In den Armen des Eroberers
den Kopf vor ihrem Großvater. Auf Devils Betreiben hatten sie einander kurz vor ihrer Abreise aus London getroffen; den Blick in die Zukunft gerichtet, war es ihr gar nicht so schwergefallen, das Vergangene zu vergeben.
»Nun, Euer Gnaden!« Magnus lehnte sich zurück und blickte zu ihr auf. »Dein Bruder stellt sich zur nächsten Wahl! Was hältst du davon, hm?«
Honoria sah Michael an; er beantwortete ihre stumme Frage. »Das war St. Ives' Vorschlag.« Er schaute Devil an.
Der hob nur die Schultern. »Carlisle war bereit, Euch zu benennen, und das reicht mir. Mit den Anstruther-Wetherbys und den Cynsters im Rücken dürftest du schließlich einen guten Stand haben.«
Magnus schnaubte. »Er kriegt seinen Sitz, sonst versteh ich die Welt nicht mehr.«
Honoria lächelte leise; sie reckte sich und gab Michael einen Kuß auf die Wange. »Herzlichen Glückwunsch«, flüsterte sie.
Michael erwiderte ihren liebevollen Kuß. »Dir auch.« Er drückte kurz ihre Hand. »Du hast die richtige Entscheidung getroffen.«
Honoria zog eine Braue hoch, doch sie lächelte dabei. »Ich bin gekommen, um meinen Gatten zu entführen. Es ist an der Zeit, daß er die Hochzeitstorte anschneidet.«
»Ach ja? Nun – nimm ihn mit.« Magnus wedelte auffordernd mit der Hand. »Das muß ich sehen – ein Cynster im Schlepptau einer Anstruther-Wetherby.«
Honoria sah ihn aufsässig an. »Ich bin keine Anstruther-Wetherby mehr.«
»Genau.« Devil blickte Magnus mit dem Selbstvertrauen des Eroberers in die Augen und hob Honorias Hand an seine Lippen. »Komm, Liebste.« Er wies zur Mitte des Saals. »Dein kleinster Wunsch ist mir Befehl.«
Honoria bedachte ihn mit einem skeptischen Seitenblick. »Tatsächlich?«
»Zweifellos.« Mit geübter Eleganz führte Devil sie unbehelligt durch das Gedränge. »Ich habe vor«, fuhr er mit tiefer, schnurrender Stimme fort, »dir noch vor dem Morgengrauen eine beträchtliche Anzahl von Wünschen zu erfüllen.«
Mit fröhlichem Lächeln nickte Honoria der Herzogin von Leicester zu. »Du bringst mich in Verlegenheit.«
»Für Bräute geziemt es sich zu erröten – hat dir das niemand erklärt?« Devils Worte kitzelten ihr Ohr. »Außerdem siehst du entzückend aus, wenn du rot wirst. Wußtest du eigentlich, daß du rot wirst bis …«
»Ach, da seid ihr ja, meine Lieben!«
Zu Honorias Erleichterung tauchte die Herzogin-Witwe an ihrer Seite auf. »Nehmt einfach hinter der Torte Aufstellung. Das Messer wartet bereits.« Sie scheuchte sie um den Tisch herum, Angehörige und Freunde umdrängten sie. Die Hochzeitstorte stand auf ihrem Ehrenplatz, ein siebenstöckiger schwerer Kuchen mit eingebackenem Trockenobst, von Marzipan überzogen und kunstvoll mit Zuckerguß garniert. Obendrauf erhob sich auf dem Wappen der Cynsters ein Hirsch.
»Du liebe Zeit!« Devil starrte die Kreation ungläubig an.
»Das ist Mrs. Hulls Werk«, flüsterte Honoria. »Vergiß später nicht, es lobend zu erwähnen.«
»Platz da! Platz da!«
Alle Köpfe fuhren herum. Honoria sah ein langes, schmales Päckchen schwankend auf sich zukommen. Die am Rande des Gedränges Stehenden lachten, spaßige Bemerkungen machten die Runde. Es war Lucifer, der Vane das Päckchen zu überbringen hatte. Mit theatralischer Geste nahm Vane es entgegen – es enthielt ein Schwert samt Scheide – und überreichte es Devil. »Eure Waffe, Euer Gnaden.«
Der Ballsaal dröhnte vor Lachen.
Mit einem mehr als teuflischen Lächeln ergriff Devil das Heft und zog die Klinge mit zischendem Laut aus der Scheide. Unter Jubelrufen und allen möglichen wilden Scherzen schwang er die Waffe – wie ein Pirat inmitten der eleganten Gesellschaft.
Er sah Honoria an. »Leg deine Hände um das Heft.«
Honoria folgte seiner Aufforderung; Devil umfaßte ihre Hände mitsamt dem Heft – und Honorias Knie wurden weich.
Ein tiefes, leises Lachen erklang an ihrem Ohr. »Genau wie gestern nacht.«
Gestern nacht – als er den letzten Abend seiner Junggesellenzeit mit seinen Vettern verbracht hatte. Als Honoria sah, daß Webster eine Kiste Brandy in die Bibliothek schleppte, hatte sie sich damit abgefunden, die letzte Nacht ihrer Mädchenzeit allein verbringen zu müssen. So war sie zu Bett gegangen und hatte versucht zu schlafen, mußte jedoch bald feststellen, daß sie sich schon zu sehr an einen warmen, stählernen Körper neben ihr im Bett gewöhnt hatte. In den frühen Morgenstunden schlüpfte eben dieser warme, stählerne Körper zu ihr unter die Decke. Sie tat
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