leid“, sagte Ben zerknirscht und versuchte mir dabei zu helfen, mein Kleid von den Pfotenspuren und Haaren seines Hundes zu befreien. Dass er dabei meine Schenkel begrabbelte, schien ihm erst aufzufallen, als ich verlegen, aber bestimmt seine Hand wegschob.
Seine Augen weiteten sich und er zog sich sofort zurück, hob entschuldigend die Hände. „Oh, Gott, ich… das…“
„Schon gut!“ winkte ich ab. „Ich weiß, wie es gemeint war.“
Er schenkte mir ein leicht angestrengt wirkendes Lächeln und schon war sie da, eine dieser unangenehmen Gesprächspausen, die immer dann eintraten, wenn gerade etwas Peinliches zwischen uns passiert war. Was konnte man jetzt noch tun, außer debil zu lächeln? Neues Schreithema?
„Wann kommen nochmal die anderen?“
Ben zuckte die Schultern. „Sie meinten so zwischen acht und neun.“
Ich sah auf die Uhr. Es war halb neun, also mussten sie jeden Moment erscheinen. Mein Blick wanderte zur Tür. Immer wieder waren Menschen eingetreten, aber ein bekanntes Gesicht war bisher nicht darunter gewesen. Das änderte sich auch nicht in den nächsten zwanzig Sekunden, die ich damit verbrachte, die sich ständig öffnende Tür anzustarren. Colin und Anna ließen sich anscheinend Zeit.
Ich wurde wieder nervöser und holte mein Handy heraus, um Colin eine Nachricht zu senden. Ein weiteres Brauenhochziehen Bens folgte dieser Handlung.
„Was genau machst du da jetzt?“
„Wonach sieht’s denn aus?“
Er lachte. Es klang dieses Mal nicht sehr natürlich. „So als ob du es auf einmal kaum aushältst, mit mir allein zu sein.“
„Nein!“ Ich schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Ich wollte Colin nur schreiben, dass auch wir nicht ewig warten werden!“
Ich suchte seine Nummer im Display und begann rasch zu tippen. Dann stutzte ich.
„Wieso?“ Ich musterte ihn und grinste. „ Wolltest du denn weiterhin mit mir alleine sein?“
„Na klar“, grinste er zurück. „Eigentlich wollte ich dich noch mal besoffen machen und dann abschleppen. Ist
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