In den Armen des Feindes
zwischen ihm und Rosalind geklärt werden musste. Einer der Hauptgründe, weshalb er sie hierher, zu einem Gespräch im Mondlicht, geführt hatte.
"Ich mache mir Sorgen wegen Eures Bruders." Seit langem dachte er immer wieder über diesen verschwundenen Beaumont nach und wusste, dass Rosalind es ihm nie verzeihen würde, wenn er gezwungen wäre, gegen einen Angehörigen ihrer Familie zu kämpfen.
Rosalind blinzelte. Vielleicht verwirrte sie der unerwartete Themenwechsel etwas. Sie richtete sich auf und raffte ihre Röcke enger an sich in der milden Nachtluft.
"Er ist zu jung, um zu wissen, welches Risiko er eingeht, wenn er jetzt Männer um sich schart und versucht, die Burg zurückzuerobern", fügte Malcolm hinzu. Je länger er William de Beaumont fern hielt, desto besser. Zum Teufel, der Junge sollte in ein Boot springen und nach Frankreich segeln, statt sich je wieder hier zu zeigen. Denn Malcolms König war unerbittlich in seinem Entschluss, die Burg Beaumont einzunehmen – und zu halten. "Es könnte leicht sein Tod sein, wenn er hier auftaucht. Ich möchte, dass Ihr Euch mit ihm in Verbindung setzt und ihn davor warnt, hierher zu kommen."
Sie sah nicht so beunruhigt aus, wie er eigentlich vermutet hatte. Nun ja, beunruhigt vielleicht, aber nicht zornig. Sie erstarrte nicht vor Entrüstung oder schleuderte ihm irgendeine schreckliche Prophezeiung bezüglich seiner kurz bevorstehenden Höllenfahrt ins Gesicht.
"Ich kann nicht." Sie strich sich eine flachsblonde Strähne hinters Ohr, und ihr Blick irrte durch den dunklen Garten wie ein Vogel, der einen Ast zum Landen suchte.
"Ihr könnt nicht, oder Ihr wollt nicht?" Verstand sie denn nicht, was das für Konsequenzen haben würde?
"Beides. Ich weiß nicht, wie ich ihn erreichen kann, und selbst wenn ich es könnte, würde ich nicht die Chance aufs Spiel setzen, gerettet zu werden."
"Gerettet?" Wäre eine Stimme eine tödliche Waffe gewesen, hätte er das Mädchen mit seiner Stimme jetzt vielleicht dazu gebracht, sich ein Versteck zu suchen. "Ihr denkt, Ihr müsst gerettet werden?" Er machte bewusst eine lange Pause, doch eigentlich erwartete er keine Sekunde lang eine Antwort. "Ihr habt verdammtes Glück, dass Ihr eine Engländerin seid, die von ritterlichen Highlandern besiegt worden ist, und kein bedauernswürdiges schottisches Mädchen, das von englischen Rittern gefasst wurde. Wenn eine Schottin eine Armbrust gegen Eure Landsleute richten würde, würde sie mit Sicherheit, nachdem man sie vergewaltigt und geschlagen hat, gefoltert und gehängt werden. Haltet Ihr Euch wirklich für eine Frau, die gerettet werden muss?"
Auch wenn sie etwas weiter weg saß, spürte Rosalind den Zorn, der von Malcolm ausging. Trotzdem drehte sie sich um und sah ihn an, um zu sehen, wie groß seine Wut bereits war. Der Mann, den sie jetzt vor sich sah, hatte wenig Ähnlichkeit mit dem beherrschten Ritter, der ihre Burg besetzt hatte, oder dem lachenden Laird, der mit seinen Tagelöhnern scherzte, während er neben ihnen auf den Feldern arbeitete.
Vielleicht wäre es klüger von ihr gewesen, ihre Gedanken für sich zu behalten, doch Malcolm wusste nichts von den Erfahrungen, die sie mit den Schotten gemacht hatte. Selbst wenn die Gefangenschaft in der eigenen Burg im Augenblick eine milde Strafe zu sein schien, wer wusste denn, was geschehen würde, wenn Robert the Bruce auf Beaumont auftauchte? Mit einem einfachen Nicken seines königlichen Hauptes konnte er ihren Tod befehlen.
"Ja."
"Ihr sagt ja?" Malcolm stand auf, und sein Schatten fiel auf sie wie der Schatten eines Gebirges, das die Sonne verdunkelte. Das leise Zittern in der Stimme ließ seine ehrliche Empörung erahnen. Sie fragte sich, ob dieser Burgen erobernde schottische Held Niederlagen oder den Verlust von Freunden und Familie kannte.
"Wenn Ihr Euren Bruder dazu bringt, dass er sich gegen mich stellt, nur weil Ihr zu stur seid, um nachzugeben, dann glaubt mir, Rosalind, dann kennt Ihr nicht das Leid, das man empfindet, wenn man zusehen muss, wie Menschen, die man liebt, unter der Grausamkeit anderer leiden." Sein Blick, der zuvor noch so warm und einnehmend gewesen war, richtete sich jetzt anklagend auf sie.
Sein selbstgerechter Ton ließ sie alle Vorsicht vergessen.
"Und ob ich es kenne!" Sie sprang von ihrem Platz auf und stellte sich dicht vor ihn, ohne zu merken, wie ihr dabei sein Surkot von den Schultern und auf die kalte Bank rutschte. Wie eine plötzliche Welle stieg heiße Wut in ihr auf und
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