In den Armen des Eroberers
Honoria schauderte, und bedachte Vane mit einem warnenden Blick. »Der Versuch schlug fehl, doch Charles gab nicht auf. Vermutlich bot sich ihm durch diese Seemänner eine Chance, die er nicht ungenutzt lassen konnte – schließlich ist er oft genug mit mir zusammen von White's nach Hause gegangen.«
Vane furchte die Stirn. »Was ist mit den Palästen? Wie paßt diese Angelegenheit in die Geschichte hinein?«
Devil verzog das Gesicht. »Vielleicht paßt sie gar nicht – aber ich möchte wetten, daß Charles sich als der Betreffende erweist. Wie auch immer, das erfahre ich heute abend.«
»Heute abend?« Vane blinzelte. »Das hatte ich über all den Ereignissen ganz vergessen. Wie sieht unser Plan aus?«
Devil blickte zu Honoria hinüber; sie war völlig in Gedanken versunken, spürte aber irgendwann seinen Blick. Sie hob den Kopf und errötete. »Mir fiel gerade etwas ein«, sagte sie, den Blick in Devils Augen versenkt, »was Lady Herring gesagt hat.« Devil schien nicht recht zu verstehen. »Lady Herring?«
Honoria nickte. »Sie sagte, Charles hätte sie angesprochen – es ging offenbar um einen Ersatz für seine letzte Geliebte. Sie hat ihn abgewiesen – wie es sich anhörte, voller Verachtung.«
»Hm.« Devil dachte angestrengt nach.
»Das wird Charles nicht sonderlich glücklich gemacht haben.«
Vane schüttelte den Kopf. »Er hat dir immer deine Erfolge geneidet – augenscheinlich auch auf diesem Gebiet.«
Der Blick, den Devil ihm sandte, war scharf zurechtweisend, doch Vane zog nur die Brauen hoch. »Das erklärt vielleicht, warum er plötzlich anfing, die Paläste aufzusuchen – und der Zeitpunkt spricht dafür. Ein Cynster könnte solche Etablissements nicht lange frequentieren, ohne daß wir davon erfahren, und wir haben es schon bald nach Tollys Begräbnis gehört.« Devil nickte. »Aber ich will es trotzdem ganz genau wissen.«
»Wann findet das Treffen statt?«
»Um Mitternacht.«
Vane blickte auf die Uhr. »Ich werde kutschieren – Sligo kann hinten aufsteigen. Lucifer wird von der Straße aus Wache halten; Scandal bezieht seinen Posten an der Ecke.« Devil starrte ihn an, und Vane zog erneut die Brauen hoch. »Du hast doch nicht ernsthaft angenommen, wir würden dich ohne Rückendeckung da reinspazieren lassen?«
Honoria hielt ihre Entgegnung darauf, die Devil in diesem Augenblick gewiß nicht zu schätzen gewußt hätte, zurück. Er jedenfalls dachte keineswegs: Gott sei Dank für die Cynster-Riege.
Devil zog die Brauen zusammen. »Was hast du sonst noch organisiert?«
»Nichts.« Vane bedachte ihn mit einem milden Blick. »Aber glaub bloß nicht, wir würden es zulassen, daß Charles noch einmal unbehelligt auf dich schießt. Wenn du stirbst, ist er das Oberhaupt der Familie – und mit dem Gedanken kann sich keiner von uns abfinden.«
Devil sah Honoria an; als sie nichts sagte, wandte er sich wieder Vane zu. »Schon gut. Aber ich will nicht, daß die Kavallerie einfällt, bevor das Signal ertönt – wir dürfen Charles nicht in der Ausführung seines eigentlichen Plans behindern, sondern müssen ihm Zeit lassen, sich selbst einen Strick zu drehen.«
»Sein eigentlicher Plan.« Vane warf einen Blick auf den Brief in seinem Schoß. »Läuft es darauf hinaus?«
Devil nickte. »Es paßt alles zusammen. Ich war schon beunruhigt, weil alle anderen Versuche zu simpel waren, zu spontan – so gar nicht Charles' Art. Du weißt, wie er denkt. Seine Pläne sind immer hochgradig kompliziert. Außerdem ist er sehr konservativ, hält sich strengstens an die Regeln der Gesellschaft. Sein letzter Versuch ist typisch für ihn. Er zeugt von intimen Kenntnissen, strotzt vor Intrige und basiert fest auf der gesellschaftlichen Meinung von mir, Honoria und Chillingworth.«
»Chillingworth?« Vane runzelte die Stirn. »Wieso ausgerechnet er?«
»Weil er anscheinend die ideale Herausforderung darstellt.«
»Wofür?«
Devil lächelte – eiskalt. »Für meine Wut.«
Vane blinzelte und dachte an den Brief, den Devil erhalten hatte, den Brief, den er nicht hatte sehen dürfen. »Oh.«
»O ja. Diesmal hat Charles sich selbst übertroffen – der Plan ist tatsächlich sehr gut. Er hätte funktionieren können.« Devil warf Honoria einen Blick zu. »Wenn die Dinge anders gestanden hätten.«
Honoria sah ihn forschend an und zog eine Braue hoch. »Ich weiß nicht viel über Charles' Denkweise – könntest du mir seinen eigentlichen Plan erläutern?«
Devils Lippen zuckten; er hob ihre Hand und
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