Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In deinem Schatten

In deinem Schatten

Titel: In deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Hambly
Vom Netzwerk:
nach versteckten Pillen abgesucht hatte.
Was für eine Art von Liebe ist das, wenn du mir nicht vertraust?
, hatte er sie ständig gefragt, wobei er viel langsamer als sonst und in diesem weinerlichen Ton sprach, den sie nur allzu gut kannte und mit der Zeit hassen gelernt hatte.
Warum kannst du mir nicht vertrauen?
    Diana hatte eben aufgelegt, als ein korpulenter junger Mann mit fettigem Haar und teigigem Teint hereinkam und nach einem Buch über okkulte Mineralogie fragte. “Allein die Tatsache, dass der äußere Steinkreis in Stonehenge aus vulkanischem Diorit besteht,
beweist
, dass die Steine durch Levitation in ihre Position gekommen sind. Es ist ja auch viel einfacher, Eruptivgestein zum Schweben zu bringen als Sedimentgestein oder Steine, die sich aus einem Gemisch aus …”
    Kein Wunder, dass Phil sie gestern so skeptisch angesehen hatte.
    “Ich bin davon überzeugt, dass wir da drüben etwas haben, was Sie interessieren dürfte.” Diana zeigte dem jungen Wahrheitssucher die Regale mit den alphabetisch geordneten Werken der Rubrik “Verlorenes Wissen – Reise”. Dann wandte sie sich wieder Maddie zu. “Entschuldige.”
    “Kein Problem. Es war sehr lehrreich. Jetzt weiß ich immerhin bestens über die Methoden der, äh, monolithischen Bauweise der Antike Bescheid.” Maddie wickelte sich ihren Schal wieder um den Hals, um den sie – wie immer, wenn sie Bauchtanz unterrichtete – die blauen und silberfarbenen pakistanischen Halsketten mit den eigenwillig geformten Berber-Kreuzen trug, von denen es hieß, dass sie einen “in den vier Ecken der Welt” beschützten. Obwohl Maddie nicht an magische Amulette glaubte, trug sie sie trotzdem gern. In New York konnte man jede nur erdenkliche Hilfe gut gebrauchen.
    “Was Tessa betrifft, hast du übrigens recht. In den Köpfen der Menschen gibt es schon so viele Dämonen, dass man sich keine zusätzlichen auszudenken braucht, die aus den Wänden alter Häuser kommen. Aber wenn du bei Gelegenheit noch einmal wegen des Glendower Building recherchierst, würde es mich sehr interessieren, was du herausfindest.”
    “Wenn ich etwas finde, schicke ich dir heute Abend eine E-Mail”, versprach Diana. Sie nahm Maddie zum Abschied an den Händen, und betrachtete eine Weile prüfend ihr Gesicht. “Gibt es noch irgendetwas, wofür du einen Rat von mir möchtest?”, erkundigte sie sich.
    Maddie zögerte. Sie dachte an den einstürzenden Turm und den ernst dreinschauenden König der Pentakel, der über Kreuz mit dem grinsenden Teufel lag, an dessen Thron winzige Sklaven gekettet waren. “Hast du Zeit, mir die Karten zu legen?”
    “Er ist Steinbock und Musiker”, sagte Maddie, während sie sich einen der mit Schnitzereien verzierten Stühle holte, die neben dem Tisch im vorderen Bereich des Ladens standen. Einige Kartenleserinnen konnten nur im ruhigen Ambiente von Dianas Hinterzimmer und bei Kerzenlicht arbeiten. Diana hingegen benutzte die Tarotkarten schon so lange als Hilfsmittel zur Visualisierung ihrer Denkprozesse, dass sie überall und mühelos in Halbtrance fallen konnte.
    Der junge Mann, der das Rätsel der Welt durch Vulkangestein zu ergründen gedachte, saß immer noch auf dem Boden vor dem Regal “Verlorenes Wissen” und war völlig versunken in ein Buch namens “Versteckte Geheimnisse der verschollenen Bibliothek”. Llyr und Mr. Gaunt, die beiden Katzen, die zum Laden gehörten, dösten vor dem Heizkörper vor sich hin. Vom Washington Square war das übliche Hupkonzert der Taxis und das Heulen der Polizeisirenen zu hören, doch im Laden selbst war es ruhig.
    Diana nahm mit ihren großen, geschickten Händen eine Karte vom Tarot-Deck und reichte Maddie den Rest des Stoßes. “Die Neun der Pentakel?”, fragte Maddie erstaunt. “Aber Phil …”
    “Ich weiß überhaupt nichts über Phil”, antwortete Diana gelassen. “Und du offenbar auch nicht. Sonst hättest du mich ja nicht gebeten, dir für ihn und – wie ich annehme – für deine Gefühle über ihn die Karten zu legen …”
    Maddie nickte.
    “Du kannst durch die Karten nichts über ihn erfahren. Aber du kannst etwas über
dich
erfahren. Es geht darum, wie
er
in
dein
Leben passt, nicht umgekehrt.”
    Maddie mischte die Karten, atmete dabei tief ein und aus, wie Diana es ihr beigebracht hatte, und ließ sich in leichte Trance fallen. In diesem Zustand gelang es ihr besser, als Kanal für die Energien des Universums zu fungieren. Als sie vor sieben Jahren das erste Mal nach New York

Weitere Kostenlose Bücher