In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
Unarten angenommen, die du früher nicht hattest.«
»Unarten?!«
»Du widersprichst. Du läufst weg. Du schlägst mit Büchern nach mir. Du willst irgendwelche Kerle heiraten.«
»Und was willst du dagegen tun? Mich verprügeln?« Jessica versuchte, ihre Stimme spöttisch klingen zu lassen, aber etwas nahm ihr den Atem. War es seine Nähe? Seine dunkle, fast flüsternde Stimme? Die Wärme, die sein Körper ausströmte? Vermutlich alles zusammen.
»Keine schlechte Idee.« Jacks Stimme war noch leiser und zugleich heiserer geworden, etwas Gefährliches schwang darin mit, das Jessica kleine, aber nicht unangenehme Schauer über die Haut jagte. »Das hatte ich dir früher öfter versprochen, wenn du in den Wanten herumgeklettert bist. Vielleicht wäre es an der Zeit, es doch einmal wahrzumachen. Es sei denn«, er trat einen kleinen Schritt näher, so dass sie, wenn sie tief durchatmete, seine Brust fühlen konnte, »mir fällt etwas deinem Alter Angemesseneres ein.«
Jessicas Haut begann an der Stelle, an der sein Atem darüberstrich, leise zu prickeln. Sie lehnte den Kopf an die Stallwand und sah zu Jack auf.
Er kam immer näher. Sein Körper berührte ihren und drückte sie gegen die Wand hinter ihr, bis sie jeden seiner Atemzüge spürte. Er atmete hastig, und obwohl sein Gesicht immer noch im Schatten lag, wusste sie, dass sein Blick auf ihren Mund geheftet war. Dann senkte er den Kopf.
Es war der erste Kuss, den Jessica jemals bekommen hatte. Jenes sanfte Küsschen, das Charles ihr gegeben hatte, konnte man nicht dazu zählen. Aber Jacks Kuss war echt. Seine Lippen pressten sich hart und ungestüm auf ihre, als wolle er sie tatsächlich strafen. Zuerst wollte sie erschrocken ausweichen, aber dann gab sie dem Druck nach, bis ihre Lippen sich leicht öffneten. Seine Körper drängte sie so heftig an die Wand, dass ihr der Atem stockte und sich die beiden Pistolengriffe in ihre Rippen drückten.
Als er sie losließ, glühte ihr ganzer Körper. Sie fühlte sich schwach, schwindlig und zugleich so lebendig, als hätte sie nie zuvor so intensiv gelebt. Sie starrte auf Jacks Halsschleife.
»Tust du das mit allen Mädchen, die dir widersprechen?«, fragte sie, als sie ihre Stimme wiederfand. Sie klang erstaunlich klar, obwohl sie den Tränen nahe war. Warum nur hatte er das getan? Was für ein verfluchtes Spiel trieb er mit ihr?
Jack schwieg. Er rührte sich nicht, machte keinen Versuch, sie abermals zu küssen, auch wenn sein Körper sie immer noch zwischen der Wand und sich gefangen hielt. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er sich aufrichtete, seine Hände zurückzog und einen Schritt zurücktrat. Sie war frei und hätte einfach weggehen können. Aber sie tat es nicht. Worauf wartete sie? Dass er sie noch ein weiteres Mal küsste? Noch einmal dieses Feuer entfachte, das sie innerlich brennen ließ?
»Jessica, ich … ich wollte das nicht.«
Er klang so müde und gequält, dass sie den Kopf hob und ihn ansah. Der Mond war weitergewandert, und ein sanfter Schimmer lag auf Jacks Gesicht.
»Was wolltest du nicht? Mich nicht küssen? Oder mich nicht mit einem Kuss bestrafen?«
»Beides.« Er atmete schwer, wollte noch etwas sagen, aber sie hob die Hand und schnitt ihm das Wort ab.
»Dann ist ja wohl alles zwischen uns geklärt. Wahrscheinlich ist es ganz gut, wenn du morgen abfährst.« Sie sah, dass sie ihm mit diesen Worten weh tat, aber sie selbst schmerzten sie noch viel mehr. Sie glitt zwischen ihm und der Hausmauer vorbei, stolperte über das Buch, bückte sich danach und ging davon.
Sie stapfte wütend dahin, Jack immer zwei oder drei Schritte hinter ihr her. Natürlich folgte er ihr, wenn auch mit Abstand. Jack würde sie niemals ohne Schutz nachts durch die Stadt laufen lassen. Was auch immer soeben passiert war – er würde ihr niemals wirklich weh tun wollen. Herrgott noch mal, es war nicht irgendein Mann, sondern Jack, der sie besorgt verfolgt und sie dann – aus welchem seltsamen Grund auch immer – geküsst hatte. Jack, der seit ihrer Kindheit ein wachsames Auge auf sie hatte. Was dieser Kuss in ihr ausgelöst hatte, damit musste sie allein fertig werden. Sie war selbst schuld. Sie war in seine Wohnung gegangen, hatte mit ihm gestritten. Vielleicht war es der Schlag auf die Nase gewesen, der ihn von Bruder Jack zu einem küssenden Fremden gemacht hatte.
Sie war bei ihrer Flucht und ihrem verstörten Herumlaufen fast ans andere Ende von Boston gekommen. Erst jetzt erreichten sie
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