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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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streichelte mir über den Kopf. Auf sie warten sollte ich! Dieses Versprechen hatte sie mir unter heftigen Schluchzern abgerungen. Ich sollte nicht auf dumme Gedanken kommen und ihr folgen. Sie würde wiederkehren und mich holen! Alles würde gut werden! Im gleichen Moment betrat ihr Mann die Küche und knallte seine Reisetasche auf den Küchentisch.
„Ich verlasse euch!“, hatte er gesagt und sie angestarrt. Als er das Messer in ihrer Hand erblickte, hatte er nur müde den Kopf geschüttelt, mich angesehen.
„Du bringst deine Mutter noch irgendwann ins Grab!“, murmelte er. Diese Worte waren es, die mein Leben prägten. Mums Mann verschwand damals mit Sack und Pack aus unserem Haus, das er uns, aus mir unbekannten Gründen, einfach überlassen hatte. All unsere Probleme lösten sich in Luft auf. Mum musste das Messer nicht benutzen! Doch bis heute verstand ich die Bedeutung ihrer Worte nicht. Aber ich war und bin mir sicher, dass sie an einer heftigen Psychose litt, fest in dem Glauben, wiedergeboren zu werden, wenn sie sich das Leben nahm. Gott sei Dank war es nie dazu gekommen!
„Du bringst deine Mutter noch irgendwann ins Grab“, murmelte ich, das Gesicht nass von den Tränen, die ich der Erinnerungen wegen vergossen hatte. Wie recht er hatte! Mums Leben lag jetzt in meinen Händen! Ich konnte einfach nicht zulassen, dass es zerbrach. So viel hatte sie meinetwegen verloren, so vieles nie erreicht. Doch bald bekam sie ihre Chance. Bald schon würde ich den Weg frei räumen, damit sie all ihre Träume erfüllen und glücklich werden konnte. „Bald!“

„Du bleibst daheim!“, flüsterte sie am nächsten Morgen und küsste mich auf die Stirn. Kurz schlang ich meine Arme um ihren Hals. „Ich liebe dich, Mum! Auch wenn ich ein nervtötender Teenager bin! Das weißt du doch, oder?“ Sie grinste breit.
„Der Pflaumenschnaps ist dir wohl nicht bekommen!“ Ich murmelte dumpf ins Kissen. Dafür betete ich diese Frau einfach an. Sie wusste, dass ich nicht der Typ Mädchen war, der gern über seine Gefühle sprach und wenn ich es tat, ging sie nicht weiter darauf ein, wohl wissend, dass solche emotionalen Ausbrüche rar gesät waren.
Die Sonne schien grell und aufdringlich ins Zimmer und bereitete mir Kopfschmerzen. Schnell zog ich die Bettdecke wieder über mein Gesicht. „Ich komme heute nicht zum Mittagessen nach Hause!“, rief sie noch. „Im Kühlschrank sind Reste von gestern Abend!“
Chinesisch? Nie wieder!

Sobald die Haustür ins Schloss fiel, hüpfte ich aus dem Bett. Meine Sneakers hatte ich so unter den Schreibtisch geschoben, dass Mum sie nicht entdeckte. Schlau wie ich war, hatte ich mir schon vor zwei Stunden heimlich die Zähne geputzt und mich bis auf die Schuhe komplett angezogen. Erst bevor Mum in mein Zimmer gekommen war, schlüpfte ich unter die Bettdecke und zerknautschte mein Gesicht. Ich war keine gute Schauspielerin, aber Mum schien sowieso nicht bei der Sache zu sein und bemerkte daher gar nichts. Ich spähte durch die Jalousien auf die Einfahrt runter. Mum kletterte gerade auf den Fahrersitz. Mit einem protestierenden Geheul sprang der Motor an. Sie verzog das Gesicht und biss sich auf die Unterlippe. Heute trug sie einen modisch geschnittenen, schwarzen Anzug, der ihre schmale Figur auf eine professionelle Art betonte. Ihre Fingernägel waren blutrot lackiert und der Duft ihres Parfums hing noch immer in meiner Nase. Als spürte sie meinen Blick, hob sie den Kopf und spähte zu mir rauf. Ich duckte mich und hoffte, dass sie mich nicht gesehen hatte. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, während ich darauf wartete, dass sie endlich losfuhr. Was sie dann auch tat. Blitzschnell krallte ich meinen Rucksack. Dann raste ich die Treppenstufen hinunter wie eine durchgedrehtes Wildschwein, stürmte in die Küche und riss das erstbeste Messer aus dem Messerblock auf der Anrichte. Mit fliegenden Fingern und ohne mir einen davon abzuhacken wickelte ich fast die gesamte Rolle Küchenpapier darum und stopfte es in meinen Rucksack. Dann hetzte ich zurück in den Flur, riss meinen Hausschlüssel vom Haken und verließ das Haus. Die Tür flog so laut krachend ins Schloss, dass ich zusammenzuckte, dem aber weiter keine Beachtung schenkte. Ich hatte keine Zeit mich um nichtige Eventualitäten zu kümmern, denn wenn Haiss noch lebte würde sich Malik Mum schnappen. Was hieße, dass ich sie auf keinen Fall aus den Augen lassen durfte! Schnell sprintete ich durch die teilweise umzäunten Vorgärten

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