In deinen schlimmsten Träumen: Roman (German Edition)
vorkommen mag. Wenn Sie verkrampfen oder es wehtut, dann sagen Sie es mir bitte, und ich werde sofort aufhören.« Anya kam zu ihr und betonte: »Ich will Ihnen nicht noch mehr Schmerzen bereiten.«
Melanie biss die Zähne aufeinander, und automatisch spannten die Schenkelmuskeln sich an, so dass die Blutergüsse an den Schenkelinnenseiten sichtbar wurden.
»Ach übrigens, Atmen entspannt ungemein. Wenn Sie die Luft anhalten, verkrampfen Sie am ganzen Körper.« Anya trat zu ihr heran, führte das Spekulum vorsichtig ein und öffnete es. »Ich habe die Ursache der Blutung gefunden. An der Scheidenrückwand ist ein kleiner Riss, der müsste aber in den nächsten Tagen ganz von selbst verheilen.«
»Ist das schlimm?«
Wieder spannten die Schenkelmuskeln sich an.
»Überhaupt nicht. Das heißt, dass Sie keine Verletzungen an Blase, Darm oder anderen Organen haben.« Anya machte noch ein paar Abstriche und entfernte dann das Spekulum.
Melanies Augen füllten sich mit Tränen. »Darf ich jetzt aufstehen?«
»Die Dusche gehört Ihnen. Im Schrank finden Sie etliche unauffällige, schwarze Trainingsanzüge und frische Unterwäsche. Bedienen Sie sich.« Sie warf das benutzte Spekulum in einen gelben Kübel für kontaminierten Abfall. Während Melanie sich aufsetzte, dachte Anya über die Ähnlichkeit der Verletzungen der beiden vergewaltigten Frauen nach.
»Auch wenn Sie das Gesicht des Täters nicht gesehen haben, gibt es denn irgendetwas anderes an ihm, an das Sie sich erinnern? Etwas, das er gesagt oder getan hat?«
»Von der Essenspause abgesehen? Doch, da war etwas. Beim ersten Mal hat er wohl irgendwie gemeint, dass er mir einen Gefallen tut. Ganz kurz bevor er mich vergewaltigt hat, hat er mir gesagt, wenn ich keinen Schmerz spüren würde, würde ich keine Liebe spüren. Das war irgendwie, wie wenn er mich lieben würde und der Schmerz gehöre eben dazu.«
Mit einem Schaudern wurde Anya bewusst, dass ein Serienvergewaltiger in der Gegend sein Unwesen trieb.
»Das haben Sie großartig gemacht.« Anya half ihr herunter und in das Badezimmer. »Ich lasse Sie jetzt allein, aber wenn Sie etwas brauchen, ich bin im Ruhezimmer. Sie müssen nur rufen oder den Summer in der Duschkabine drücken.«
Anya machte die Schiebetür zu und kehrte zu Mary zurück.
»Lässt du ihr ein bisschen Zeit? Ich muss noch postkoitale Empfängnisverhütung, Infektionstests und Nachbetreuung mit ihr besprechen.«
Mary war einverstanden. »Ist bei dir alles in Ordnung?«
»Ich bin nur müde. Diesmal haben wir es mit einem Serienvergewaltiger zu tun. Ich habe das dunkle Gefühl, dass wir noch mehr Opfer von ihm zu sehen bekommen.«
Aus der Dusche hörte man das rauschende Wasser, und Mary ging Gloria trösten, das zweite Opfer des Sexualverbrechens an Melanie.
15
Bevor Anya das Zentrum verließ, nahm sie sich noch einmal Louise Richardsons Akte vor. Ihr Vergewaltiger hatte denselben Satz gesagt, und die Quetschung am Schlüsselbein der Apothekerin hatte beinahe exakt dieselbe Größe. Auch bei ihr hatte der Täter ein Messer benutzt, aber Anya ging davon aus, dass die Polizei diese Details bereits kannte. Bei einem Blick ins Kontrollbuch des Probenkühlers musste sie feststellen, dass das Material entnommen, jedoch nicht an die Polizei überstellt worden war. Es war als vernichtet aufgeführt. Schnell lief Anya zu Mary Singer, die im Büroraum ihr eigenes Protokoll abfasste.
»Erinnerst du dich an Louise Richardson, die Apothekerin, die beim Krankenhaus vergewaltigt worden ist?«
»Die so gern schwanger werden wollte.« Mary hob den Kopf. »Der Mann hatte was mit Kunst zu tun, glaube ich.«
»Genau. Was ist mit ihren Proben passiert? Ich dachte, sie wollte zur Polizei gehen?«
»Ach, sie hat ein paar Tage danach angerufen und uns aufgetragen, die Beweise zu vernichten. Sie wollte nicht, dass die Polizei eingeschaltet wird.«
Mist! »Weißt du den Namen der Apotheke noch?«
»Ich glaube, es war die in der Straße hinter den Spezialkliniken.« Mary wandte sich wieder ihren Unterlagen zu.
Über das Internet suchte sich Anya die Apotheke heraus, dann rief sie dort an und verlangte nach Louise. Der Mann am anderen Apparat erklärte, Louise habe ihre Arbeitsstelle verlassen und sie werde auch nicht wiederkommen. Er bot seine Hilfe an, doch wenn Louise, wie so viele Vergewaltigte, freiwillig untergetaucht war, bestand kaum eine Chance, von ihr mehr über den Täter zu erfahren. Wenn sie der Polizei von Louise Richardson berichtete,
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