In den Armen der Nacht
anzetteln, zahlte sie in Gold. Und wenn Boris den Diktator und die Ölgesellschaft damit erpresste, dass er sensible Informationen an Dritte weitergeben könnte, zahlten sie ihm eine Menge Gold für sein Schweigen.
Natürlich hatte Boris einen Investmentberater, und der Typ sorgte dafür, dass sein Erspartes gut angelegt war. Er wusste genau, wenn er Mist baute, würde Boris ihn mit bloßen Händen kaltmachen.
Als er die gesamte Familie Varinski endlich auf seinen Kurs eingeschworen hatte, passierte das Unglaubliche.
Einige aus der Sippe wurden krank.
Ein Varinski wurde normalerweise nicht krank.
Ein paar von den alten Knaben starben so um die achtzig.
Die Varinskis lebten meist gesund und munter bis weit über die hundert.
Einige Opfer der Varinskis schlugen zurück; Frauen, die vergewaltigt worden waren, zeigten ihre Peiniger an.
Das brachte ihnen zwar nichts, denn die Varinskis
hatten das ukrainische Rechtsprechungssystem fest in ihrer Hand, trotzdem verbuchte der Clan es als persönliche Schlappe, dass diese Flittchen so wenig Respekt vor ihnen hatten.
Yerik und Fdoror waren gefasst worden und mussten sich wegen Betruges und Mordes vor Gericht verantworten. Das war noch nie da gewesen!
Dieses Mal konnte Boris jedoch nichts machen. Er hatte alles versucht, Druck auf die Regierung ausgeübt, mit Bestechungsgeldern gearbeitet, den Behörden gedroht, er bekam sie jedoch nicht frei.
Die ganze Welt schien sich gegen ihn verschworen zu haben, um Boris das Handwerk zu legen.
»Hier hast du dein Handy, Mann.« Einer seiner Brüder, aus derselben Generation wie er, reichte ihm ein Mobiltelefon.
Boris umklammerte es mit zitternden Fingern und stellte fest, dass er unmöglich im Beisein der anderen telefonieren könnte. Seine Hüfte schmerzte höllisch. Nachher rastete er noch völlig aus. Er vermutete ohnehin, dass die anderen längst gemerkt hatten, wie es gesundheitlich um ihn stand. »Ich geh in mein Büro.«
»Schmeiß mir mal die Fernbedienung rüber, bevor du telefonieren gehst.« Vadim räkelte sich auf der Couch und grinste halb aufsässig, halb spöttisch.
Boris musterte die jungen blauäugigen Spinner, die kritischen Zeitgenossen, wie er einer war, und die alten dementen Säcke. Er warf die Fernbedienung zu Onkel Shaman.
Vadim schnippte mit den Fingern, und Shaman warf sie ihm hin.
Nicht zu fassen, dachte Boris, sein eigener Onkel machte ihn zum Hampelmann! Als wenn das nicht genügte, feixte Shaman provozierend.
»Hey, danke!« Vadim lachte und zappte durch die Programme.
Boris stürzte sich auf ihn.
Vadim rührte sich nicht. Die anderen Jungen stellten sich geschlossen vor ihn, als wären sie gewillt, sich für ihn zu opfern - einige von ihnen waren Boris’ Söhne.
Seine eigenen Söhne! Seine Onkel! Alle hatten sie keinen Funken Loyalität im Leib! Alle durch die Bank!
Der Clanchef erstarrte und schnaubte: »Du bist es nicht wert, dass ich mir wegen dir die Finger dreckig mache.« Er wandte sich zum Gehen - hatte er eine Alternative?
Vadim rief: »Du hinkst ja! Kann ich dir irgendwie helfen? Soll ich dich stützen?«
»Du miese kleine Ratte«, knurrte Boris. Er verließ den Fernsehraum, schwer bemüht, nicht zu humpeln. Im Flur stützte er sich mit einer Hand an der Wand ab und wartete, bis der Schmerz erträglicher wurde. Dann schleppte er sich durch den dämmrigen Gang in sein Büro.
Seine Hüfte schmerzte. Der blöde Arzt hatte bei ihm eine Arthritis diagnostiziert.
Daraufhin hatte Boris ihn umgelegt. Er brauchte keine Zeugen seiner körperlichen Defekte.
Allerdings konnte er den Schmerz, der Nacht für Nacht, Tag für Tag in ihm wütete und ihn zunehmend irre machte, nicht ausmerzen. Die Krankheit war da und wurde schlimmer.
Er brauchte sein Medikament. Er biss die Zähne zusammen und schlurfte schneller, als plötzlich irgendetwas nach seinem Knöchel schnappte.
Er stolperte. Schwankte. Stürzte auf ein Knie, fing den Sturz mit einer Hand ab und stellte fest, dass er neben Onkel Iwan auf dem Boden kauerte.
Onkel Iwan, dessen Augen wie irisierend blaue Flammen durch das Dunkel leuchteten. Onkel Iwan, der bei Weitem schneller und stärker war als andere Krieger seines Alters. »Ich hab dich gewarnt«, ertönte eine dumpfe, unheimlich anmutende Stimme. Boris gefror das Blut in den Adern.
Das war nicht Onkel Iwan. Das war … dieses Ding … das war der Andere.
»Mich trifft keine Schuld«, wiegelte Boris hektisch ab. »Ich wusste schließlich nicht, dass einer von
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