In deiner Hand
meinen rechten Arm so, dass möglichst lange möglichst viel Blut in Brians Rachen lief. Wenngleich ich mir auch nicht sicher war, dass mein Blut nicht irgendwo unterhalb wieder heraussickern und von der Bettdecke aufgesaugt werden würde. Hoffentlich verlor ich nicht zu früh das Bewusstsein. So absurd es auch war, ich wollte wenigstens ein wenig von dem Zauber sehen, der Brian zurückholen sollte. Lange dauerte es nicht, bis sich bleierne Müdigkeit in meine Knochen schlich und ich ein zusätzliches Kissen stützend unter meinen Arm schob, damit er nicht von Brians Mund rutschte. Immer öfter fielen mir die Augen zu, immer ruhiger wurde der Schlag meines Herzen. Ich spürte keine Schmerzen, keine Angst vor dem Kommenden. Mein Kopf sackte nach einem letzten verschwommenen Blick in Brians Gesicht zu Seite.
„Da!“,
rief es hauchzart in meinem Hinterkopf,
„Hast du das rötliche Schimmern seiner Haut gesehen?“
Ich versank in absoluter Schwärze. Für einen Moment schwebte ich noch, umgeben von einem Gefühl tiefer Zufriedenheit, die zuerst Schmetterlingsflügeln gleich über meine Haut strich, sich darauf niederließ und dann Schlag für Schlag in mein Innerstes vordrang. Es fühlte sich unglaublich an. Hätte ich geahnt, dass der Tod gar nicht so übel war, hätte ich viel früher die Angst davor verloren.
Das einzige, das mich in meiner Ruhe störte, war das Aufblitzen verschiedener Erinnerungen meines Lebens. Gesichter von Personen tauchten vor mir auf, denen ich schon gar keine Namen mehr zuordnen konnte. Ich sah unzählige Bilder von Gebäuden, Städte, spürte so viele verschiedene Emotionen, die ich nicht einordnen konnte. Und jedes Mal stach ein Bild, eine Emotion besonders hervor. Je länger diese nervtötende Prozedur andauerte, desto schärfer wurde das Bild, intensivierte sich dieses Gefühl. Zuerst begann es mit einem Kribbeln in meiner Bauchgegend, das hinauf stieg in meine Brust und überraschend heftig in meine Fingerspitzen und den Zehen zu kitzeln begann. Es fühlte sich gut an, sehr gut sogar und ich verlor mich im Betrachten des hübschen Gesichtes. Der Name, der fiel mir nur einfach nicht mehr ein. Irgendwann verblasste das Gesicht des dunkelhaarigen Mannes mit den schokoladenbraunen Augen und dieses himmlische Kribbeln ließ nach.
Ein heftiger Windstoß drückte von unten gegen meinen Körper, schob sich wie eine dickhäutige Schlange an meinen Seiten vorbei und stieß von oben auf mich nieder. Mein Körper stürzte in die Tiefe, während mein Geist sich nicht vom Fleck rührte. Winzige, silbrige Drähte verbanden beides miteinander, blitzen kurz auf. Das Gewicht meines Körpers wurde zu schwer. Die Drähte rissen, knallten Peitschenschlägen gleich zurück, zerschnitten meinen Geist, rissen ihn fast in Fetzen, während mein Körper immer weiter fiel. Ich verlor die Verbindung. Zwar spürte ich ihn wild umhertrudeln, doch bekam ich ihn nicht mehr zu fassen. Die Angst, allein zu sein, wurde so übermächtig, dass ich, gegen die schmerzhaften Hiebe ankämpfend zu fallen versuchte. Loslassen musste ich! Ihm nach! Meinem Körper hinterher! Ich wollte nicht hüllenlos ins Reich der Toten eintreten!
Doch ich rührte mich nicht. Unterdessen sank meine Hülle immer tiefer, immer weiter von mir fort. Ließ mich zurück. Gerade als die Verzweiflung mich aufzulösen gedachte, bekam ich keine Luft mehr. Was, aufgrund des Fehlens meiner Lungen, eigentlich absoluter Schwachsinn war. Dennoch spürte ich diese nasse Kälte um mich herum. Sie war überall. Kalt und drückend, noch sehr viel schlimmer als der Wind.
Wasser! Es drang in meinen Mund, meine Nasenlöcher und drückte brutal auf meine Ohren und Augen. Eiskalt und unberechenbar. Mein Körper erstickte, ertrank und stürzte immer weiter in die Tiefe. Ich wollte schreien, wollte atmen. Gott, ich wollte leben!
Und wieder waren es diese schrecklichen silbernen Drähte, die meinen Geist von meinem Körper schnitten, nur um sie kurz darauf wieder verschmelzen zu lassen. Der Aufprall war die Hölle. Ich spürte jeden meiner Knochen brechen, meine Organe explodieren. Der Gestank von Blut erhob sich in die Finsternis, vermischte sich mit der Umgebung. Ein Beben dröhnte, brachte alles, was meinen Geist und meinen Körper verband, zum Zittern. Ich schmeckte mein eigenes Blut und schmeckte es doch nicht. Ich roch den Duft warmer Körper, bildete es mir doch nur ein. Stimmen, hohe, kreischende Stimmen. Der Boden brach unter mir auf. Hitze schlug mir entgegen,
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