In deiner Hand
mein Gesicht. Der Glatzkopf hielt ihn zurück, indem er ihm die Hand auf den Lauf der Waffe legte. „Weißt du, was der Herr mit dir machen würde, wenn er das hier sähe?“
„Er wäre ebenso stolz auf mich, wie Ihr es sein solltet“, knurrte der Langhaarige. Der Glatzkopf schnaubte abfällig.
„Fragt ihn doch selbst!“, fuhr der Langhaarige ihn verärgert an. „Er liegt oben!“
Die Stimmung schwang so schnell um, dass ich davon überzeugt war, mitten in einem schrecklichen Traum festzusitzen.
„Er ist hier?“, hörte ich den Glatzkopf alarmiert ausrufen.
„Sie kamen zusammen!“, brachte der Langhaarige gerade noch hervor, ehe er ohne Vorwarnung die Augen verdrehte und alle Viere von sich gestreckt auf dem Boden aufschlug.
„Fort mit ihm! Wir kümmern uns später darum!“, schnauzte der Glatzkopf barsch, wirbelte herum und stürzte, alle anderen Jäger im Schlepptau, über eine breite Treppe in den ersten Stock. Sie ließen mich ganz allein zurück. Es dauerte viel zu lange, bis ich Begriff, was gleich geschehen würde.
„Sie werden ihn töten“, flüsterte ich und sammelte meine restlichen Kräfte, um ihnen nachzugehen. Ihre schweren Schritte donnerten über meinem Kopf einen anderen Flur entlang.
Meine Rettungsaktion wurde nicht nur durch die immense Anzahl an Jägern getrübt, mein Körper fühlte sich auch zusehends schwächer an und es kostete mich unendlich viel Kraft, die Treppenstufen zu erklimmen. Mit zitternden, schweißnassen Händen klammerte ich mich an das glattpolierte Geländer und zog mich mehr schlecht als recht Stufe für Stufe hoch.
Kein Schuss fiel, kein triumphales Jubeln drang an meine Ohren. Ein gutes Zeichen? Oben angekommen gaben meine Knie nach und ich kroch weiter.
„Lasst ihn in Ruhe!“, rief ich verzweifelt und wünschte, die Kraft, die mein Herz so wild zum Schlagen brachte, würde sich in meine Gliedmaßen stehlen und mir helfen, Brian vor diesen Berserkern zu retten. „Fasst ihn nicht an!“, flüsterte ich und hielt inne, um wieder zu Atem zu kommen. „Bitte, fasst ihn nicht an!“
Jemand tauchte vor mir auf. Ich starrte die schweren, schwarzen Stiefel an und rührte mich nicht. Die Person ging in die Knie und griff nach meinem Kinn. Der lange dürre Kerl musterte mich ruhig.
„Erstaunlich“, meinte er leise. „Du willst es wirklich ganz allein mit uns aufnehmen?“
„Ich mach euch alle fertig!“
Er sah mich zweifelnd an. „Du stellst im Augenblick keine große Gefahr für uns dar.“
„Wenn du dich mal nicht täuschst“, keuchte ich.
Der Jäger zog eines seiner großen Messer aus dem Gürtel und legte es direkt vor mir auf den Boden. „Überrasch mich.“
Plötzlich kam ich mir total lächerlich vor, wie ich da saß und kaum Kraft fand, mich auf allen Vieren zu halten. Jäh schoss ein heftiger Schmerz durch meinen Unterschenkel. Ich fiel auf die Seite, zog das Bein an und umklammerte die Bisswunde. Blut quoll in dicken Rinnsalen daraus hervor.
„Was hast du da? ... Fuck!“ Der Jäger sprang auf, rannte los und kam kurz darauf mit einem Kollegen wieder.
„Scheiße!“, meinte der nur, nachdem er die Wunde kurz aus sicherer Entfernung beäugte und spähte stirnrunzelnd den langen Flur entlang.
Irgendwo hinter diesen Türen versteckten sie Brian. Die Angst um ihn drängte das lähmende Gefühl in meinem Bein in den Hintergrund. Während die Jäger nur ratlos auf mein Blut starrten, rappelte ich mich auf und humpelte zwei Schritte weiter. Sie hielten mich nicht zurück, weit würde ich ja sowieso nicht kommen. Mein Herz stolperte und ich schnappte nach Luft. Mit jedem Schritt schien ich mehr Blut zu verlieren.
„JARED!“, brüllte einer der beiden laut. Laut und ein kleinwenig panisch. Man könnte glatt meinen, die Jäger seien den Umgang mit anderen Menschen nicht gewöhnt. Geschweige denn mit blutenden Mädchen wie mir. Die Situation überforderte sie scheinbar völlig.
So bullig ihre massigen Muskeln wirkten, so vertrottelt starrten sie an mir runter. Die vierte oder fünfte Tür im Flur vor mir öffnete sich und der Glatzkopf mit dem Triefauge stapfte mit mahlenden Kiefern auf uns zu. „WAS IST?“, schnauzte er schon von weitem.
Ich suchte seinen Körper nach Blutspuren ab, fand aber keine. Was mich nicht beruhigte. Es gab ganz bestimmt auch weniger blutige Methoden einen verwundeten, geschwächten Vampir den Hals umzudrehen. Immerhin verfügten sie über genug Adamanit. Der Glatzkopf baute sich mit einem unzufriedenen Blick vor mir auf und
Weitere Kostenlose Bücher