In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)
bringen, aus sich herauszugehen. Sie hoffte inständig, dass der Profiler sich nicht geirrt hatte. Wenn doch, dann verspielte sie gerade ihr Leben.
Sie schraubte die Weinflasche auf. »Einschenken«, befahl er und wies mit dem Messer zu einem Glas im Abtropfgestell. Sie gingen zur Spüle, seine Hand noch immer an ihrem Haar. Sie spürte seinen heißen Atem im Genick.
»Du riechst gut.« Er atmete noch einmal ein. »Echt gut.«
An Nacken und Schultern zog sich ihr die Haut zusammen. Sie zitterte unkontrollierbar.
Er kippte den Wein hinunter und hielt ihr das Glas zum Nachfüllen hin. Die Mikrowelle summte und tauchte die leer geräumten Arbeitsplatten in ihr Licht.
Anya hatte die Messer in die Vorratskammer geräumt, damit sie außerhalb der Reichweite kleiner Fingerchen blieben. Und nun waren sie auch für sie unerreichbar. Aber selbst wenn sie an ein Messer herangekommen wäre, wahrscheinlich war er zu stark und würde das Messer gegen sie richten.
Die Mikrowelle piepste, und die Lasagne dampfte. »Hol mir’ne Gabel«, sagte er, die Kappe noch immer tief über die Augen gezogen. »Ich ess gleich hier. Du darfst mich füttern.«
So wie er die Reste in sich hineinschlang, hatte er schon geraume Zeit nichts mehr gegessen. Er hatte die Hände noch immer um ihre Haare geschlungen, und so saß Anya in der Falle und hatte im Augenblick nicht die geringste Fluchtmöglichkeit. Sie musste warten. Von der Straße aus war das Flackern des Fernsehers nicht zu sehen. Irgendwie musste sie Martin wissen lassen, dass sie zu Hause war. Irgendwie musste sie das Licht anschalten.
Sie spürte, wie er beim Kauen ihr Gesicht betrachtete, in das sich die metallene Klinge grub.
Sie musste seine Fantasie mitspielen. Das war ihre einzige Möglichkeit zu entkommen.
»Ich habe auf dich gewartet«, sagte sie.
Er schluckte schwer und starrte ihr in die Augen. »Woher hast du gewusst, dass ich kommen würde?«
»Ich habe die anderen Mädchen gesehen. Ich wollte wissen, wie es mit dir ist.«
Er beugte sich vor und rieb sein Gesicht an ihrem. Ihre Gesichtsmuskeln zuckten vor Ekel, aber ihre Taktik hatte Erfolg. Er hatte den Griff um ihr Haar gelöst.
»Ich weiß, dass du den Frauen nicht wehtun wolltest«, flüsterte sie. »Du hast ihnen nur deine Liebe gezeigt.«
Er hob den Kopf und kniff ein Auge zu. Sie wusste immer noch nicht, woher sie ihn kannte.
Sie musste überzeugender werden. Ihr Magen wollte sich befreien, ihn von oben bis unten vollkotzen. Sie schluckte.
»Ich möchte dich näher kennen lernen, dich als Mensch.«
Nicht weinen, ermahnte sie sich. Ruhig bleiben. »Ich weiß, wie intelligent du bist und was du über die Liebe denkst.« Ihre Stimme versagte, und sie berührte mit ihren Haaren seine Stirn. »Deswegen will ich nicht, dass jetzt irgendetwas schiefgeht.« Rasend pochte ihr Puls in ihrem Hals.
»Es wird perfekt sein«, sagte er. »Was ist noch zu essen da?«
»Im Schrank ist Schokolade, wenn du magst.«
»Hol sie«, blaffte er und packte sie wieder bei den Haaren. So langsam wie möglich führte sie seinen Befehl aus.
Mit einem Stückchen Pfefferminzschokolade im Mund und einem zweiten in der Messerhand sagte er: »Zeit, dass ich bekomme, wofür ich hier bin.«
Er stand zwischen ihr und der Hintertür. Sie konnte nicht wegrennen, dazu hielt er sie zu fest. Wenn sie es schaffte, in die Hand zu beißen, in der er das Messer hielt, dann ließ er es womöglich fallen.
Bevor sie es versuchen konnte, stieß er sie ins Wohnzimmer und warf sie auf das Sofa. Als ihr Rücken auf das Polster traf, saß er bereits wieder auf ihr und klemmte ihr die Arme seitlich mit den Knien fest. Diesmal ließ er sie atmen. Sie hatte die Beine auf der Couch angewinkelt, so dass der Wollrock eng anlag und er die Hand nicht zwischen ihre Schenkel bekam. Einen Moment lang sah es so aus, als wolle er ihn aufschneiden, doch dann besann er sich.
Er atmete schneller und flacher. Er zog ihr den Pulli bis über den BH. Er ließ sich Zeit, beugte sich vor, schob den Stoff beiseite und leckte ihr die Brüste. Sie drehte den Kopf zur Seite, schluckte und bemühte sich, nicht zu weinen.
Rasch arbeitete sein Mund sich zu ihrem vor. Sie wehrte sich nicht, wenn sie auch würgen müsste, als seine Zunge sich in ihren Mund bohrte. Sie versuchte, die Hand freizuwinden, um die Lampe anzuknipsen.
Martin sollte längst hier sein. Sie musste ihm zeigen, dass sie zu Hause war.
»Ich muss dir was sagen«, stieß sie hervor. »Ich habe eine Infektion,
Weitere Kostenlose Bücher