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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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aufgetragen, etwas Nützliches mit dieser Erinnerung anzufangen.«
    »Aber ich bezweifle sehr, dass sie damit meinte, Sie sollten ihr Leben aufs Spiel setzen.«
    »Ich wurde zu einem Priester, um Gott zu dienen und ihm zu helfen, gegen die Schatten zu kämpfen. Als der … Orden mich dann rekrutierte und ich herausfand, welche Ziele sie verfolgten, dass sie Ihre Blutlinie beobachteten …« Er zuckte beiläufig mit den Schultern, doch das war im Vergleich zu der grimmigen, unnachgiebigen Unentschlossenheit in seinem
Blick nur gespielt. »Schicksal, Jägerin. Gottes unergründliche Wege.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.
    »Frank«, sagte Killy.
    Vater Lawrence sah sie an und schloss dann die Augen, als schmerzte es ihn, ihr Gesicht sehen zu müssen. »Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid, dass Sie von all dem hier verletzt wurden. Ich hätte Sie nicht in die Sache hineinziehen dürfen.«
    Sie sah ihn bestürzt an. Grant räusperte sich und warf Jack einen kurzen Blick zu. »Was ist mit dem Jungen? Wenn er ganz allein ist…«
    »Nein«, flüsterte Byron.
    »Er wäre in Sicherheit.« Jacks Blick war unergründlich, als er ihn von Vater Lawrence auf den Jungen richtete. »Niemand … Niemand kann ihn aufspüren. Dass Cribari zu jenem Obdachlosenheim gekommen ist, war kein Zufall, aber der Junge hatte sich doch selbst bereits zu einem leichten Ziel gemacht, einfach darum, weil er an einem Ort geblieben ist.«
    »Nein«, wiederholte Byron, der jetzt blass geworden war. »Nein, tut das nicht.«
    »Ich habe, was die Aufgabe betrifft, dich zu beschützen, schrecklich versagt«, erklärte ich leise. »Sieh dir nur an, in welche Gefahr du geraten bist. Es ist… verrückt. Das alles ist so verrückt.«
    Er schien vor mir zusammenzuschrumpfen, schien von seinem Mantel verschlungen zu werden, bis er nur noch wie ein Berggeist wirkte, dessen einzige Verbindung zu seiner sterblichen Seele in seinen dunklen, noch existierenden Augen lag.
    »Ich bin bei euch - sicher«, flüsterte er. »Ihr wisst nicht, wie das ist.«
    »Wenn etwas passiert…«

    Er schüttelte mit einer Wildheit den Kopf, die mich sofort verstummen ließ. Grant berührte meinen Ellbogen und warf mir einen langen, ernsten Blick zu, bei dem mir das Herz schmerzte. Ich sah wieder zu Byron hinüber. Wir hatten dieses Gespräch schon einmal geführt.
    Ich bin nicht allein. Merkwürdig ist okay.
    Jedenfalls war es besser als die Alternative. Ein so schreckliches Leben, dass Killer und Werwölfe - sowie die Ignoranz der Gesetze der Physik - das geringere Übel waren.
    Du wärst deiner Mutter eher durch die Hölle und noch weiter gefolgt, dachte ich, als allein sein zu müssen.
    Ich war nicht Byrons Mutter. Aber vielleicht verstand ich ihn.
    Zee, Rohw und Aaz beobachteten uns aus den Schatten. Ihre zusammengekniffenen Augen funkelten wie Splitter von Rubinen. Dek und Mal lagen warm auf meinen Schultern und meiner Kopfhaut und sangen leise. Ein Stück von Jimmy Durante: Make Someone Happy.
    »Also gut.« Ich streckte die Hand aus und wuschelte Byron durchs Haar. Er schloss die Augen, schwankte sacht - und da überkam es mich. Ich zog ihn in die Arme und drückte ihn fest an mich. Byron erwiderte die Umarmung nicht, lehnte sich aber schwer an mich. Unter seinem Mantel war er gertenschlank. Mein Herz brach, brannte sich bis in meine Knochen, und als sich der Schatten unter meinen Rippen plötzlich rührte, hatte ich keine Angst mehr.
    Ich blickte über Byrons Kopf zu Killy hinüber. »Du hast meine Kreditkarte. Du kannst überallhin gehen.«
    Die Frau blickte erst mich, dann Vater Lawrence an, und fuhr sich mit den Fingern durch ihr kurzes Haar, zerrte an ihrer Kopfhaut. Sie schien kurz davor zu sein, erneut ihre Fäuste fliegen zu lassen.

    »Scheiße!«, sagte sie schließlich und sah den Priester an. »Scheiß auf dich.«
    Er schien aber gar nicht beleidigt zu sein. Ein leichtes Lächeln spielte um seine spröden Lippen - und der Ausdruck seiner Augen war sowohl sanft als auch kalt prüfend. Außerdem verriet er ein gewisses Unbehagen. Er hatte die Hände fest auf seinen Bauch gepresst und zitterte ein wenig. Ob aus Nervosität oder aus einem anderen Grund, das konnte ich nicht beurteilen. Byron dagegen lag warm in meinen Armen, und Grant stand ebenso warm neben mir. Mary war ganz in der Nähe und untersuchte etwas, während sie das Steinmesser zwischen den Fingern wirbeln ließ. Jack starrte erneut in die Sterne.
    Wir alle, wir zusammen, so

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