In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
das Buch unauffällig mit dem Fuß unter den Lehnsessel zu schieben. Misstrauisch hob er es auf und schnappte nach Luft, als ihm klarwurde, worin Jessica soeben geblättert hatte. Zuerst war er sprachlos, aber dann stieg Empörung, gemischt mit heißer Erregung in ihm auf. »Wo, zum Teufel, hast du denn das her??«
Jessica räusperte sich. Ihre Wangen waren immer noch unnatürlich tief gerötet, aber sie bemühte sich um Fassung. »Von deinem Bücherregal. Es stand in der dritten Reihe, das zweite Buch von links.« Jacks Kopf zuckte herum. Er hatte nur wenige Bücher in dem Regal stehen – meist ungelesene, Geschenke von Vanessa und von Jessie –, und sie pickte sich natürlich mit schlafwandlerischer Sicherheit genau dieses Buch heraus! Es war ein Glück, dass sie es wenigstens nicht lesen konnte, auch wenn die sehr detailliert ausgeführten Bilder mehr als für sich sprachen.
Sie hob in gespielter Gleichmut die Augenbrauen. »Weshalb regst du dich denn so auf?«
»Weshalb ich mich so aufrege?« Jack hob das Buch anklagend hoch. »Das ist doch nichts für dich!«
»Wer sagt das?«
»Ich! Und wenn du deine Mutter fragst, wird sie dir noch mehr dazu sagen! Und noch viel deutlicher!« Jack wandte sich rasch um, um die verräterische Hitze zu verbergen, die ihm ins Gesicht gestiegen war. Er warf das Buch auf einen Tisch, als hätte er sich daran verbrannt. Und tatsächlich fühlte er sich auch, als hätte er glühende Kohlen angefasst und sich daran versengt. Er atmete dreimal tief durch, ehe er sich wieder zu Jessica umdrehte und sich in seiner Verzweiflung in die Rolle des großen Bruders flüchtete.
»Unglaublich! Warum machst du nicht Vanessas Bibliothek unsicher? Da findet sich bestimmt mehr an sogenannter erbaulicher Literatur als bei mir!«
»Aber keine Bücher mit unanständigen Illustrationen. Ich war ziemlich erstaunt. Ich kann mich nicht erinnern, so etwas früher bei dir gefunden zu haben.« Jessica erhob sich und griff – sichtlich ohne jede Scham – wieder nach dem Buch. »Leihst du es mir?«
»Bist du verrückt geworden?!« Jack stürzte sich auf den Stein des Anstoßes und knallte ihn außerhalb ihrer Reichweite auf die Kommode. Das war zu viel. Unerträglich. Allein die Vorstellung, Jessica könnte in diesem Buch geblättert und all diese obszönen Bilder betrachtet haben, brachte ihn beinahe um die Beherrschung. Ehe er jeden Gedanken daran auch noch wegschieben konnte, blitzten vor seinem geistigen Auge auch schon die erregendsten Darstellungen auf. Und in jeder davon spielte Jessie die Hauptrolle. Das Blut pulsierte durch seinen Körper, und sein bester Freund wurde ähnlich spürbar wie bei dem Ball am Vortag, als Jessica ihn so zärtlich berührt und sich an ihn gelehnt hatte.
Jessica legte den Kopf schief. »Scheinheiliger Puritaner.«
Jacks Augen verengten sich. Ob sie auch noch so versteckt grinsen würde, wenn sie wüsste, wie knapp sie davor stand, einige dieser Szenen mit ihm nachzustellen? »Sei nicht so keck. Es ist unfassbar«, knurrte er sie an, »was aus den jungen Mädchen heutzutage geworden ist.«
Jessica winkte schmunzelnd ab. »Ja, ich weiß schon, als du noch jung warst, wäre es keinem Mädchen eingefallen, derartige Bücher in die Hand zu nehmen. Da war alles ja noch ganz anders. Du hörst dich an wie unser Nachbar, der alte Higgins.«
Nachbar Higgins war knapp siebzig Jahre alt. Jacks Röte vertiefte sich. »So alt bin ich auch noch nicht.« Zehn Jahre waren doch kein zu großer Altersunterschied. Oder doch? Würde es ihr etwas ausmachen? Er hatte an viele Gründe gedacht, aus denen Jessica seine Werbung ablehnen könnte, aber dass es eine Rolle spielen könnte, dass sie zweiundzwanzig war und er zweiunddreißig, hatte er nie bedacht. Der Wechsel von der Rolle des großen Bruders zu der eines zukünftigen Verehrers und Liebhabers war offenbar mit noch mehr Hürden verbunden, als er bisher gedacht hatte.
Jessica gab keine Antwort. Sie zuckte nur mit den Schultern und setzte sich wieder. Jack wusste nicht, ob er glücklich darüber sein sollte, dass sie noch blieb, oder gepeinigt, weil ihm seine freundschaftliche Rolle langsam mehr zusetzte, als er ertragen konnte.
»Du solltest überhaupt nicht hier sein. Was werden die Leute sagen?«
»Die Leute sind mir schon lange egal.«
»Das sollten sie aber nicht«, erwiderte er streng.
Jessica zuckte nur mit den Schultern. Jack starrte sie an, unschlüssig, ob er sie nicht doch hochzerren und heimbringen sollte,
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