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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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werfen und sie vollzutanken, ehe er damit herfuhr.
    Doch aus irgendeinem Grund brachte er es offensichtlich nicht über sich zu gehen. Zum ersten Mal, seit sie einander begegnet waren, sah sie friedlich aus, und er wünschte, er bekäme die Gelegenheit, sie bei Tageslicht, nüchtern und nicht mit diesem verlorenen Gesichtsausdruck zu sehen. Aber so weit würde es wohl kaum kommen, dachte er und verspürte zu seiner Überraschung einen Anflug von Enttäuschung.
    An der Tür hielt er inne, um einen letzten Blick auf sie zu werfen, ehe er nach draußen trat, die Tür hinter sich zuzog und überprüfte, ob sie auch geschlossen war.
    Über dem Parkplatz hing so dichter Nebel, dass er kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Er ging zu seinem Laster und schaltete das Gebläse an, bis die Windschutzscheibe klar war. Dann saß er schuldbewusst da, als hätte er sich nach einem One-Night-Stand davongestohlen. Er wünschte fast, er hätte wenigstens etwas getan, was seine Gewissensbisse rechtfertigte.

9
    Wie an jedem Morgen erwachte Doris vor Sonnenaufgang. Sie lag im Halbdunkel da, leicht schwitzend unter dem baumwollenen Laken, das nach all den Jahren bereits fadenscheinig war, während in der Ferne leise das Meer rauschte, als halte man sich eine Muschel ans Ohr. Doch weder Laken noch Meeresrauschen boten Schutz vor der Last, die jeden Tag wiederkehrte, sobald sie aus den segensreichen Tiefen des Schlafs erwachte, vor dem Druck, der in ihrem Innern anschwoll wie ein Ballon, der im nächsten Moment zu platzen drohte. Diese Empfindung zu ignorieren führte lediglich dazu, dass sie sich nur umso beharrlicher einnistete, statt von allein wieder zu verschwinden. Wenn sie sich diesem Zustand für fünf Minuten hingab, könnte sie aufstehen und den Tag beginnen. Also wartete sie, innerlich vollkommen leer, auf das vertraute Gefühl von Trauer. Schon lange hatte sie den Punkt überschritten, an dem sie irgendwelche Erinnerungen heraufbeschworen hatte, um die Prozedur zu beschleunigen, alles daranzusetzen, damit es schneller vorüberging, so als verlagere man bewusst sein Körpergewicht auf das Bein, das eingeschlafen ist, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen. All diese Erinnerungen waren verpackt und auf dem Dachboden verstaut, und was am schwersten wog, war die Schachtel, in die sie sie gelegt hatte, das Wissen, dass sie da war, immer dort bleiben würde und sich niemals etwas daran ändern würde. Sie befand sich in einer dunklen Ecke ihres Bewusstseins und wartete. Doris wusste nicht, was passieren würde, wenn sie diese Schachtel öffnete, und es hing viel zu viel davon ab, als dass sie dieses Risiko eingehen würde. Erstens waren da
Annie Laurie und Hector und auch die anderen Jungen, die trotz ihrer Ehefrauen immer noch von Zeit zu Zeit eine Mutter brauchten.
    Also, dachte sie und atmete zum ersten Mal tief durch an diesem Tag. Der Schmerz ließ nach, zog sich weit genug zurück, um ihre Gedanken auf ihre Enkelin und ihren Sohn richten zu können. Sie zog die Arme unter dem Laken hervor, strich mit den Händen über ihren Bauch, legte sie an die Seiten. Mittlerweile war es heller im Zimmer geworden. Die Sonne drang durch einen Schlitz zwischen der Jalousie und dem Fensterrahmen und fing sich in einer Ecke des Spiegels an der Schranktür. Der schwere Eichenschrank, der dazu passende Sekretär, das Bett und der Nachttisch gehörten May, aber alles andere im Zimmer - die Laken, die Vorhänge, der Flickenteppich, die Fingerhutsammlung in der Pinienholzkassette, der Tischläufer, den ihre Mutter selbst gestickt hatte, die Familienbibel - hatte sie aus Ocracoke mitgebracht. Während ihres ersten Jahres hier war May beleidigt gewesen, weil Doris ihre eigene Bettwäsche benutzt hatte. Sie hatte es als Affront gegen ihre Qualitäten als Hausfrau aufgefasst und gemeint, sie bleiche ihre Laken und Handtücher bei jeder Wäsche und falls Doris irgendwelche Bakterien oder sonst etwas in ihrem Haus vermute, solle sie sie ihr erst einmal zeigen.
    Doris lächelte. Diese May, es war einiges nötig, um sie auf die Palme zu bringen, aber wenn man es einmal geschafft hatte, sollte man sich lieber vorsehen. Diese Frau war ein Zyklon in Menschengestalt. Doris hatte einen geschlagenen halben Tag gebraucht, um sie so weit zu beruhigen, dass sie sich Doris’ Erklärung angehört hatte. Sie selbst und Annie Laurie hätten nur gern ein paar Dinge um sich, die sie an zu Hause erinnerten, hatte sie gesagt, und sie hätten diese alten Laken,

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