In Blut geschrieben
versucht, eine dritte Frau zu töten, die geflohen ist und dank derer wir ihn gefasst haben. Er hatte eine Reihe von Fotos in seiner Wohnung, von Männern, Frauen und Kindern, die ganz offensichtlich gequält worden waren. Wir haben allen Grund zu glauben, dass es sich um eine Gruppe von Mördern handelt, eine Art Charles-Manson-Clan, doch auch das ist nur eine Vermutung.«
»Und auf was basiert die?«, fragte Brolin.
»Tut mir Leid, das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Menschen tot sind, wir wissen es einfach nicht, allerdings …«
»Allerdings?«
Ihre Blicke begegneten sich.
»Jedes Foto ist mit einem Datum versehen. Wir konnten gewisse Personen auf den Abzügen identifizieren, und bei zweien von ihnen liegen jeweils drei und sieben Wochen zwischen dem Zeitpunkt ihres Verschwindens und dem auf dem Foto.«
»Dann wären sie also solange gefangen gehalten worden?«
»Auch hier sind wir überhaupt nicht sicher. Die Ermittlungen stehen erst am Beginn; es gab viele Dokumente in der Wohnung von Lynch, die zunächst einmal geordnet werden müssen. Vier Detectives arbeiten gleichzeitig an der Sache. Wie sind Sie übrigens gerade auf mich gekommen?«
»Ihr Name war der Einzige, der bei der Pressekonferenz erwähnt wurde. Als ich vorhin hier ankam, haben mir Ihre Kollegen gesagt, ich würde Sie in der Bar gegenüber antreffen.«
Sie schnalzte mit den Fingern, als läge die Antwort auf der Hand.
»Was können Sie mir über die Opfer von Spencer Lynch sagen?«, fragte er und richtete den Blick auf das Foto des Mörders.
»Die Autopsie wurde gestern Nachmittag vorgenommen. Sie wurden beide ertränkt. Er hat sie zunächst skalpiert, dann gefesselt und anschließend in der Badewanne ertränkt. Das jedenfalls lassen die Untersuchungen vermuten.«
»Er hat sie skalpiert?«
»Ja, wir verfolgen da eine Spur. Er scheint aus ihren Haaren Perücken hergestellt zu haben, die er zu horrenden Preisen an einen Spezialisten verkaufte. Dieser Mann wurde verhört, aber er scheint nicht viel zu wissen.«
Sie blätterte in ihrem Notizbuch und fuhr fort: »Er heißt Walter Sudmak, er hat Lynch keine Fragen gestellt und jedes Mal bar bezahlt. Sudmak hat Kunden, die bereit sind, ein Vermögen zu bezahlen, damit ihre Perücken möglichst natürlich erscheinen.«
»Das Mordmotiv soll ausschließlich Habgier sein?«, wunderte sich Brolin.
»Nicht ganz. Ich fürchte, die Haare sollten ›nur‹ zusätzlich Geld einbringen. Alle Mädchen haben schwere Verletzungen im Vaginalbereich; dieser Irre vergewaltigte sie mehrfach, bevor er sie umbrachte. Die dritte, diejenige, die überlebt hat, findet langsam die Sprache wieder. Sie erzählte uns, was sie durchgemacht hat, das ist wirklich nicht schön anzuhören.«
»Wenn ich Sie richtig verstanden habe, glauben Sie, dass Spencer Lynch zwei Morde begangen hat, dass aber die Personen auf den Fotos nicht direkt etwas mit ihm zu tun haben, will heißen, dass es Komplizen oder ähnliches gibt? Rachel Faulet könnte also in den Händen eines anderen Verrückten und vielleicht noch am Leben sein?«
»Wie gesagt, ich weiß es nicht. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Bisher deutet vieles daraufhin, dass Spencer Lynch nur eine Figur unter anderen ist. Was Rachel betrifft, ist alles möglich. Ich wiederhole, es liegen mehrere Wochen zwischen dem Zeitpunkt der Entführung und dem Datum auf dem Foto. Wir müssen unheimlich viele Daten auswerten, und unser Schwerpunkt ist im Moment die Identifizierung all dieser Personen. Die Untersuchung wurde erst vor zwei Tagen eingeleitet, und ich fürchte, wir brauchen mehr Informationen, um irgendwelche Schlüsse zu ziehen.«
Brolin ließ erkennen, dass er verstanden hatte. Mit der Spitze seines Kugelschreibers deutete er auf Annabels Schreibtisch.
»Es ist wohl nicht zufällig möglich, dass ich eine Kopie von den Autopsieberichten bekomme?«, fragte er.
Annabel musterte ihn verblüfft. Dann erhob sie sich.
»Warten Sie hier.«
Fünf Minuten später kam sie zurück und hielt ihm mehrere Fotokopien hin.
»Autopsieberichte, Foto von Spencer Lynch und alles, was wir bislang über die beiden Opfer wissen.«
Sie hatte die Dokumente noch in der Hand, als sie hinzufügte: »Ich vertraue Ihnen, weil ich weiß, wer Sie sind und was Sie erreicht haben. Aber wenn Sie hinter meinem Rücken etwas von diesen Informationen preisgeben, können Sie was erleben.«
Damit ließ sie die Kopien los und überreichte ihm ihre
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