In den Armen des Feindes
tat er, als würde ihm etwas an ihr liegen? Trotzig malte sie mit der Spitze ihres Schuhs Muster in die feuchte Erde.
"Deswegen habe ich dafür gesorgt, dass keine Pflanze in Eurem hübschen Garten niedergetrampelt wurde, während wir an der Südseite der Burg eine feste Mauer hochzogen." Er deutete auf das Gerüst. "Das hat Ian gut gemacht, nicht wahr?"
"Ich werde ihm dafür noch meinen Dank aussprechen."
"Schaut mich an, Rosalind", sagte Malcolm mit fester Stimme.
Sie wandte sich ihm zu und erschrak, als sie ihn so dicht neben sich auf der Bank erblickte. Sie wollte von ihm abrücken, seine Hand hielt sie jedoch zurück, bevor sie entfliehen konnte.
"Hört mir noch einen Augenblick zu. Dann könnt Ihr gehen. Wir müssen uns über ein paar Dinge klar werden."
Sie musterte ihren Feind. Sie waren einander so nahe, dass Rosalind selbst im bleichen Mondlicht kleine goldene Flecken in seinen blauen Augen erkennen konnte. Sein Haar, schwarz wie die Sünde, war im Nacken zusammengebunden und fiel ihm über den Rücken. Jeder Zoll seiner Gestalt sprach von seiner Kraft, angefangen bei den breiten Schultern, der Brust, die in eine schmale Taille überging, bis hin zu den muskulösen Schenkeln und kräftigen Waden.
Aber sie hatte die Erfahrung gemacht, dass er seine Kraft nicht voreilig einsetzte, um das zu bekommen, was er sich wünschte. Stattdessen beschloss er, mit ihr durch den Garten zu schlendern und ihr in der Großen Halle den Platz an seiner Seite zuzuweisen.
Plötzlich war sie sich sicher, dass Malcolm McNair Beaumont ohne Blutvergießen eingenommen hätte . Damals hatte sie über sein Versprechen, das er ihr noch vor den Mauern der Burg gegeben hatte, gespottet. Doch mit einem Mal wusste sie, dass er sein Wort gehalten hätte. Wenn sie ehrlich war, musste sie sogar zugestehen, dass er ungewöhnliche Milde hatte walten lassen und keinen ihrer Leute verletzt oder bestraft hatte, obwohl er durch Rosalinds Widerstand einige Männer verloren hatte.
Die Erkenntnis machte ihr Angst. Alles, was sie geglaubt hatte, über die Schotten zu wissen, die Grundfesten ihrer Überzeugung, all das brach in sich zusammen.
Selbst einer, der dumm wie ein Ochse war, hätte erkennen müssen, dass Malcolm hier nicht der Eroberer war.
Er hatte den brennenden Pfeil dieser Frau abwehren können, doch gegenüber der Verwundbarkeit dieser grauen Augen war er hilflos. Ihr sanfter Blick, den er bei diesem temperamentvollen Mädchen nicht erwartet hatte, schnürte ihm die Kehle zu. Irgendwann zwischen seinem ersten Bissen Kapaun und seinem letzten Schluck Bier war ihm klar geworden, dass er sie Ian nicht so einfach überlassen könnte. Nicht wenn sie für ihn lebenswichtiger war als sein nächster Atemzug.
Am liebsten hätte er sie ausgeschimpft, weil sie ihn von seiner Aufgabe abhielt. Sein Plan war gewesen, Robert the Bruce vorzuschlagen, ihm als Dank für treue Dienste Beaumont zu übereignen. Doch Robert würde nicht daran denken, ihm einen großen Besitz und eine wertvolle Erbin zu überlassen. Der König der Schotten war nicht so reich, dass er einen einzigen Mann mit Geschenken überhäufen konnte.
Und – verdammt noch mal – Malcolm wollte Rosalind für sich. Wofür er sie am Ende eigentlich haben wollte, wusste er selbst nicht so richtig. Er konnte sie nicht berauben. Wollte sie nicht verletzen. Doch sein Verlangen nach ihr …
"Kein Mann kann einen klaren Gedanken fassen, wenn Ihr ihn so anschaut." Er wusste, dass er sie jetzt, da sie so still an seiner Seite saß, hätte loslassen müssen. Doch sie fühlte sich so gut an – erstaunlich zierlich, wenn man bedachte, wie viel Leben in ihr steckte. "Hat Euch Eure Mutter nichts über die Gedanken böser Männer erzählt?"
Ein Lächeln spielte um ihre weichen Lippen. "Seid Ihr endlich bereit zuzugeben, dass Ihr ein böser Mann seid, Barbar?"
"Ihr bringt mich dazu, dass ich mich das manchmal frage."
Es kostete ihn einige Überwindung, die Hand von ihrer Schulter zu nehmen und sie loszulassen. Sein König würde es ihm nicht danken, wenn er eine Frau verführte, die in dessen Krieg von politischer Bedeutung sein konnte.
Doch der Gedanke, dass ein anderer Mann diese feurige Frau, diesen schönen Körper in Besitz nehmen würde, nur damit die Sache Schottlands einen guten Verlauf nähme, ließ Malcolm innerlich zu Eis erstarren.
Während er nach einem Gesprächsstoff suchte, der ihn von seinen nichtswürdigen Gedanken ablenkte, erinnerte er sich an etwas, was noch
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