In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
nachtrauern natürlich.«
Jack zuckte zusammen, aber dann sah er Jessicas spöttische Augen.
Sie grinste. »Da gibt es allerdings noch andere Möglichkeiten. Ich werde wahrscheinlich heiraten.«
Wenn sie ihm ihr Whiskyglas über den Schädel geschlagen hätte, wäre Jack nicht perplexer gewesen. Vor Schreck setzte sein Denkvermögen aus, und die Stille lastete mehr als eine Minute über dem Raum.
»Ach ja?« Jack fiel auf, dass er sie mit offenem Mund anstarrte. Er stellte sein Glas weg, bevor es wirklich zerbrach, und setzte sich gerader hin. Dass sie es ihm so unverblümt sagte, machte ihn wütend. Ein wenig Rücksicht auf seine Gefühle hätte nicht geschadet. Er rettete sich in die einzige Antwort, die ihm in diesem Moment einfiel. »Du bist noch viel zu jung zum Heiraten.«
Jessica lachte belustigt auf. »Alle meine Freundinnen sind längst unter der Haube. Ich bin auf dem besten Wege, eine alte Jungfer zu werden. Ich bin zweiundzwanzig, nächsten Monat werde ich dreiundzwanzig, falls du das vergessen haben solltest.«
Hatte er nicht. Er hatte sogar schon Pläne gehabt, wie er sie an ihrem Geburtstag überraschen konnte. Das wäre der erste nach fünf oder gar sechs Jahren, den er mit ihr gefeiert hätte. Aber in einem Monat war er schon lange unterwegs und weit im Süden.
»Und«, er merkte, dass seine Stimme gepresst klang, »gibt es schon einen besonderen Anwärter?«
»Es gibt tatsächlich einen sehr ernsthaften. Er hat mir einen Antrag gemacht, und ich werde wohl zusagen.«
»Kenne ich ihn?« Jacks Kehle wurde immer enger. Er brauchte seine ganze Beherrschung, um einigermaßen normal zu wirken. Er starrte auf seine Hände und hielt sich selbst damit ab, Jessica mit den Augen zu verschlingen. Jenen reizvollen, biegsamen Körper, den ein anderer haben sollte. Eine heftige, kaum bezähmbare Eifersucht stieg in ihm hoch. In seinem Kopf ließ er in rasender Eile alle jene Männer Revue passieren, die er seit seiner Ankunft in Jessicas Nähe gesehen und nach Möglichkeit daraus vertrieben hatte. Keiner hatte den Eindruck gemacht, als winkte er schon mit einem Ehering. Wer war ihm entgangen?
»Du kennst ihn nicht.« Jessica klang gleichmütig.
»Ach«, Jack sah auf, »und wer ist der Kerl?«
»Jedenfalls ist er kein Kerl «, erwiderte sie, mindestens ebenso blass geworden wie Jack.
»Aber ein völlig Unbekannter.«
Sie nippte an ihrem Glas. »Nicht für mich.«
So kam er nicht weiter. Ihr jetzt eine Eifersuchtsszene zu machen, war nicht angebracht. Zum Glück war er noch nicht betrunken, auch wenn er in dieser Nacht noch darauf hinarbeiten wollte. Er rutschte auf dem Stuhl vor, um sich zu Jessica zu beugen und nach ihrer Hand zu greifen. Sie war eiskalt, und er rieb sie sacht zwischen seinen Fingern. »Warum, Jess? Warum etwas überstürzen?«
Er bemerkte, dass ihre Hand leicht in seiner bebte. Er betrachtete sie, als würde er sie zum ersten Mal sehen. Schlanke, elegante Finger mit ovalen Nägeln, feine, durch die Haut schimmernde Adern. Jack kannte diese Hände seit vielen Jahren, und er kannte sie gut. Aber nun war nichts Kindliches mehr an ihnen. Sie hatten die weichen Konturen verloren, Jessicas ganz eigener Charakter hatte sich ihnen eingeprägt. Und man sah, dass sie sie auch gebrauchte – die Nägel waren kurz geschnitten, einer war abgebrochen, und auf den Handinnenflächen fand er kleine Schwielen, die von der Hausarbeit stammten, sowie eine verheilende Schnittwunde am Zeigefinger. Er hauchte einen Kuss darauf.
Durch Jessicas Körper ging ein merkliches Zittern. Sie hatte den Blick gesenkt. »Überstürzen? Andere in meinem Alter sind schon seit Jahren verheiratet.«
»Und was sagt dein Vater dazu?« Jacks Atem ging schwerer. Die Wand aus brüderlicher Besorgnis geriet mehr und mehr ins Wanken. Einige Mauerteilchen begannen schon ernsthaft zu bröckeln. Wer, zum Teufel, war dieser Mensch, der es wagte, ihm Jessica wegzunehmen?
»Er ist natürlich einverstanden. Charles ist Kaufmann.«
Jack starrte sie an. »Sag nur, es ist dieser Charles …«, er dachte fieberhaft nach. Wie hatte der gleich noch geheißen? »Charles Dingsda …«
»Daugherty.«
»Der Freund von Harding«, sagte Jack aufgebracht. »Das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich glaube, ich muss mit deinem Vater sprechen.«
»Harding hat doch nur die Briefe überbracht. Weshalb fängst du schon wieder damit an? Du kannst deine Abneigung doch nicht allen Ernstes auf Charles übertragen! Er ist ein sehr ehrenwerter und
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