Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
Vom Netzwerk:
Gerichtsplatzes und richtete die nächsten Worte sowohl an die Menschen auf dem Forum wie auch an die Geschworenen. »Ihr werdet euch vielleicht sagen: ›Da mag er ja durchaus recht haben, aber besitzt er denn selbst all diese Fähigkeiten?‹ Ich wollte, es wäre so. Aber immerhin habe ich mein Bestes gegeben und von Kindesbeinen hart daran gearbeitet, um sie mir, soweit mir das möglich war, anzueignen. Jedem ist bekannt, dass das Forum und die Gerichtshöfe Roms den Mittelpunkt meines Lebens bilden, dass nur wenige Männer meines Alters, wenn überhaupt, in so vielen Fällen als Verteidiger aufgetreten sind wie ich, dass ich jede freie Minute, in der ich nicht in den Angelegenheiten meiner Freunde tätig bin, hart arbeite und studiere, um den Erfordernissen meines Berufes gerecht zu werden und meine Fähigkeiten immer weiter zu verbessern. Und trotzdem bin ich jedes Mal, wenn ich an den entscheidenden Tag denke, an dem der Beschuldigte vor den Schranken des Gerichts erscheint und ich meine Verteidigungsrede halten muss, nicht nur nervös, sondern zittere von Kopf bis Fuß. Du, Caecilius, kennst keine solchen Ängste, keine solchen Gedanken, keine solche Nervosität. Du bildest dir ein, wenn du die eine oder andere Wendung aus irgendeiner alten Rede auswendig lernst, wenn du eine Floskel wie ›Beim allmächtigen und barmherzigen Jupiter …‹ oder ›Ich würde mir wünschen, ihr Richter, dass es möglich wäre …‹ parat hast, dass du dann schon aufs Beste für deinen Auftritt vor Gericht präpariert bist.
    Du bist ein Nichts, Caecilius, und du kannst nichts. Hortensius wird dich vernichten! Aber mich wird er mit seiner Gerissenheit nicht erledigen. Mich wird er mit keiner seiner Finten in die Irre rühren. Seine gewaltigen Fähigkeiten verfangen bei mir nicht, sie können mich nicht schwächen, sie können mich nicht von meinen Standpunkt abbringen.« Er schaute zu Hortensius und verbeugte sich in gespielter Demut, worauf Hortensius sich erhob und ebenfalls verbeugte, was erneutes Gelächter hervorrief. »Die Angriffsmethoden und rhetorischen Kunststücke dieses Herrn sind mir bestens vertraut«, fuhr Cicero fort. »So beschlagend er auch sein mag, wenn er gegen mich antritt, wird er zu spüren bekommen, dass in diesem Verfahren neben anderen Dingen auch seine eigenen Fähigkeiten verhandelt werden. Sollte man mich mit dem Fall betrauen, so empfehle ich diesem Herrn schon vorab, seine Verteidigungsstrategie radikal zu ändern. Wenn nämlich ich die Anklage vertrete, dann wird er keinen Grund haben zu glauben, man könne das Gericht bestechen, ohne dass sehr viele Menschen in ernste Gefahr gerieten.«
    Das Wort »bestechen« rief einige heftige Unmutsäußerungen hervor und ließ den ansonsten gleichmütigen Hortensius aufspringen. Cicero bedeutete ihm mit einer lässigen Handbewegung, er solle sich wieder setzen. Cicero redete und redete. Wie ein Schmied auf sein glühendes Eisen, so hieb er mit immer wieder neuen rhetorischen Attacken auf seine Gegner ein. Ich werde hier nicht alles wiedergeben. Die Rede, die mindestens eine Stunde dauerte, ist dokumentiert und kann von jedem Interessierten nachgelesen werden. Er attackierte Verres wegen seiner korrupten Machenschaften, Caecilius wegen seiner früheren Verbindungen zu Verres und Hortensius wegen seiner Bemühungen um einen zweitrangigen Widersacher. Zum Schluss richtete er einen Appell an die Senatoren auf der Geschworenenbank. Er trat vor sie hin, schaute jedem Einzelnen in die Augen und sagte: »Es liegt in eurer Hand, ehrwürdige Richter, den Mann auszuwählen, der euch aufgrund seiner Redlichkeit, seines Fleißes, seines Scharfsinns und seiner charakterlichen Eignung am besten geeignet erscheint, vor diesem hohen Gericht einen derart bedeutenden Fall durchzufechten. Solltet ihr Quintus Caecilius meiner Person vorziehen, so glaube ich nicht, dass ich dem besseren Mann unterlegen bin. Auch die Bürger Roms könnten glauben, dass ihr einen rechtschaffenen, strengen und energischen Ankläger wie mich gar nicht wollt, dass Senatoren einen solchen Ankläger überhaupt nie wollen.« Er machte eine Pause, und sein ruheloses Auge blieb schließlich an Catulus hängen, der seinen Blick standhaft erwiderte. Dann sagte Cicero leise: »Sorgt dafür, ehrwürdige Richter, dass es nicht dazu kommt.« Lauter Beifall brandete auf.
    Nun war Caecilius an der Reihe. Er war aus bescheidensten Verhältnissen aufgestiegen, weitaus bescheideneren als denjenigen Ciceros, und

Weitere Kostenlose Bücher