Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
mein Gesicht gegen seine breite Brust und begann zu heulen wie ein Schlosshund.
„Sch-sch“, machte Colin und wiegte mich hin und her, sanft meinen Rücken streichelnd. Minutenlang brachte ich nichts weiter als stockendes Schluchzen und schweres Atem heraus, während meine Tränen Colins T-Shirt mehr und mehr durchnässten. Erst nach einer ganzen Weile wurden meine Schluchzer leiser und trockener, meine Atmung wieder ruhiger und die Tränen weniger.
„Ich bin doch nicht böse auf dich“, sagte Colin mit weicher Stimme und veranlasste mich zu einem völlig verheulten Stirnrunzeln. „Du bist immer noch meine allerbeste Freundin – und ich wollte doch, dass du gehst! Ich bin schon ein großer Junge.“ Er grinste breit. „Und wie du sehen kannst, bin ich ziemlich gut allein klargekommen und mir geht’s deutlich besser.“
Ich schloss die Lider und schüttelte den Kopf. Er missinterpretierte das völlig, dachte wohl, ich hätte ein schlechtes Gewissen wegen gestern.
„Doch, doch“, beteuerte er und wischte mir sanft die Tränen von den Wangen. „Mir geht’s wirklich wieder ganz gut.“
„Da… darum geht es doch gar nicht“, brachte ich nur stockend heraus.
Er hob die Brauen. „Nicht?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Okaay… was ist dann passiert?“ fragte er sanft, wohl weil er das Gefühl hatte, dass ich wieder dazu in der Lage war, längere Erklärungen von mir zu geben.
„I-ich wollte Anna… Anna die Wahrheit sagen“, schluchzte ich und fühlte sofort, wie Colin inne hielt.
„‘Wollte‘ heißt dann wohl, dass du es nicht getan hast?“ hakte er hoffnungsvoll nach.
Ich schniefte lautstark. „Ich will… will nicht, dass er mich hasst…“
„Du meinst ‚sie‘.“
Ich schüttelte den Kopf und begann von neuem zu schluchzen.
„Oh, mein…“ Colin brach ab, packte mich bei den Schultern und schob mich weg, um mir in die Augen sehen zu können. „Emma? Bist du in Ben verliebt?“
Ich nickte und brach nun erst recht in Tränen aus.
„Oh, Süße!“ Er zog mich zurück in seine Arme und drückte mich ganz fest. Tat das gut! Sie war wieder da, unsere Freundschaft, befreit von diesem blöden Gefühl des Verliebtseins, das so falsch, so dumm gewesen war. „Das ist doch kein Drama. Der Kerl ist doch total in dich vernarrt! Weißt du, was das Beste wäre?“
Er schob mich wieder von sich weg und sah mich lächelnd an. „Wenn du rüber zu ihm läufst und ihm sagst, was los ist.“
Ich schüttelte panisch den Kopf. „Auf keinen Fall!“
„Ach, komm Emma, er ist ein netter Kerl. Der beißt dich schon nicht – jedenfalls nicht, wenn du es nicht willst.“ Colin lachte, doch ich konnte seinen Humor überhaupt nicht teilen. Er hatte ja keine Ahnung, was passiert war.
„Vertrau mir!“ verlangte er dennoch. „Ich hab einen guten Blick für so was. Den hast du völlig in der Hand. Steh dir nicht selbst im Weg und schneide dir ausnahmsweise mal eine Scheibe von mir ab. Geh zu ihm, gestehe und dann nimm dir, was du brauchst.“
„Du verstehst das nicht“, brachte ich nur mühsam beherrscht heraus.
„Glaub mir, davon, wie man Spaß hat, verstehe ich ’ne Menge“, widersprach er mir. „Du darfst nicht immer so verkrampft sein, Emma. Du kannst dich auch mal gehen lassen und…“
„DAS HAB ICH DOCH SCHON LÄNGST!“ schrie ich ihn an und flennte gleich wieder los wie eine hysterische Ziege.
Colin starrte mich beinahe schockiert an, blinzelte verwirrt. „Du… du hast was?“
Ich vergrub ein weiteres Mal mein Gesicht in den Händen und bildete mir einfach ein, dass er mich so nicht mehr sehen konnte. Ach, wäre es doch so einfach, zu verschwinden. Nicht für immer, aber für eine kleine Weile, bis sich der Gefühlssturm in mir und um mich herum wieder gelegt hatte.
„Wann?“ fragte Colin gnadenlos weiter.
„Gestern Nacht“, flüsterte ich in meine Handflächen.
Stille. Ich wartete einen Augenblick, doch als auch in den nächsten Sekunden keine weitere Frage mehr kam, linste ich vorsichtig durch die Lücken zwischen meinen Fingern. Colin war nicht gegangen. Nein. Er saß immer noch vor mir, hatte eine Hand vor den Mund gepresst und starrte mich an. Da ich seinen Gesichtsausdruck nicht so richtig erkennen konnte, entschied ich mich schweren Herzens dazu, die Hände doch wieder vom Gesicht zu nehmen. Es überraschte mich nicht, seine Augen amüsiert funkeln zu sehen und als auch er seine Hand sinken ließ, war das typische provokante Colin-Grinsen wieder
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