Imperium
als Cicero, der großen Respekt vor ihm hatte, nicht nur wegen seines Reichtums, sondern auch wegen seiner gesellschaftlichen Verbindungen. Denn wenn ss einen Mann gibt, dem man quasi automatisch Zugang zu den gut unterrichteten Kreisen gewährt, dann ist es jemand wie der vermögende und geistreiche Junggeselle von Mitte vierzig, der aufrichtiges Interesse an der Ahnentafel seines Gastgebers und seiner Gastgeberin bekundet. Das machte Atticus zur unschätzbaren Quelle politischer Informationen, und es waren seine Auskünfte, die Cicero allmählich vor Augen führten, wie ernst zu nehmend der Widerstand gegen seine Kandidatur war. Als Erstes erfuhr Atticus bei einem Tischgespräch von seiner berühmten Freundin Servilia, der Halbschwester Catos, dass Antonius Hybrida definitiv in den Wahlkampf einsteigen würde. Ein paar Wochen später berichtete er Cicero von einer Bemerkung, in der Hortensius (ebenfalls einer seiner Bekannten) angedeutet habe, dass Hybrida und Catilina planten, gemeinsam anzutreten. Das war ein herber Schlag. Obwohl Cicero so tat, als nähme er es auf die leichte Schulter - »ist doch bestens, ein doppelt so großes Ziel kann man auch doppelt so leicht treffen« -, spürte ich, dass er angeschlagen war. Er selbst hatte keinen Mitkandidaten, und im Augenblick gab es auch niemanden, der ernsthaft dafür infrage gekommen wäre.
Aber die wirklich schlechte Nachricht erreichte uns erst im späten Frühjahr nach der Sitzungspause des Senats. Atticus ließ den beiden Cicero-Brüdern eine Nachricht zukommen, dass er sie dringend sprechen müsse, und so machten wir drei uns nach Schließung der Gerichte sofort auf den Weg. Atticus ' Haus, das auf einem Felsvorsprung neben dem Tempel des Salus stand, war die perfekte Junggesellenbehausung - nicht zu groß, aber mit dem herrlichsten Ausblick auf die Stadt, vor allem von der Bibliothek aus, die Atticus zum Herzstück des Hauses gestaltet hatte. Büsten der bedeutendsten Philosophen hingen an den Wänden, und es standen überall kleine gepolsterte Bänke herum, da Atticus es sich zur festen Regel gemacht hatte, nie ein Buch zu verleihen, aber jedem seiner Freunde erlaubte, ihn jederzeit zu besuchen und ein Buch vor Ort zu lesen oder sich sogar eine Abschrift davon zu machen. Als wir die Bibliothek an jenem Nachmittag betraten, lag Atticus in der weiten weißen Tunika eines Griechen unter dem Kopf von Aristoteles auf einer Liege und las, wenn ich mich recht erinnere, in einer Ausgabe von Kyriai doxai, der zentralen Lehre von Epikur.
Er kam sofort zur Sache. »Ich war gestern auf dem Palatin, zum Abendessen im Haus von Metellus Celer und seiner Frau Clodia. Einer von den anderen Gästen war ein ehemaliger Konsul, ein Aristokrat von feinstem Geblüt …« Er blies auf einer imaginären Trompete. »Und zwar kein Geringerer als Publius Cornelius Lentulus Sura.«
»Himmel noch mal«, sagte Cicero lächelnd. »Mit wem du alles verkehrst.«
»Hast du gewusst, dass Lentulus noch einmal antreten will? Er will sich im Sommer zum Prätor wählen lassen.«
»Ach, tatsächlich?« Cicero schaute finster drein und rieb sich die Stirn. »Er ist ein Busenfreund von Catilina. Dann stecken beide wohl unter einer Decke. Allmählich finden sie alle zusammen, die Halunken.«
»Kann man wohl sagen, das ist eine ganz hübsche politische Bewegung - er, Catilina, Hybrida, und ich hatte den Eindruck, dass da noch andere dabei sind. Aber er hat sonst keine Namen genannt. Irgendwann hat er uns allen einen Papyrus mit der Prophezeiung eines Orakels unter die Nase gehalten, er würde der dritte Cornelier sein, der als Diktator über Rom herrschen würde.«
»Die alte Schnarchnase? Diktator? Du hast ihm hoffentlich ins Gesicht gelacht?«
»Nein, das habe ich nicht«, sagte Atticus. »Ich habe ihn sehr ernst genommen. Das solltest du zur Abwechslung auch mal versuchen, Cicero, anstatt nur immer deine vernichtenden Sticheleien abzuschießen, nach denen kein Mensch mehr den Mund aufmacht. Nein, ich habe ihn ermutigt, doch weiterzuerzählen, und er trank noch einen kleinen Becher von Celers exzellentem Wein, und ich hörte weiter zu. Und er trank und trank, bis er mich schließlich zur Verschwiegenheit verpflichtete und mir sein großes Geheimnis anvertraute.«
»Und das ist?«, fragte Cicero und beugte sich auf seinem Stuhl vor, denn Atticus hatte sie bestimmt deshalb hierher zitiert.
»Sie haben Crassus.«
Stille.
»Crassus ' Stimme?«, fragte Cicero. Soweit ich mich erinnern kann,
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