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In Blut geschrieben

In Blut geschrieben

Titel: In Blut geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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gerichtet. Sie hatten sich eben erst kennen gelernt, und Thayer stellte sich viele Fragen über diesen eigenartigen Mann. Über die Art, wie er die Welt betrachtete – selbstsicher, ohne Eile, ohne Furcht. Annabel hatte ihn von Anfang an über Brolins Vermutungen unterrichtet. Er ging die Ermittlungen mit dem Instinkt eines Polizisten an, doch da war noch etwas anderes hinter der Maske, eine zweite Natur, etwas Ungezähmtes, etwas Wildes.
    »Ich bin nur deshalb schnell vorbeigekommen«, erklärte Cahill und deutete auf das Buch. »Ich muss mich beeilen, die Federals erwarten mich, wir statten Janine Shapiro einen Besuch ab. Die Herrschaften möchten mit ihr reden.«
    »Wie geht es ihr?«, fragte Annabel.
    »Sie ist verstört. Der Tod ihres Bruders hat sie schwer mitgenommen. Heute Morgen hat sie erklärt, sie wolle mit einem der Ermittler sprechen.«
    »Damit kommt sie jetzt an!«, bemerkte Thayer verärgert. »Das hätte ihr auch einfallen können, bevor sich die anderen einmischen …«
    »Ich halte Sie auf dem Laufenden, sobald es was Neues gibt.«
    Cahill verabschiedete sich und ging.
    Thayer stand auf und trat an die Wand mit den Fotos, die die Opfer der Caliban-Anhänger zeigten.
    »Du hast Fotokopien davon gemacht?«, fragte er seine Kollegin.
    »Ich wollte Joshuas Meinung hören.«
    Dieser zog die Augenbrauen hoch, als er hörte, dass Annabel ihn beim Vornamen nannte.
    »Und die Federals? Was haben die dazu gesagt?«
    »Ich arbeite an diesem Fall. Es ist mein gutes Recht, meine ›Akten‹ vor Augen zu haben. Das ist denen egal. Jack, ich muss immer wieder an diesen Waggon und an all die Menschen darin denken.«
    »Du meinst, warum wir nur Skelette gefunden haben? Ich denke auch ständig daran. Der örtliche Gerichtsmediziner hat festgestellt, dass viele von den Knochen Kratzspuren aufweisen. Das heißt, das Fleisch wurde mit der Hand abgelöst. Die Leichen wurden also nicht mit Säure behandelt oder ausgekocht, bis nur noch die Knochen übrig waren. Nein, man hat einen nach dem anderen ausgelöst.«
    Jack betrachtete die Gesichter an der Wand. Es war sehr wahrscheinlich, dass die meisten von ihnen zu den Skeletten in dem Waggon gehörten.
    »Ich habe da so eine Idee«, erklärte er schließlich. »Erinnerst du dich an die Karte, die Bob Spencer Lynch geschrieben hat? Da hieß es ›Jetzt musst du lernen, zu werden wie wir. Unsichtbar‹. Und dann kam das Rätsel, das ihn zu dem Waggon führen sollte.«
    »Wo Lynch seine Leichen hätte deponieren sollen.«
    »Die Skelette, meine Liebe! Denn die Identifizierung eines Skeletts ist gar nicht so einfach, manchmal sogar unmöglich. Solange niemand den Ort entdeckt, gibt es keine Leichen, also auch keine Morde. Wird er doch gefunden, kennt man die Identität der Skelette nicht, das heißt, in gewisser Weise gibt es keine Opfer, zumindest keine bekannten. Und das heißt ›unsichtbar‹ werden, ein Mörder ohne Leiche. Bob wollte sich einen Privatfriedhof einrichten.«
    Annabel blickte skeptisch drein. Das erklärte weder die geöffneten Schädel noch die fehlenden Schienbeine. Außerdem hatte Bob die Zähne nicht entfernt, die am besten zur Identifizierung geeignet sind, und auch die DNA war bestimmbar, denn in einigen größeren Knochen waren die dafür notwendigen Zellen lange genug erhalten geblieben. Wenn Thayer Recht hatte, konnte das nur ein Teil der Antwort sein. Annabel sah Brolin an, der, seit Brett Cahill gegangen war, nichts mehr gesagt hatte.
    »Wie auch immer«, fuhr Thayer fort, »Spencer Lynch hätte den Waggon sicher nicht gefunden. Das war gar nicht so einfach.«
    »Lynch war nicht eingeführt«, stimmte Brolin zu. »Er tätowierte seinen Opfern keinen Strichcode auf den Nacken. Mit seinen Zahlen, eine Art Vorläufer des Strichcodes, imitierte er die anderen, ohne Vollmitglied der Gruppe zu sein. Offenbar war das Finden des Waggons eine Art Aufnahmeprüfung, im Erfolgsfall gehörte er dazu und bekäme einen eigenen Strichcode.«
    »Sollten wir diese Spur nicht weiterverfolgen? Ich meine, die Tätowierungen?«, fragte Annabel.
    Thayer winkte ab.
    »Nein, daran haben schon Lenhart und Collins gearbeitet. Bob und Shapiro tätowieren mit Material, das man sich überall besorgen kann. Sie brauchten nur ein Modell auf Durchschlagpapier, um das Original zu übertragen. Ein paar parallele Striche zu ziehen ist nicht sehr schwer.«
    Brolin war versucht, von dieser Malicia Bents zu erzählen. Doch Thayer würde ihn bestimmt fragen, wie er darauf gekommen

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