In den Armen des Eroberers
zwischen mir und St. Ives völlig überflüssig ist.«
Michael runzelte die Stirn. »Den Eindruck habe ich aber durchaus nicht gewonnen.«
»Ach?« Die einzelne Silbe klang aus Honorias Mund wie eine Herausforderung.
Michael zupfte an seinem Ohrläppchen. »Vielleicht sollten wir lieber am Anfang beginnen.«
Dazu war sie gern bereit. Während sie gut vorbereitet ihre Version der Ereignisse schilderte, hörte Michael aufmerksam zu. »Und dann ließ er mich mit der Herzogin-Witwe allein«, kam sie zum Schluß.
Michael sah sie an. »Das hat er mir auch erzählt.«
Honoria hatte so eine Ahnung, daß sie gerade etwas Falsches gesagt hatte.
Michael straffte sich und nahm ihre Hand. »Honoria, du bist eine unverheiratete vierundzwanzigjährige Dame aus bester Familie und mit makellosem Ruf. In diesem Fall muß ich St. Ives recht geben – du hast tatsächlich keine andere Wahl, als seinen Antrag anzunehmen. Sein Benehmen läßt nicht das geringste zu wünschen übrig – kein Mensch könnte dir oder ihm einen Vorwurf machen, und trotzdem bleibt der Sachverhalt derselbe und erfordert die vorgeschriebene Reaktion.«
»Nein.« Honorias Ton duldete keinen Widerspruch. »Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich mit Devil Cynster eine glückliche Ehe führen könnte.«
Michael zog die Brauen hoch. »Im Grunde kann ich das leichter glauben als alles andere.«
»Michael! Er ist ein Tyrann! Ein unerträglich arroganter Despot!«
Michael zuckte die Achseln. »Du kannst nun mal nicht alles haben, wie Mama zu sagen pflegte.«
Honoria kniff die Augen zusammen; sie ließ einen unheilschwangeren Augenblick verstreichen, bevor sie kategorisch feststellte: »Michael, ich will Devil Cynster nicht heiraten.«
Michael ließ ihre Hand los und lehnte sich auf der Bank zurück. »Welche Wahl bleibt dir denn deiner Meinung nach?«
Honoria empfand Erleichterung – immerhin besprachen sie schon einmal andere Möglichkeiten. »Ich wollte nach Hampshire zurückkehren. Es ist zu spät, um in diesem Jahr noch einen neuen Posten anzutreten.«
»Du wirst nie wieder einen Posten bekommen, wenn diese Geschichte an die Öffentlichkeit dringt. In dem Punkt hat St. Ives recht – wenn du ihn heiratest, werden die Gerüchte höchstens dem Neid entspringen, aber ohne seinen Ring an deinem Finger werden sie boshaft sein. Sie werden dich vernichten.«
Honoria hob die Schultern. »Das ist doch keine Katastrophe. Wie du weißt, ist mir die Gesellschaft ziemlich egal.«
»Stimmt.« Michael zögerte, bevor er hinzufügte: »Vielleicht sind dir aber dein guter Name und das Andenken deiner Eltern nicht egal.«
Langsam wandte Honoria sich ihm mit schmalen Augen zu. »Das wäre nicht nötig gewesen.«
Michael schüttelte mit strenger Miene den Kopf. »Doch - ich mußte es aussprechen. Du kannst nicht einfach vergessen, wer du bist und daß du Familienbande und die damit verbundene Verantwortung zu berücksichtigen hast.«
Wie ein General, der erfahren muß, daß auch sein letzter Verbündeter abtrünnig geworden ist, fröstelte Honoria innerlich.
»Also«, sagte sie mit hochmütig erhobenem Kinn, »verlangst du, daß ich um der Familie willen heirate – um des Namens willen, den ich nie benutzt habe?«
»In erster Linie möchte ich dich zu deinem eigenen Wohl verheiratet sehen. In Hampshire hast du keine Zukunft, und anderswo auch nicht. Schau dich mal um.« Er wies mit einer umfassenden Armbewegung auf das weitläufige Gebäude, das wie ein Schmuckstück inmitten des Rasens vor ihnen lag. »Hier könntest du das sein, was für dich vorgesehen war, was Mama und Papa für dich geplant hatten.«
Honoria preßte fest die Lippen zusammen. »Ich kann mein Leben nicht nach den Vorstellungen von Geistern gestalten.«
»Nein – aber du könntest mal über die Gründe nachdenken, die hinter ihren Vorstellungen stehen. Auch wenn sie tot sind – diese Gründe bleiben.«
Als sie nichts sagte, sondern nur stur auf ihre im Schoß gefalteten Hände blickte, fuhr Michael mit sanfterer Stimme fort: »Vielleicht klingt es hochtrabend, aber ich habe mehr von der Welt gesehen als du, und deshalb bin ich sicher, daß der Weg, den ich dir weise, der richtige ist.«
Honoria schoß einen zornigen Blick auf ihn ab. »Ich bin kein Kind mehr …«
»Nein.« Michael grinste. »Wenn du ein Kind wärest, wäre diese Situation überhaupt nicht zustande gekommen. Aber …«, setzte er mit Betonung hinzu, »… zügle ausnahmsweise mal dein Temperament, und höre mir zu,
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