In deiner Hand
nicht.
„Freut mich“, meinte ich nur und hoffte, dass sie sich endlich aus dem Staub machte, damit ich in Ruhe den Baum anstarren konnte, den ich verunstaltet hatte. „Und wie heißt du?“, wollte sie jedoch wissen und knetete mit ihren winzigen Händen den Ball.
„Verry.“
„Das ist ein komischer Name!“
Henriette ist jetzt aber auch nicht der schönste Name der Welt!
„Bist du aus Europa?“, lenkte ich von mir ab.
„Nein!“ Die Kleine musterte mich aufmerksam.
„Was ist mit deinem Gesicht?“ Sie legte den Kopf wie ein Hund auf die Seite. Unwillkürlich fuhr ich mir mit der nassen Hand über meine geheilte Wange. „Nichts. Musst du nicht nach Hause?“
„Hmm …“ Sie knetete ihren Ball jetzt fester und fixierte mich mit zusammengepressten Lippen, so als wolle sie noch etwas sagen. Statt den Mund zu öffnen, wirbelte sie herum und rannte davon. Auf der anderen Seite des Zauns blieb sie abermals stehen, drehte sich zu mir und sah mich lange an, ehe sie endlich verschwand.
„Komisches Blag.“
Am nächsten Tag, ich war in der Nacht die Muppetshow guckend auf der Couch eingeschlafen, entschied ich mich, ein bisschen durch den Ort zu bummeln, Kieselsteinchen vor mich her zu kicken und die frische Sommerluft einzuatmen. Ich fand, dass ich den Eindruck eines stinknormalen Mädchens ganz gut aufrecht hielt. Keiner sah mich schräg von der Seite an und gab mir somit auch keinen Anlass aus der Haut zu fahren. Innerlich brütete ich jedoch darüber nach, wie ich Malik enthaupten konnte. Mir war klar, dass eine dieser Superklingen aus China kaum etwas gegen ihn ausrichten würde.
„Eine Rose für Sie, mein Kind?“, unterbrach mich eine Stimme, die genauso klang, wie Fingernägel, die man über eine Schultafel zog. Es war wie in diesem Märchen, mit den blöden Zwergen. Vor mir stand plötzlich eine bucklige Oma, mit grausigem Gebiss und so vielen Warzen, dass sie aussah wie eine Kröte auf zwei Beinen. Sie hielt mir diese blutrote Rose hin, die einen verblüffenden Duft verströmte.
Das war gar nicht aus „Snow White“! Das war die Tante aus „Beauty and the Beast!“ Die hatte dem eingebildeten Prinzen doch auch eine Rose vor die Nase gehalten, als Zahlungsmittel für ein Bett im Trockenen. Hoffentlich wollte die Oma nicht bei mir übernachten!
„Nee danke, lass ma stecken“, entfuhr es mir unüberlegt. Einen Moment lang widerstand ich der Versuchung an mir herunter zu blicken und meinen Körper auf wachsendes Fell zu untersuchen. Dann wagte ich doch einen Blick. Ich hatte mich nicht verändert. Ich nicht! Der Blick der Oma wurde ziemlich bohrend.
„Aber sie duftet so herrlich!“, meinte sie und steckte ihre abgeknickte Nase in die Blüte. Ob man sie verprügelt hatte? Vielleicht war sie auch gegen einen Laternenpfahl gerannt? Jedenfalls musste die Nase mindestens zweimal gebrochen gewesen sein. Etwas derart Krummes hatte ich wirklich noch nie gesehen.
„Nein, Danke!“ Sie atmete schnüffelnd ein und linste zu mir. Ich schüttelte den Kopf und quetschte mich an ihrer ausladenden Hüfte und einem parkenden Mercedes vorbei. Die Hintertür wurde aufgerissen und ein Ungetüm von Mensch stieg aus dem Wagen. Kreischend hechtete ich zur Seite um so viel Abstand wie möglich zwischen mich und diese Muskelmaschine zu bringen.
„Muttchen! Wat machste hier an meiner Karre, hä? Verschwind! Und nimm den Rotz da gefälligst mit!“ Er griff mit pikiertem Gesichtsausdruck nach der Papiertüte der Oma, aus der ein weiteres Dutzend Rosen herausschaute und warf sie zur Seite. „Und jetz´mach ´ne Fliege, Omma! Kusch!“ Die alte Kröte torkelte schimpfend zur Seite, klaubte ihre Rosentüte vom Boden und verschwand motzend.
„Und du?“, knirschte der Riese mit den Zähnen. Ich schrumpfte unter seinem vernichtenden Blick. Noch kleiner wurde ich, als er sein hellgraues Jackett zur Seite schob und mir den Blick auf eine gigantische Schusswaffe bot.
„Ach du heilige Scheiße“, platzte ich heraus. Der wollte ja hoffentlich nicht die Tankstelle überfallen? Oder die Bank? Oder den kleinen Kiosk hinter mir?
„An meine Geldbörse kommste nich´ ´ran, Kurze. Also glotz nich´ so und mach den Weg frei!“
Davon mal abgesehen, dass ich seinen gewaltigen Tretern überhaupt nicht im Weg war, pisste mich der Typ langsam ziemlich an. Ich hatte ihm gar nichts getan.
„Dein Arsch is´ an meiner Karre langerutscht! Hab´s genau geseh´n! Zieh endlich Leine, sonst verklag ich dich!“
Was für ein Vollidiot! „Du hast
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