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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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zusammen mit den anderen. Sie warten auf uns. Wir müssen entscheiden, was zu tun ist.«
    »Jack«, rief Grant ihm nach. Seine Stimme war leise und gefährlich. Der alte Mann ging nicht langsamer, und ich rannte den Hügel hinauf. Unmittelbar bevor ich ihn erreichte blieb er stehen und sah mich angespannt und argwöhnisch an.
    »Ich will wissen, was du mit all dem zu tun hast«, sagte ich.
    »Das wirst du ganz bestimmt nicht erfahren«, antwortete Jack. »Du willst dich doch nicht für weitere Tode verantwortlich fühlen.«
    »So wie du dich verantwortlich fühlst?«, konterte ich gereizt.
»Warum hütest du deine Geheimnisse so strikt? Hast du nicht einmal deiner eigenen Tochter die Wahrheit erzählt?«
    Jack zuckte zusammen, und ich ebenso. Ich hatte nicht erwartet, dass diese Worte jemals aus meinem Mund kommen würden - sie waren so voller Gefühl, so intim. Deine Tochter. Meine Mutter. Mein Großvater.
    »Jeannie!«, stieß er heiser hervor. Er unterbrach sich kurz, um dann ruhiger weiterzusprechen. Seine Stimme drohte bei jedem Wort zu brechen. »Jeannie hat mir nichts von deiner Mutter erzählt. Ich wusste ja gar nicht, dass ich … jemanden hatte, bis Jolene mich gefunden hat, Liebes. Aber viel zu spät.«
    »Ja«, flüsterte ich. »Aber du hast mich ja jetzt.«
    Jack stand ruhig da, bis ein Zittern seinen Körper durchlief und seine Miene sich verzerrte. Es ging so schnell, dass ich es mir auch eingebildet haben konnte. Manchmal spielten einem die Schatten solche Streiche.
    Grant trat zu uns, gefolgt von Mary. Der alte Mann sah sie nicht an, sondern hatte nur Augen für mich. »Es hat mit den Bannwächtern angefangen.«
    Ich atmete langsam aus. »Was? Cribaris Orden?«
    »Mein Orden«, antwortete er und ging langsam weiter den Berg hinauf. »Früher gab es viele Bannwächter. Du kannst dir ihre Macht nicht vorstellen und weißt nicht, wie sehr sie gebraucht wurden. Der Gefängnisschleier konnte die ganze Armee der Schnitter und Raffer nicht zurückhalten. Viele Dämonen waren noch in Freiheit, und die Bannwächter jagten sie über die ganze Erde. Zahlreiche Menschen haben sie deshalb wie Götter verehrt.«
    »Zahlreiche«, wiederholte ich. »Und aus diesen zahlreichen wurden dann Männer wie Antony Cribari?«
    »Du solltest das nicht zu sehr vereinfachen«, gab Jack steif
zurück. »Die Bannwächter existierten achttausend Jahre vor den ersten Christen. Nachdem sie … Nachdem sie verschwunden waren, ist am Ende nur noch deine Blutlinie übrig geblieben, die um jeden Preis geschützt werden musste. Ich habe lediglich die bereits existierende Faszination, die Mythologie, die von deiner Existenz und den Bannwächtern geschaffen wurde, kanalisiert, um etwas zu erzeugen, das für eine Weile nützlich sein sollte.«
    Jack sah mich ernst an. »Du bist ein Nachkomme der Frauen, die die Welt erschüttert haben, Liebes, und die das Blut der menschlichen Träume infiltriert haben. Wo immer es dunkle Gottheiten und Kriegerköniginnen gibt, wirst du dich selbst finden.«
    Die Vorstellung jagte mir einen eiskalten Schauer über den Rücken. »Vater Cribaris Meinung über mich war nicht ganz so positiv.«
    »Die Zeiten haben sich geändert«, erwiderte er grimmig. »Damals brauchte ich Hilfe und habe jene um mich versammelt, denen ich vertraute. Ich gab ihnen die Aufgabe, zu beobachten und aufzuzeichnen und manchmal auch, den Frauen deiner Familie zu helfen. Diese erste Handvoll Männer und Frauen rekrutierten andere und bildeten sie aus, und schließlich wurden sie … zu einem Orden. Als sich abzeichnete, dass das Christentum eine sehr bedeutsame Rolle in der Kultur spielen würde, vermischten sie sich mit verschiedenen Traditionen, zuerst in Rom. Das war äußerst bequem. Bedauerlicherweise entstanden etwa um das 13. Jahrhundert herum gewisse … Missverständnisse. Was ich geschaffen hatte, wurde korrumpiert.«
    »Du meinst«, erwiderte ich langsam, »sie fingen an, meine Blutlinie zu fürchten.«
    »Gefürchtet haben sie sie immer«, antwortete Jack. »So wie
manche Menschen den Zorn eines Racheengels fürchten. Aber bis dahin hatten sie deine Blutlinie als eine Macht des Guten betrachtet.«
    »Was hat sich dann geändert?«
    Jack antwortete nicht sofort. Grant hatte bis jetzt geschwiegen und ergriff nun meine Hand.
    »Es muss die Inquisition gewesen sein«, sagte er leise. »Ende des 12. Jahrhunderts wurde den Dominikanermönchen die Autorität verliehen, die Häretiker auszurotten.«
    Der alte Mann sah uns nicht

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