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In deinen Augen

In deinen Augen

Titel: In deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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einigermaßen unangenehm werden könnte, wenn jemandem auffiel, dass er mit einem unsicher dreinblickenden Mädchen auf einem Parkplatz stand. Er sagte: »Ich weiß jetzt nicht so richtig, wie ich diese Anschuldigung widerlegen soll.«
    »Rachel, ich bin nicht mit Drogen vollgepumpt«, fiel ich ein. »Und jetzt steig endlich ins Auto.«
    Stirnrunzelnd sah Rachel mich an, dann wieder Sam. »Nicht, bis du mir erklärt hast, warum du dich weiter verstecken willst.«
    »Das ist eine ziemlich lange Geschichte.«
    Rachel verschränkte die Arme. »Dann gib mir eine Zusammenfassung.«
    »Aber es wäre wirklich, wirklich besser, wenn ich es dir in Ruhe erklären könnte.«
    Rachel rührte sich nicht vom Fleck. »Zusammenfassung. «
    Ich seufzte. »Rachel, ich verwandle mich immer mal wieder in einen Wolf. Und jetzt nicht ausflippen.«
    Sie wartete darauf, dass ich weiterredete, dass ich dem Ganzen einen Sinn verlieh. Aber so einfach war das nicht, besonders nicht, wenn ich die Geschichte zusammenfassen sollte.
    »Warum sollte ich ausflippen?«, fragte Rachel. »Nur weil du irre geworden bist und kompletten Schwachsinn erzählst? Klar verwandelst du dich in einen Wolf, ich verwandle mich ja auch in ein Zebra. Hier, guck, die Streifen da sind noch vom letzten Mal übrig.«
    »Rachel«, sagte Sam sanft. »Ich verspreche dir, dass es wesentlich mehr Sinn ergibt, wenn du erst die Hintergründe hörst. Wenn du Grace nur eine Chance gibst – irgendwo, wo ihr unter euch seid –, dann ist es vielleicht immer noch seltsam, aber nicht mehr ganz so verrückt.«
    Völlig außer sich blickte Rachel ihn an, dann wieder mich. »Tut mir leid, Grace. Aber ich finde es einfach keine so gute Idee, mich zu ihm ins Auto zu setzen und in seine Räuberhöhle fahren zu lassen.« Sie streckte Sam die Hand entgegen, der darauf starrte, als wäre sie eine Waffe. Dann wackelte sie mit den Fingern und fügte hinzu: »Ich fahre.«
    »Du willst … fahren? Zu mir nach Hause?«, vergewisserte sich Sam.
    Rachel nickte.
    Sam wirkte ein wenig überrumpelt, dennoch schaffte er es, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. »Aber wo liegt denn da der Unterschied, ob ich fahre oder du?«
    »Weiß ich auch nicht! Ich würde mich eben besser fühlen.« Sie hatte die Hand noch immer nach dem Schlüssel ausgestreckt. »Im Fernsehen fährt sich zumindest niemand selbst ins Verderben.«
    Sam sah mich an. Grace, hilf mir! ,schien sein Gesichtsausdruck zu schreien.
    »Rachel«, sagte ich streng, »hast du überhaupt eine Ahnung, wie man mit Gangschaltung fährt?«
    »Nein«, gab Rachel zu. »Aber ich lerne schnell.«
    Ich bedachte sie mit einem unnachgiebigen Blick. »Rachel.«
    »Grace, du musst ja wohl zugeben, dass das alles ziemlich seltsam ist. Los, sag es. Du verschwindest aus dem Krankenhaus und Olivia ist – und jetzt taucht Sam hier plötzlich mit dir auf und, na ja, die halluzinogenen Pilze kommen mir immer wahrscheinlicher vor, besonders wenn du hier was von Wölfen faselst. Als Nächstes kommt wahrscheinlich noch Isabel Culpeper und erzählt, dass wir alle gleich von Außerirdischen entführt werden, und eins sag ich dir, das könnte ich in meinem labilen emotionalen Zustand wirklich nicht ertragen. Ich finde –«
    Ich seufzte. »Rachel.«
    »Na schön« , fauchte sie. Sie warf ihren Rucksack auf den Rücksitz und stieg ein.
    Als wir zu Becks Haus fuhren, Sam hinter dem Steuer, ich neben ihm und Rachel auf dem Rücksitz, überkam mich plötzlich ein unerklärliches Heimweh. Der Gedanke an mein verlorenes Leben machte mich ganz krank. Ich konnte gar nicht sagen, was genau ich so schrecklich vermisste – mit Sicherheit nicht meine Eltern, dafür waren sie gar nicht oft genug zu Hause gewesen –, bis mir klar wurde, dass es der grauenhaft süße Erdbeergeruch von Rachels Shampoo war, der dieses Gefühl in mir ausgelöst hatte. Das war es, was mir fehlte. Die Nachmittage und Abende mit Rachel, an denen wir uns in ihrem Zimmer verschanzten oder bei mir zu Hause das Kommando über die Küche übernahmen oder Olivia auf einer ihrer Fotoexpeditionen begleiteten. Ich hatte kein Heimweh, denn dazu hätte ich ein Heim haben müssen, das ich vermissen konnte. Ich hatte Menschenweh. Lebensweh.
    Ich drehte mich nach hinten und streckte die Hand nach Rachel aus, aber meine Finger waren nicht lang genug, um sie zu berühren. Sie sagte nichts, aber sie nahm meine Hand und drückte sie fest. So blieben wir den Rest der Fahrt über sitzen, ich halb nach hinten verdreht und sie

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