In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)
Ich weiß noch, dass ich die Türen abgeschlossen habe, bevor ich ins Bett bin. Und dann weiß ich nur, dass ich plötzlich keine Luft mehr bekommen habe. Jemand war auf mir drauf und hat mich runtergedrückt.«
Sie drückte Anyas Finger fester.
»Er hat mir wehgetan. Ich hatte solche Angst, dass ich mich nicht rührte. Ich habe ihm gesagt, dass ich mich für die Ehe aufspare.« Sie blinzelte einige Male, und eine einzelne Träne rann über ihre tiefrote Wange.
»Er hat mich vergewaltigt«, brachte sie schließlich hervor, »und hat behauptet, es ist zu meinem eigenen Besten. Wenn ich keinen Schmerz spüre, spüre ich keine Liebe, hat er gesagt.«
48
Mit Emilys Einverständnis rief Anya nach der Untersuchung Meira Sorrenti an. Weniger als eine halbe Stunde später war sie zusammen mit Hayden Richards da.
Sie beschlossen, Emily im selben Zimmer zu befragen, in dem die junge Frau sich für das Kommende gewappnet hatte, und setzten sich dort hin.
Anya nutzte die Gelegenheit, die beiden Ermittler, solange Emily noch duschte und mit Mary sprach, kurz einzuweisen.
»Hier tauchen sämtliche typischen Merkmale wieder auf. Derselbe vaginale Riss, derselbe Spruch und der Messerabdruck am Schlüsselbein. Sie ist eher klein und zierlich, deshalb ist der Abdruck nicht durchgängig. Aber es sieht ganz so aus, als wäre dieselbe Waffe verwendet worden.«
»Haben Sie ein Foto gemacht?« Sofort biss Meira sich auf die Lippe.
»Diesmal nicht, nein.« Solange das Risiko bestand, dass Bilder weitergegeben wurden, weigerte Anya sich strikt, irgendwelche Verletzungen zu fotografieren. »Ich habe den Abdruck vermessen und eine schematische Zeichnung angefertigt.«
Hayden war überraschend still und überließ Sorrenti die Initiative.
»Lerner, das Schwein«, sagte Sorrenti und wippte auf den Zehen.
Hayden ergänzte: »Das Überwachungsteam hat ihn erst heute Morgen aufgespürt. Als hätte er’s gewusst. Platt und seine Frau schwören zwar, sie hätten ihm nichts gesagt, aber er ist mit Sicherheit schlau genug, sich zusammenzureimen, weshalb du bei ihr daheim herumgeschnüffelt hast.«
Meira verzog das Gesicht. »Ich schätze mal, dass die Platt ihre Klappe nicht halten konnte.«
Hayden grinste. »Übrigens, wir haben die Pariser in Lerners Garage gefunden. Und es sieht ganz so aus, als hätten wir das Messer, mit dem Liz Dorman ermordet wurde. Es ist noch ziemlich neu und ist gereinigt worden, aber es waren noch Blutspuren darauf, hauptsächlich oben am Heft.«
»Was für eine Art von Messer ist es?«, wollte Anya wissen.
»Ausbeinmesser, verdammt spitze Klinge. Er ist unser Mann, kein Zweifel.«
Wie ein Kind, das man beim Naschen erwischt, steckte Meira die Hände in die Taschen. »Scheinbar hatten Sie doch Recht, was Willard angeht«, sagte sie.
»Lerner hat sich bei Lillian Willards Haus rumgetrieben. Er hat das blutige Messer im Wäschekorb verstecken und vielleicht sogar mit Geoffs T-Shirt abwischen können.«
Anya wusste, das war das Äußerste, was die Ermittlerin als eine Art von Entschuldigung auszusprechen vermochte. Es wäre sinnlos gewesen, ihr weiter böse zu sein.
»Es hat mich überrascht, dass Sie den Ungereimtheiten dennoch nachgegangen sind.«
Meira ließ ihren Pony hüpfen und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. »Ich mag naiv und ein Sturschädel sein, aber ich bin ganz sicher nicht dumm.«
»Einverstanden.« Beide Frauen lächelten.
Emily trat in den Flur, mehr Kind als Frau. Im Gegenlicht wirkte ihr Körper noch zierlicher. Anya entschuldigte sich und ließ die beiden Ermittler das Protokoll aufnehmen.
Sie dachte an Emilys Welt, die nie wieder dieselbe sein würde, und hoffte inständig, dass es gelänge, Lerner aufzuhalten, bevor er das nächste Mal jemanden verletzte oder tötete. Unwillkürlich sprach sie ein stummes Gebet, vielleicht hörte der liebe Gott ja zu.
Die Polizisten verließen den Raum. Im Flur klingelte Haydens Handy, und er bat Anya mit einem Zeichen um einen Moment Geduld. Sie trat ein paar Schritte zurück, um nicht zu lauschen.
»Mist«, sagte er und fuhr sich über den Mund. »Das war das Labor. Es ist Blut von zwei Leuten auf dem Messer. Das eine ist das von Liz Dorman, das andere aber nicht das von Lerner.«
Anya überlegte: »Dann ist er entweder nicht der Mörder …«
»Oder es gibt noch ein weiteres Opfer, das wir noch nicht gefunden haben. Ich tippe auf die Vergewaltigte, die ihre Anzeige zurückgezogen hat und seitdem nie wieder gesehen
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