In den Armen des Eroberers
zahlreicher Zuschauer half der Herzog seiner Herzogin in die Kutsche und stieg selbst ein. Ein Dienstbote schloß den Schlag, der Kutscher schnalzte mit der Peitsche.
Das Gerücht machte die Runde, das mit großen Augen geflüsterte Geheimnis wurde unter vorgehaltener Hand und dem Siegel der Verschwiegenheit weitergegeben, noch bevor die Kutsche die eleganteren Stadtviertel hinter sich gelassen hatte. Die St. Ives hatten London unverhofft verlassen, kurz vor Beginn der Saison. Was sollte der ton davon halten?
Wie vorausgesehen dachte – und sagte – der ton genau das, was beabsichtigt war.
Vier mächtige Rappen brachten die Kutsche der St. Ives in schnellem Lauf nach Cambridgeshire. Honoria lehnte an Devils Schulter und betrachtete die vorbeifliegende Landschaft. »Ich habe nachgedacht.«
Devil öffnete die Augen gerade weit genug, um auf sie herabsehen zu können. »Ach ja?«
»Wir müssen einen großen Ball geben, sobald wir in die Stadt zurückkehren. Um den falschen Eindruck auszulöschen, den wir in so mühevoller Kleinarbeit erweckt haben.«
Devils Lippen zuckten. »Du wirst natürlich Chillingworth einladen müssen.«
Honoria bedachte ihn mit einem warnenden Lächeln. »Das wird sich wohl nicht vermeiden lassen.«
»Ganz recht.« Devil betrachtete ihr Gesicht, auf dem das bleiche Sonnenlicht spielte. »Übrigens, ich muß dich warnen: Obwohl es Mitternacht war, könnte mich gestern jemand im Palast gesehen haben.« Der unerkannte Cynster war, wie sich herausgestellt hatte, tatsächlich Charles gewesen; die Geschichte der Madame hatte überzeugt.
Honoria hob die Schultern. »Falls jemand auf die Idee kommt, mir gegenüber diese Geschichte zu erwähnen, werde ich ihn kalt abservieren, das kann ich dir versichern.«
Angesichts ihres kampflustig vorgereckten Kinns konnte Devil sich nicht vorstellen, daß selbst die hartgesottenste Klatschbase es wagen würde – seine Frau entwickelte sich erstaunlich schnell zu einer ebenso furchterregenden Matriarchin wie seine Mutter.
»Glaubst du, jemand hat dich heute morgen auf dem Paddington Green gesehen?« fragte Honoria.
»Gabriel hat einen Kerl beobachtet, der Charles' neuem Burschen, Smiggs, sehr ähnlich sah.«
»Also dürfen wir annehmen, daß Charles von deinem Treffen mit Chillingworth weiß?«
»Darauf kannst du getrost wetten.« Devil drückte sie fester an sich. »Versuch, dich auszuruhen.« Als sie ihn verständnislos ansah, fügte er hinzu: »Der morgige Tag könnte anstrengend werden.«
Honoria verzog das Gesicht. »Ich bin nicht müde.« Da sie sich abwandte, entging ihr Devils gereizte Grimasse.
Nach einer Weile hob er zögernd an: »Ich dachte nur …«
»Was meinst du, wann wird Charles auftauchen?«
Devil seufzte innerlich. »Entweder heute abend, in welchem Fall er nach Somersham Place kommen und sich anmelden wird, oder irgendwann morgen, und dann ohne Anmeldung.«
Wann würde sie es ihm endlich sagen? »Ich werde ein paar Burschen nach Cambridge schicken, damit sie uns warnen, sobald Charles eintrifft.«
»Du meinst, er wird seinen gewohnten Weg nehmen?«
»Es besteht kein Grund für ihn, von seinen Gewohnheiten abzuweichen.« Devil betrachtete ihr Profil, besonders ihr ausgeprägtes, um nicht zu sagen energisches Kinn, und bemerkte: »Übrigens, was auch immer passiert, eines darfst du auf keinen Fall vergessen.«
Honoria hob den Kopf und sah ihn blinzelnd an. »Und das wäre?«
»Du mußt meinen Befehlen bedingungslos gehorchen. Und du mußt mir versprechen zu tun, was Vane sagt, falls ich nicht in deiner Nähe bin, ohne ihm mit deinen Widerreden Kopfschmerzen zu bereiten.«
Honoria forschte in seinem Blick und schaute dann nach vorn. »Gut. Ich richte mich nach deinen Vorschriften. Und in deiner Abwesenheit nach Vanes.«
Devil zog sie wieder an sich und gab ihr einen Kuß auf das Haar. »Danke.«
Hinter seiner zuversichtlichen Fassade verbarg er tiefstes Unbehagen. Es war riskant genug, Charles seinem Plan gemäß handeln zu lassen, damit er sich schließlich verriet, sich nach ihm richten zu müssen und sich ohne eigenen Plan ins Gefecht zu begeben; doch daß Honoria beteiligt sein mußte, machte es noch hundertmal schlimmer. Er schmiegte die Wange an ihr Haar. »Wir müssen zusammenarbeiten – uns aufeinander und auf Vane verlassen können –, wenn wir Charles das Handwerk legen wollen.«
Honoria deckte die Hände über die seinen, die ihre Taille umfaßten. »Ja.«
Devil schloß die Augen und betete, daß alles
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