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In den Armen der Nacht

In den Armen der Nacht

Titel: In den Armen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.D. Robb
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das nicht wäre, würde ich gern noch mal empfinden, was ich empfunden habe, als ich auf ihn eingestochen habe. Dann würde ich vielleicht endlich verstehen, was für ein Mensch ich bin.«
    »An Tagen wie diesem würde ich am liebsten selbst nach Dallas fahren. Ihn erstechen und das Blut an meinen Kleidern kleben haben. Allerdings weiß ich genau,
was ich dabei empfinden würde. Und ich weiß auch genau, was wir beide für Menschen sind.«
    Sie atmete erleichtert auf. »Ich weiß nicht, warum mir diese Worte helfen, obwohl sie mich doch eigentlich erschrecken sollten. Die Kleine wird niemals so empfinden, weil sie völlig andere Grundlagen hat als ich. Weil sie ihren Kopf an das tote Herz von ihrer Mutter legen und dabei weinen konnte. Sie wird um ihre Familie trauern, aber wenn sie nachts aus dem Schlaf schreckt und sich fürchtet, wird sie sich daran erinnern können, weshalb sie das Gesicht von ihrem Vater und die Haare ihres Bruders streicheln und an der Brust von ihrer Mutter weinen konnte, als sie zum letzten Mal bei ihnen war.«
    »Und sie wird sich an den Cop erinnern, der dabei neben ihr gestanden und ihre Hand gehalten hat.«
    »Wenn wir ihr nicht helfen, landet sie im Heim. Manchmal ist das die Rettung, manchmal ist es gut, aber nicht für sie. Ich will nicht, dass sie ein bloßes Aktenzeichen wird. Dass es ihr ergeht, wie es mir ergangen ist. Ich habe auch schon eine Idee, wie wir ihr helfen könnten, aber ich muss dich noch fragen, was du davon hältst.«
    Er sah sie völlig reglos an.
    »Ich habe überlegt, ob wir nicht Richard DeBlass und Elizabeth Barrister fragen könnten, ob sie zu ihnen ziehen kann.«
    »Oh.« Jetzt atmete er erleichtert auf. »Natürlich. Richard und Beth, das ist eine ausgezeichnete Idee.« Trotzdem wandte er ihr den Rücken zu und starrte aus dem Fenster.
    »Weshalb bist du sauer, wenn dir die Idee gefällt?«
    »Ich bin nicht sauer.« Oder vielleicht doch? Er hatte keine Ahnung, was er in diesem Augenblick empfand. »Ich hätte selber darauf kommen sollen. Ich hätte gründlicher überlegen sollen, wie ich Nixie helfen kann.«

    »Du kannst nicht immer an alles denken.«
    »Offensichtlich nicht.«
    »Irgendetwas stimmt doch nicht mit dir.«
    Er wollte diese Feststellung mit einem Schulterzucken abtun, musste aber akzeptieren, dass das keine Lösung war. »Ich kriege die Kleine einfach nicht mehr aus dem Kopf. Nein, das ist es nicht. Seit ich mit dir in dem Haus gewesen bin und mir die Zimmer angesehen habe, in denen die Kinder geschlafen haben, kriege ich diese ganze Sache nicht mehr aus dem Kopf.«
    »Es ist immer noch schlimmer, wenn es um Kinder geht. Das hätte ich bedenken sollen, bevor ich dich gebeten habe, dich mit mir dort umzusehen.«
    »Ich bin kein grüner Junge.« Er wirbelte zu ihr herum und sah sie aus zornblitzenden Augen an. »Ich bin kein solches Weichei, dass ich … ah, verdammt.« Er brach ab und raufte sich das Haar.
    »He, he, he.« Eilig trat sie vor ihn, rieb ihm aufmunternd den Rücken und wollte von ihm wissen: »Was ist los?«
    »Sie haben geschlafen.« Großer Gott, würde ihn das immer so fertigmachen? »Sie waren unschuldig. Sie hatten das, was Kinder haben sollten. Liebe, Geborgenheit und Sicherheit. Und ich habe mir ihre Zimmer angesehen, habe ihr Blut darin gesehen, und es hat mich innerlich zerrissen. Es hat mich daran erinnert, wie meine eigene Kindheit war. Ich denke nie an meine Kindheit. Weshalb zum Teufel sollte ich auch?«
    Hatte er ihr nicht vor Kurzem noch gesagt, dass er es hasste, wenn sie traurig war? Wie sollte sie ihm sagen, wie furchtbar sie es fand, wenn er derart unglücklich war?
    »Vielleicht sollten wir uns eine Minute setzen.«
    »Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt.« Er
stapfte zur Tür und trat sie wütend zu. »Du kannst es nicht vergessen, aber du kannst damit leben. Aber ich habe es vergessen. Ich werde nicht wie du von der Vergangenheit geplagt.«
    »Dafür ist es umso schlimmer, wenn es doch einmal passiert.«
    Er lehnte sich rücklings gegen die Tür und sah sie reglos an. »Ich weiß noch ganz genau, wie ich in meinem eigenen Blut, meiner eigenen Kotze und meiner eigenen Pisse lag, nachdem er mich bewusstlos geprügelt hatte. Trotzdem bin ich noch am Leben und habe es sogar zu was gebracht. Zu einem verdammt teuren Anzug, einem großen Haus und einer Frau, die ich mehr liebe als mein eigenes Leben. Er hat mich einfach dort liegen lassen, weil er dachte, ich wäre tot. Hat sich noch nicht einmal die Mühe

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