In den Armen des Eroberers
folgte, »daß unser neuester Familienzuwachs sich vielleicht nicht so ohne weiteres deiner Autorität beugen mag.«
Devil zog eine Braue hoch. »Sie wird es noch lernen.«
»Das sagst du immer.« An der Tür wandte Vane sich noch einmal um. »Aber du kennst doch das Sprichwort: Wehret den Anfängen!«
Der Blick, mit dem Devil ihn strafte, sprach von nicht zu überbietender Arroganz. Vane lachte leise und schloß die Tür hinter sich.
An zwei aufeinanderfolgenden Tagen hatte Honoria nun des Morgens mit einem einladenden Lächeln und jeweils gekleidet in eine von Celestines besten créations das Frühstückszimmer betreten. Dieser Teufel hatte sie zwar bemerkt, aber abgesehen von einem Aufblitzen in seinen grünen Augen hatte er nicht mehr als ein geistesabwesendes Nicken für sie erübrigt. Zu beiden Gelegenheiten hatte er sich nach unschmeichelhaft kurzer Zeit verabschiedet und in seinem Büro verkrochen.
Honoria konnte sich wohl vorstellen, daß er viel zu tun hatte, und doch war sie nicht gewillt, das als Entschuldigung für die Vernachlässigung ihrer Person hinzunehmen. Sie war bereit, den Löwen in seiner Höhle zu stellen. Zum Glück hatte er sich ausgerechnet die Bibliothek zu seiner Höhle erkoren. Die Hand am Türgriff, hielt sie inne; von drinnen war kein Geräusch zu hören. Sie gürtete im übertragenen Sinne die Lenden, setzte ein gedankenverlorenes Lächeln auf, öffnete die Tür und trat ein.
Ohne aufzublicken schloß sie die Tür wieder, drehte sich um und ging zwei Schritte in den Raum hinein, bevor sie sich einen Blick in Richtung Schreibtisch gestattete. »Oh!« Mit geöffneten Lippen und geweiteten Augen verhielt sie den Schritt. »Tut mir leid. Ich wußte ja nicht …« Sie sprach den Satz nicht zu Ende.
Ihr teuflischer Gastgeber saß hinter seinem mächtigen Schreibtisch und hatte seine Korrespondenz vor sich ausgebreitet. Vor den Fenstern blätterte Sligo in irgendwelchen Akten. Beide Männer hoben die Köpfe; während Sligos Gesicht Erschrecken zeigte, blieb Devils Miene undeutbar.
Mit einem sehnsüchtigen Blick auf die Bücherregale brachte Honoria ein entschuldigendes Lächeln zustande. »Ich wollte nicht stören. Bitte vielmals um Verzeihung.«
Sie raffte ihre Röcke, vollführte eine halbe Drehung – und dann hielt eine lässige Geste sie zurück. »Wenn du Zerstreuung suchst, dann bedien dich bitte!«
Devil sah sie an und wies mit einer Handbewegung auf die zahlreichen Bücher und Bände, doch Honoria war gar nicht so sicher, ob er diese meinte, wenn er von Zerstreuung sprach. Anmutig neigte sie den Kopf. »Laß dich durch mich nicht stören.«
Freilich hatte sie ihn längst gestört. Unruhig stöberte Devil in seinen Briefen. Aus den Augenwinkeln sah er zu, wie Honoria die Bücherreihen absuchte und hier und da geschickt innehielt, um einen der Bände in die Hand zu nehmen. Er hätte gern gewußt, ob sie wirklich glaubte, ihn hinters Licht führen zu können.
Die vergangenen zwei Tage waren schwer für ihn gewesen. Der Einladung in ihren Blicken zu widerstehen, hatte ihm heroische Willenskraft abgefordert, aber er hatte zu viele Kampagnen dieser Art gewonnen, um nicht zu wissen, wie wertvoll es war, wenn Honoria auf ihn zukam. Endlich wurde sie schwach – mit wachsender Ungeduld wartete er darauf, daß sie zum Kern der Sache kam.
Er nahm die Feder und unterzeichnete einen Brief, löschte die Tinte ab und legte das Dokument zur Seite. Als er den Blick hob, ertappte er Honoria dabei, daß sie ihn beobachtete – hastig wandte sie sich ab. Sie zog einen dicken Band über landwirtschaftliche Praktiken aus dem Regal und schlug ihn auf. Sie war übernervös.
Sie bemerkte, was sie da las, schlug das Buch zu und stellte es zurück, um dann in Türnähe ein anderes wahllos aus dem Regal zu nehmen. Innerlich seufzend legte Devil die Feder nieder und stand auf. Er hatte nicht den ganzen Tag Zeit – später am Nachmittag erwartete er seine Vettern. Er stapfte um seinen Schreibtisch herum, überquerte den Teppich, und Honoria, die seine Nähe spürte, hob den Kopf.
Devil nahm ihr das Buch aus den Händen, klappte es zu und stellte es ins Regal zurück – dann blickte er in Honorias erschrockene Augen. »Was darf es sein – eine Spazierfahrt im Park oder ein Gang über den Platz?«
Honoria blinzelte, forschte in seinem Blick und straffte die Schultern. »Eine Spazierfahrt.« Wenn der Park auch sehr bevölkert sein mochte, konnte sie ihn in seinem geschlossenen Wagen doch
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