In den Armen des Eroberers
Miene verriet eine Mischung aus Ungläubigkeit und Desillusionierung, dann verhärtete sie sich zu einer Maske, die stark an seinen erbittertsten Rivalen gemahnte. Schließlich hob er die Schultern. »Wenn Ihr darauf besteht.«
Ohne weitere Umstände neigte er sein Gesicht Honoria entgegen.
Mit einem erstickten Schrei fuhr sie zurück und schlug ihm ins Gesicht.
Kurz vor zwei Uhr war Devil gedankenverloren die Stufen zu White's hinaufgestiegen. Auf der Schwelle war er buchstäblich über Vane gestolpert.
»Da bist du ja!« Vane war zurückgewichen. »Wo zum Teufel hast du gesteckt? Ich habe dich schon überall gesucht.«
Devil grinste. »Merkwürdig, daß du mich dann nicht gefunden hast, denn genau dort war ich. Überall.«
Vane furchte die Stirn und wollte etwas sagen, doch Devil winkte ab. »Hast du schon gegessen?«
Immer noch mit gefurchter Stirn nickte Vane. Devil reichte seinen Stock dem Pförtner; Vane folgte seinem Beispiel. »Ich berichte dir alles, während du ißt.«
Im Speisesaal saßen einige Herren in gemütlicher Stimmung bei ihrem Brandy. Devils Mahl wurde überraschend schnell serviert, und während er sich über die Seezunge hermachte, hob er auffordernd eine Augenbraue.
Vane wies mit einer Grimasse auf die Menschen um sie herum. »Ich erzähl' es dir später.«
Devil nickte und widmete sich seiner Mahlzeit, froh darüber, nicht reden zu müssen. Es ging über seine Kräfte zu erklären, warum er den gesamten Vormittag über durch die Stadt gestreift war und die zwei von Sligo nachgeschickten Stallburschen in Atem gehalten hatte. Vermutlich würde es ihm nie gelingen – sein Leiden wurde mit der Zeit nicht besser. Und er konnte Vane wohl kaum gestehen, daß er seiner Frau aus dem Wege ging, weil sie gesagt hatte, daß sie ihn liebte.
Sie hatte es ihm verkündet, unmißverständlich und im Brustton der Überzeugung. Devil hielt inne und leerte sein Weinglas zur Hälfte.
Es stieg ihm berauschend zu Kopfe zu wissen, daß seine Frau so viel für ihn empfand. Für ihn. Daß sie sich ohne mit der Wimper zu zucken jeder Gefahr aussetzen würde und nicht bereit war, davon Abstand zu nehmen, nicht einmal, wenn die Einschüchterungsmaßnahmen gereicht hätten, einen Feldmarschall in die Knie zu zwingen – und das alles, weil sie ihn liebte.
Die Sache hatte nur einen Haken.
Devil nahm noch einen Schluck Wein und wandte sich wieder seiner Seezunge zu. Und dem Dilemma, mit dem er sich schon den ganzen Vormittag über herumgeschlagen hatte. Wenn er Honoria gestand, was er davon hielt, daß sie ihn liebte, wenn er ihre Liebeserklärung auch nur zur Kenntnis nahm, müßte er gleichzeitig auch anerkennen, daß die Rechtfertigung ihrer Bereitwilligkeit, sich um seinetwillen in Gefahren zu bringen, stimmig wäre. Und das konnte er nie im Leben tun.
In schwierigen Zeiten sollten sich seiner und wohl auch aller seiner Ahnen Meinung nach die Frauen der Cynsters in den Schutz der Burg zurückziehen und dort wohlbehütet verharren, während ihre Männer die Mauern verteidigten. Honoria sah das offenbar anders – sie wollte mit ihm auf den Mauern stehen.
Er verstand sie zwar, konnte ihren Standpunkt allerdings nicht akzeptieren.
Das zu erklären würde keine leichte Aufgabe sein, nicht einmal, wenn er das Geständnis abgelegt hatte, das abzulegen seine Ehre von ihm verlangte.
Sich angreifbar zu fühlen, war schlimm genug – Verletzlichkeit einzugestehen, laut, in Worten, war um einiges schlimmer. Und wenn diese Worte einmal ausgesprochen waren, ließen sie sich nicht mehr zurücknehmen. Damit würde er Honoria gewissermaßen einen Freibrief geben, was er noch nie im Leben getan hatte. Angesichts ihrer Reaktion auf die Tatsache, daß er sich in Gefahr befand, hielt er es nicht unbedingt für klug.
Er wußte nicht, ob sie ahnte, in welchem Zustand er sich befand – wohl aber wußte er, daß er nicht mit einer längeren Dauer ihrer glückseligen Ahnungslosigkeit rechnen durfte. Nicht, wenn es um Honoria Prudence ging. Und das bedeutete, daß er sie nur vor Gefahr schützen konnte, indem er die Gefahr beseitigte – indem er Tollys Mörder stellte.
Er schob den Teller von sich und blickte Vane an. »Was hast du herausgefunden?«
Vane verzog das Gesicht. »Laß uns in den Rauchsalon gehen.«
Dort fanden sie eine freie Nische und ließen sich nieder. Vane begann ohne Vorgeplänkel mit seinem Bericht. »Im großen und ganzen hatte ich recht. Meine Quelle hat jeden überprüft, der …«
»Verzeihung,
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