In den Armen des Eroberers
Lady Smallworts zuzuwenden.
»Du liebe Zeit, ja!« Lady Smallworts inspizierte Honorias Gesicht durch ihr Lorgnon. »Die Ähnlichkeit ist unverkennbar, findest du nicht auch, Arethusa? Besonders das Kinn.«
Honoria nahm sich fest vor, beim nächsten Blick in den Spiegel ihrem Kinn besondere Aufmerksamkeit zu widmen, setzte ein Lächeln auf und gab sich große Mühe, die beiden Damen zum Plaudern zu animieren. Dann widmete sie sich wieder den Vorgängen hinter ihrem Rücken.
»Mit Fransworth und Girton hatte ich kein Glück.«
Devil seufzte. »Irgendwo muß aber doch ein Anhaltspunkt zu finden sein.«
»Ja – wir müssen eben suchen, bis wir etwas finden.« Nach einer Pause sagte der Vetter, wer immer er auch sein mochte: »Ich probier's mal mit Caffrey.«
»Gib acht – ich will nicht, daß morgen früh schon die ganze Stadt Bescheid weiß.«
»Verlaß dich auf mich.«
Honoria konnte sich das Cynster-Lächeln, das zu diesen Worten gehörte, sehr gut vorstellen.
Wieder beanspruchten andere Gäste Devils Aufmerksamkeit; Honoria leistete ihren Beitrag zur Diskussion der beiden Damen über die Frage, ob gerüschter Musselin auch in der nächsten Saison noch der letzte Schrei sein würde.
Es dauerte eine Weile, bis sich wieder einer der Vettern zu Devil gesellte. Die ersten Gäste rüsteten schon zum Aufbruch, als Vane berichtete. Honoria erkannte seine Stimme. »Vergiß Hillsworth und seinesgleichen. Wenn unser Problem dort angesiedelt sein sollte, muß Harry sich stärker ins Zeug legen.«
»Wenn man vom Dämon spricht …«
»Kein Erfolg bei meinen Kandidaten.«
»Da kommen die anderen«, sagte Vane.
»Keinen Ton, kein Sterbenswörtchen.«
»Kein Glück.«
»Nicht die Spur von einem Verdacht.«
»Und das heißt«, sagte Devil, »daß wir auf Jagd gehen müssen.«
»Aber in welcher Richtung?«
»In allen Richtungen.« Devil hielt inne. »Demon, du übernimmst die Kutschenstrecken und alles, was damit zusammenhängt. Vane, die Wachen und die Gasthäuser. Gabriel, die Spielhöllen und das Finanzwesen im allgemeinen. Scandal, du tust, was du am besten kannst – wickle die Damen ein. Bleiben noch die Hurenhäuser für Lucifer.«
»Und du?« fragte Vane.
»Ich übernehme die nähere Umgebung.«
»Gut. Ich breche gleich heute abend nach London auf.«
»Ich auch.«
»Und ich. Ihr könnt mit mir fahren, wenn ihr wollt. Ich habe ein großartiges Gespann.«
Die tiefen Stimmen verhallten, mischten sich ins Gemurmel der Gästeschar. Lady Harrington und Lady Smallworts hatten sich inzwischen der jüngsten Hutmode zugewandt. Für Honoria war es Zeit zum Rückzug – sie hatte gehört, was sie wissen wollte. »Wenn Ihr mich bitte entschuldigen wollt, meine Damen?«
»Aber, meine Liebe.« Lady Harrington packte Honoria am Handgelenk. »Ich wollte Euch fragen, ob es stimmt.«
»Ob es stimmt?«
Wie auf ein Stichwort ertönte hinter Honoria eine Stimme: »Du liebe Zeit, Vetter, daß du aber auch immer in Schwierigkeiten geraten mußt, wenn ich dir nicht den Rücken decke.«
Das war Vane. Honoria spürte es körperlich, als Devil sich umdrehte und sie erblickte – sie spürte seinen Blick auf ihrem Nacken, auf ihren Schultern. Sie versteifte sich. Sie wollte sich umwenden, doch ihre Ladyschaft hielt sie fest.
»Aber, aber.« Lady Harrington lächelte. »Was man so sagt über Euch und …« Sie unterbrach sich, blickte über Honorias linke Schulter hinweg und riß entzückt die Augen auf. »Ah, guten Tag, St. Ives.«
»Lady Harrington.«
Es war nicht seine Stimme, auch nicht die darin enthaltene leise Drohung, was Honoria in Angst versetzte – nein, es war die große Hand, die sich besitzergreifend um ihre Taille legte.
Devil erhaschte die Hand, die Lady Harrington freigegeben hatte. Honoria sah zu, wie ihre in seiner Hand gefangenen Finger sich unwiderruflich seinen Lippen näherten. Sie wappnete sich für den bevorstehenden Handkuß.
Da drehte er ihre Hand um und hauchte einen Kuß auf ihr Handgelenk.
Sie wäre um ein Haar in Ohnmacht gefallen.
Geschmeidig wandte sich Devil Lady Harrington zu. »Was wolltet Ihr sagen, Madam?«
Lady Harrington strahlte. »Nicht so wichtig – ich denke, Ihr habt mir die gewünschte Antwort längst gegeben.« Fehlte nur noch, daß sie Honoria zuzwinkerte, während sie Lady Smallworts einen Rippenstoß mit dem Ellbogen versetzte. »Komm mit, Dulcie, ich glaube, ich habe Harriet draußen auf dem Rasen gesehen. Wenn wir uns beeilen, erwischen wir sie vielleicht noch vor
Weitere Kostenlose Bücher