In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
sich, sondern um Jessica. Er hatte gewusst, worauf er sich einließ, als er Martin hierher begleiten wollte, aber er hatte damals noch keine Ahnung gehabt, wie sehr Jessica in die Sache hineingezogen werden würde.
»Wenn ich Sie beim Duell verletze«, sagte Jack leise, »lassen Sie Jessica dann gehen? Und sorgen Sie dafür, dass auch Ihre Freunde sie gehen lassen? Dass sie sicher heimkehren kann?«
Charles’ entschlossener Gesichtsausdruck blieb unbewegt. »Es wird ein Duell bis zum Ende. Bis einer stirbt oder nicht mehr kampffähig ist.«
»Das wird es nicht«, erwiderte Jack scharf. »Ich werde Sie auf keinen Fall töten, weil ich will, dass Sie mir schwören, Jessica mit mir heimfahren zu lassen.«
»Jessica …«
»Ihr Ehrenwort darauf«, fuhr Jack ihn an. »Ich habe keine Ahnung, ob das überhaupt etwas wert ist, aber Sie werden es mir hier und jetzt geben, sonst prügle ich es aus Ihnen heraus. Jessica soll heim zu ihrer Familie.«
»Mit Ihnen?« Charles’ Gesicht nahm einen Ausdruck von Sturheit an.
»Mit mir oder ohne mich«, erwiderte Jack kalt.
»Sie hätte es gut bei mir. Ich würde sie auf Händen tragen. Ich würde …« Charles unterbrach sich, weil Jack eine drohende Bewegung gemacht hatte. »Gut. Wenn ich verletzt werde und Sie unversehrt aus der Sache herausgehen, dann werde ich Ihnen und Jessica nicht im Wege stehen.«
»Einverstanden. Dann werden wir uns duellieren.« Jack wandte sich um und ging zu seinem Pferd. Er traf auf Martins ernsten Blick. Der grauhaarige Mann nickte ihm unmerklich zu. Er wusste, weshalb Jack sich Sorgen machte. Nachdem dieser aufgestiegen war, trat er zu ihm und sagte leise: »Ich bringe sie heim. In jedem Fall. Mach dir keine Sorgen um Jessie.«
»Danke.« Jack trieb sein Pferd an, und Smithy ritt ihm mit einem grimmigen Gesichtsausdruck nach.
Kapitel 14
C harles hatte gleich am nächsten Morgen einen der Offiziere der East India Company geschickt, der als sein Adjutant fungieren sollte. Es war jener ältere Offizier, den Jack bei dem Empfang von Jessicas Seite gejagt hatte, und der Mann überbrachte die Botschaft mit sichtlicher Genugtuung. Vermutlich hoffte er, dass Charles und Jack sich gegenseitig abknallten und er dann freie Bahn bei Jessie hatte.
Einen Tag später trafen sie sich im Morgengrauen auf einer Lichtung außerhalb der Stadt. Üblicherweise wurde der Maidan, ein großes, freies Gebiet, für die Austragung solcher Ehrenhändel verwendet, aber sowohl Charles als auch Jack hatten es vorgezogen, sich möglichst unauffällig zu duellieren.
Charles wirkte blass und nervös, obwohl er sich den Anschein gab, völlig ruhig zu sein. Smithy war gereizt und brummig, murmelte ununterbrochen vor sich hin, und Jacks Nerven waren angespannter, als er vor sich selbst zugeben wollte. Er hatte sich noch nie auf diese Art duelliert, und er empfand es nervenaufreibender als eine Seeschlacht.
Sie zogen die Anzugjacken aus. Jack griff ohne lange Überlegung zu, als man ihn die Waffe wählen ließ. Smithy hatte sich davon überzeugt, dass beide Pistolen funktionstüchtig und geladen waren.
»Zehn Schritte. Bei meinem Zeichen werden Sie die Pistolen erheben, zielen und schießen.«
Jack und Charles stellten sich mit den Rücken zueinander auf, und dann zählte der Adjutant die Schritte. Jack musste sich beherrschen, nicht allzu große zu machen, sondern ganz kühl und gelassen zu schreiten. Verflucht noch mal, er war wirklich nervös. Seine Hand, in der er die Waffe hielt, war nicht so ruhig, wie er es sonst gewohnt war. Er verstand sich selbst nicht mehr. Wie viele Kämpfe hatte er schon durchgestanden? Wie oft war der Tod in Form eines Holzsplitters, einer Musketen- oder Kanonenkugel, eines Säbels oder Messers nicht schon an ihm vorbeigegangen, ohne dass er dieses ungute Gefühl im Magen verspürt hatte? Unzählige Male. Und nicht einmal hatte er daran gedacht, dass er sterben könnte. Dazu war auch nie die Zeit gewesen. Zuerst die Verfolgung eines anderen Schiffes, die Gefechtsbereitschaft, endlich der Kanonendonner, der Angriff, dann der Nahkampf. Blut war geflossen, Schiffskameraden, Freunde und Feinde waren getötet und dabei oft bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden. Mehrere Angreifer waren gleichzeitig auf Jack losgegangen, wenn er als Erster das fremde Schiff geentert hatte. Piraten hatten ihn bedroht, in ihre Gewalt gebracht. Und immer war jede Furcht in einem Gefühl aus Kampflust und dem heißen Trieb zu überleben, zu siegen,
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