Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)

In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)

Titel: In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Fox
Vom Netzwerk:
angeklagt. Seine Angehörigen erhielten Morddrohungen, ihre Leben waren zerstört.
    »Exakt«, nahm Mary den Faden auf. »Und jetzt nehmen Sie zum Vergleich den Fall der Frau, die von den auswärtigen Athleten überfallen wurde. Wir wissen doch alle noch, wie sie von den Medien durch den Dreck gezogen wurde, weil sie ›Gruppensex‹ gemacht hat! Wir sollen glauben, dass jede Frau sich nichts Schöneres vorstellen kann, als mit einem Haufen von Anabolikafressern ins Bett zu steigen, die es wahrscheinlich miteinander nicht auf die geistige Kapazität einer Amöbe bringen.«
    »Das ist alles nicht der springende Punkt«, ging die Staatsanwältin dazwischen. »Hier geht es nicht um gesellschaftliche Veränderungen. Es geht darum, mehr zu tun, damit Sexualstraftäter verurteilt werden. Ich möchte darüber diskutieren, wie wir mehr handfeste, unwiderlegbare Beweise sicherstellen können, die sich vor Gericht verwenden lassen. Nach diesem Debakel kürzlich, als während eines Prozesses Beweismaterial verschwand, hat sich alle Welt auf uns eingeschossen. Wir dürfen uns nicht mehr auf ein einziges Stückchen DNA verlassen. Wir brauchen mehr – viel mehr -, wenn es uns gelingen soll, die Geschworenen davon zu überzeugen, was wirklich geschehen ist. Und das liegt an Ihnen, denn Sie treffen die Opfer dann, wenn die Untersuchung mit der größten Wahrscheinlichkeit zu Ergebnissen führt.«
    Jennifer schob die Ärmel noch weiter zurück. »Vor kurzem erst konnten wir einen Prozess gewinnen, weil es einem Arzt gelungen ist, an einer Quetschung am Hals des Opfers eine Hautzelle des Täters sicherzustellen. Ich verlange, dass ab sofort von jeder Quetschung, ganz gleich, wie unwichtig sie scheinen mag, ein Abstrich genommen wird. Vielleicht haben wir ja Glück und erwischen Speichel, Hautzellen, was auch immer! Ich brauche einfach viel mehr handfeste Beweise, um zu Verurteilungen zu kommen.«
    Ein männlicher Landarzt brach sein Schweigen. »Ein sachverständiger Zeuge kann den Wahrheitsgehalt jedes Beweismittels in Frage stellen oder ins Zwielicht rücken. Seien wir doch einmal ehrlich: Was wir sammeln, trägt nur sehr wenig zu Ihrem Erfolg bei. Selbst wenn der Täter seine Brieftasche, Fingerabdrücke und Spermien am Tatort zurücklässt, steht letztlich immer noch Aussage gegen Aussage. Sie kommen um die Frage des Einverständnisses nicht herum. Wenn es zur Verhandlung kommt und kein Geständnis vorliegt, werden die Geschworenen immer eher zum Freispruch neigen. So lange es für einen Angeklagten ausreicht, berechtigte Zweifel zu erwecken, dürften die Chancen für ihn ungefähr zweihundert zu eins stehen.«
    »Wenn Sie das derart pessimistisch sehen, warum machen Sie den Job überhaupt?«, blaffte Jennifer ihn an.
    »Weil die Opfer uns brauchen. Wir arbeiten nicht für die Polizei. Wir arbeiten für die Opfer. Und deshalb werden wir in der Frage der Sicherstellung von Beweismaterial auch nie einer Meinung sein.«
    Gut gesagt, fand Anya.
    Lyndsay Gatlow legte das ursprünglich an Anya adressierte Schriftstück vor.
    »Jennifer hat diesen Brief bereits gelesen und stimmt mit mir überein, dass es sinnvoll ist, das im ganzen Bundesstaat einzuführen. Alle Ärzte hier sind mit der Kolposkopie vertraut, und mit Digitalkameras ist das Fotografieren überhaupt kein Problem und erfordert keinerlei besondere Kenntnisse.«
    »Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich Dr. Crichtons Einwände gegen das Fotografieren in keinster Weise nachvollziehen kann«, sagte der Kriminalbeamte. »Wenn ein Verbrechen geschieht, ruft man im Normalfall als Erstes die Polizei. Das Problem bei Sexualdelikten ist, dass zunächst einmal andere aktiv werden und sofort alles zunichtemachen, was an Beweisen vorhanden ist. Aus unserer Sicht würden Fotos von zerrissenen Kleidungsstücken, von Dreckspuren auf dem Opfer und von Quetschungen einen wichtigen Beitrag leisten, die Geschworenen zu überzeugen. Und es wäre uns auch recht, wenn die Opfer die Fotos zur Not selber machen. Ein wenig ist immer besser als nichts.«
    Auch wenn das ganz vernünftig klang, wusste Anya, dass diese Theorie gleich mehrere Haken hatte. Der erste war, dass weder Rechtsmediziner noch Opfer ausgebildete Fotografen waren und die Ausrüstung keine perfekten Bilder produzierte. Zum Zweiten war es ein Riesenunterschied, ob man auf ein zweidimensionales Foto blickte oder die Realität mit eigenen Augen sah. Ein Foto konnte täuschen. So wie man aus dem Foto eines Autos ja auch nicht

Weitere Kostenlose Bücher